Revision eingelegt (BFH II R 28/23)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einräumung eines Ankaufsrechts an einem Erbbaurechtsgrundstück als freigiebige Zuwendung Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung der Zuwendung Beginn der Festsetzungsverjährung
Leitsatz (redaktionell)
1. Gegenstand der Schenkung ist das Ankaufsrecht als solches und nicht der erst durch dessen Ausübung entstehende Übertragungsanspruch. Liegt der Preis unter dem Verkehrswert der Kaufsache oder entfällt er ganz, so ist der Beschenkte bereits durch den Erwerb des Ankaufsrechts i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG bereichert, weil ihm dadurch eine Rechtsposition zufällt, die einen wirtschaftlichen Vorteil verkörpert. Die Steuer entsteht allerdings erst mit der Geltendmachung des Ankaufsrechts weil der mit dem Erwerb des Rechts verbundene Vorteil sich erst dadurch realisiert (entsprechend BFH II R 76/99 vom 6. 6. 2001).
2. Mangels notarieller Beurkundung beginnt die Festsetzungsverjährung mit der Anzeige der Ausübung des Ankaufsrechts. Diese ist in der Einreichung des notariellen Kaufvertrages zu sehen.
Normenkette
ErbStG §§ 7, 9 Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 3; AO § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig sind die Unentgeltlichkeit der Einräumung des Ankaufsrechts an einem Erbbaurechtsgrundstück, der Zeitpunkt der Entstehung der Schenkungsteuer bei der Geltendmachung bzw. der Ausübung eines Ankaufsrechtes und die Einhaltung der Festsetzungsfrist.
Mit Erbbaurechtsvertrag vom 12.02.1985 bestellten Frau A und ihre Schwester Frau B zugunsten des Vaters des Klägers, Herrn C, ein Erbbaurecht am Grundstück Adresse 1 in Stadt 1 für die Dauer von 99 Jahren. Der Erbbauzins betrug 26.000 DM jährlich (III. Nr. 1 der Urkunde) und war den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen anzupassen (III. Nr. 4 der Urkunde). Dem Erbbauberechtigten wurde für alle Verkaufsfälle das Vorkaufsrecht eingeräumt (IV Nr. 1 der Urkunde). Nach § 6 der Urkunde wurde nachfolgende "Ankaufsvereinbarung" getroffen:
"Der Erbbauberechtigte kann von dem Grundstückseigentümer verlangen, dass dieser ihm das Erbbaugrundstück verkauft und übereignet, wenn die derzeitigen Eigentümerinnen, Frau B und Frau A, sowie der Ehemann von Frau A, Herr D, verstorben sind. Dieser Anspruch kann vom Erbbauberechtigten vom vorgenannten Zeitpunkt bis zum Ablauf des Erbbaurechts ausgeübt werden. Der Grundstückseigentümer ist in diesem Fall verpflichtet, das Erbbaugrundstück zu einem Kaufpreis in Höhe der Hälfte des derzeitigen Bodenwerts, der auf 90 - neunzig - Deutsche Mark pro Quadratmeter festgelegt wird, zu verkaufen und zu übereignen. Auf diesen seinerzeitigen Ankaufspreis von 45 - fünfundvierzig - Deutsche Mark pro Quadratmeter werden alle Erbbauzinszahlungen angerechnet, die der Erbbauberechtigte nach Ablauf von 20 Jahren, vom Beginn des Erbbaurechtes an, noch an den Eigentümer entrichtet."
Unter "VI. Rechtsnachfolger" wurde Folgendes vereinbart:
"Sämtliche Rechte und Pflichten aus den in dieser Urkunde niedergelegten vertraglichen Vereinbarungen gehen - auch soweit sie schuldrechtlicher Art sind - auf die jeweiligen Rechtsnachfolger der Vertragsparteien über. Rechtsgeschäftlichen Rechtsnachfolgern sind alle Pflichten aus diesem Vertrag aufzuerlegen und sie haben in alle Rechte einzutreten."
Mit Nachtragsurkunde Nr. xxx/xxxx vom 28.03.1995 wurde der Erbbaurechtsvertrag vom 12.02.1985 geändert. Die Erbbauberechtigten waren nunmehr aufgrund Auflassung vom 13.08.1992 Herr C, Frau E und der Kläger als Gesellschafter des Bürgerlichen Rechts. Der Erbbaurechtsvertrag wurde erweitert um die Restfläche des Grundstücks mit der Flurnummer 1 von ca. 262 m² und der darauf stehenden Lagerhalle. Des Weiteren wurde der Erbbauzins auf jährlich 31.288,89 DM erhöht.
Mit einer zweiten Nachtragsurkunde Nr. xxx/xxxx vom 31.10.1997 wurde der Erbbauzins auf jährlich 35.087,27 DM erhöht. Über die Ausdehnung des Erbbaurechts aufgrund des Notarvertrages vom 28.03.1995 und seine Entstehung an der Zumessungsfläche von 360 m² wie auch über die Ausdehnung des Vorkaufsrechtes des Erbbauberechtigten am Erbbaugrundstück waren sich die Vertragsteile einig.
Mit dritter Nachtragsurkunde Nr. xxx/xxxx vom 15.08.2005 wurde von den Vertragsbeteiligten, Frau A, Frau B und der Kläger der Erbbauzins auf 20.007,36 € erhöht. Zwischenzeitlich war der Kläger Alleineigentümer des Erbbaurechts geworden.
Am xx.11.2014 verstarb Frau A. Nach dem Frau B und der Ehemann von Frau A, Herr D, bereits vorverstorben waren, übte der Kläger als Erbbauberechtigter das Ankaufsrecht gegenüber dem Erben, Herrn F, mit schriftlicher Erklärung vom 17.11.2014 aus.
Mit Urkunde Nr. xxx/xxxx vom 07.05.2015 erwarb der Kläger das Erbbaurechtsgrundstück Adresse 1, in Stadt 1, bebaut mit Büro- und Lagergebäuden, mit einer Größe von 3.307 m² von Herrn F.
In der Schenkungsteuererklärung vom 20.12.2019 wurde der Wert des Ankaufsrechtes mit 0 € erklärt.
Mit Bescheid vom 13.07.2020 stellte das Lagefinanzamt Stadt 1 den Grundbesitzwert auf den 17.11.2014 mit einem Gesamtwert des Erbbaurechtsgrundstü...