rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für die Übertragung von Veräußerungsgewinnen nach § 17 EStG gemäß der Verweisung des § 6b Abs. 10 EStG
Leitsatz (amtlich)
1. Bei nachträglichen vertraglichen Änderungen des Veräußerungspreises kommt es für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG entscheidend darauf an, ob über den Veräußerungspreis im Zeitpunkt der Betriebsübertragung keine abschließende Einigung erzielt wurde - dann erhöht ein später festgesetzter Mehrbetrag rückwirkend, d.h. für das Jahr der Veräußerung, den Veräußerungsgewinn - oder ob ein zunächst feststehender Veräußerungspreis nachträglich geändert wird - dann ist ein Mehrbetrag erst in dem Veranlagungszeitraum zu erfassen, in dem die Erhöhung vereinbart wurde -.
2. Es mag unter dem Gesichtspunkt einer Ausrichtung der Besteuerung an der Leistungsfähigkeit zwar wünschenswert sein, Veräußerungen von im Betriebsvermögen und im Privatvermögen gehaltenen Beteiligungen gleich zu behandeln, verfassungsrechtlich geboten ist dies jedoch nicht, da dies vom Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers umfasst ist.
Normenkette
EStG § 6b Abs. 4, 10 S. 4, § 17
Tatbestand
Streitig ist, ob bei einem Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG eine Rücklage nach § 6b EStG eingestellt werden kann, sowie ob Bewirtungsaufwendungen als Veräußerungskosten zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind Ehegatten und werden gemäß §§ 26, 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr erzielte die Klägerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Der Kläger erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus einem Weinkontor und Beteiligungen, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und Einkünfte aus Kapitalvermögen. Unter anderen bestanden die Einkünfte aus Kapitalvermögen aus Kapitalerträgen an der X GmbH und der Y GmbH.
Der Kläger war seit dem 11.08.1994 mit einem Kapitalanteil von 25 % und einen Nennkapital von 1.000.000 DM an der X GmbH beteiligt.
Mit Wirkung zum 31.12.2014 schied er durch Kündigung aus dieser aus und erhielt eine Abfindung, über deren Höhe zunächst keine Einigung erzielt wurde.
Im Nachgang zur Einreichung der Einkommensteuererklärung für 2014 erklärte die Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 07.04.2016 für den Kläger einen Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an der X GmbH in vorläufiger Höhe von 10.186.643,86 €.
Sie erläuterte die Berechnung dieses Gewinns ausgehend von einem Veräußerungserlös i.H.v. 18.642.000 €, Veräußerungskosten i.H.v. 652.969 € und unter Anwendung der Bestimmungen des Teileinkünfteverfahrens nach § 3 Nr. 40 EStG. Weiter machte sie die Einstellung einer Rücklage i.H.v. 500.000 € gemäß § 6b Abs. 10 EStG geltend, da der Kläger im Jahr 2016 bei der Y GmbH eine Kapitalerhöhung in dieser Höhe durchführen wolle. Schließlich wies sie darauf hin, dass über die Höhe des Veräußerungserlöses noch keine Einigung erzielt sei.
Das Finanzamt veranlagte die Kläger mit Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 06.09.2016 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Es setzte hierbei einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 10.360.801 € an. Die für den Kläger beantragte Rücklage nach § 6b EStG wurde nicht gewährt, da die gesetzlichen Voraussetzungen als nicht erfüllt angesehen wurden.
In den Erläuterungen zur Festsetzung ist ausgeführt:
"Die Einkünfte gem. § 17 EStG stehen aufgrund des Rechtsstreits noch nicht fest (vgl. Vorbehalt der Nachprüfung). Ich bitte um Mitteilung, sobald die endgültigen Einkünfte vorliegen. Von mehreren Einzelanträgen bitte ich abzusehen."
Die Prozessbevollmächtigte erhob für die Kläger Einspruch.
Der nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 17.10.2016 blieb ohne Änderung im Streitpunkt.
Nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung, die am 25.04.2017 mit einer vergleichsweisen Einigung vor dem Landgericht Stadt 2 endete, erhielt der Kläger für seine Kapitalbeteiligung eine Abfindung in Höhe von insgesamt 22.642.000 €.
Mit nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheiden vom 17.10.2017 und vom 29.01.2018 und nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändertem Bescheid vom 19.09.2018 legte das Finanzamt den Veräußerungsgewinn jeweils mit 12.488.838 € zugrunde. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.
Mit Schreiben vom 18.07.2018 machte die Prozessbevollmächtigte Bewirtungsaufwendungen i.H.v. 1.200 € als weitere Veräußerungskosten geltend. Zur Erläuterung führte sie aus, dass nach dem erfolgreichen Abschluss des Gerichtsverfahrens der Kläger seinen Rechtsanwalt C und seinen Berater D mit Ehefrauen zum Essen eingeladen habe, wobei er selbst aufgrund einer Erkrankung nicht habe teilnehmen können. Dem Schreiben vom 18.07.2018 war die Kopie eines Bewirtungsbelegs eines japanischen Restaurants in Stadt 1 vom 31.08.2017 beigefügt. Handschriftlich sind die bewirteten Personen und der Anlass angegeben.
Die Einsprüche der Kläger wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 09.11.2020 als unbegründet zurück.
Die Prozessbevollmächtigte hat für die Kläger Klage erhoben.
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