Revision eingelegt (BFH IX R 5/24)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuerpflicht der entgeltlichen Ablösung eines Vorbehaltsnießbrauchs an GmbH-Anteilen
Leitsatz (amtlich)
Die Zahlung für die Ablösung eines im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich bestellten Vorbehaltsnießbrauchs am Gewinnbezugsrecht aus GmbH-Geschäftsanteilen ist weder eine nicht steuerbare Vermögensumschichtung noch stellt sie nachträgliche Einkünfte gemäß § 24 Nr. 2 i.V.m § 17 EStG dar.
Die Ablösezahlung für ein solches Nießbrauchsrecht ist als Entschädigung für entgangene Einnahmen zu qualifizieren und vom Nießbrauchsberechtigten gemäß §§ 24 Nr. 1a i.V.m. 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu versteuern.
Normenkette
EStG §§ 17, 20 Abs. 1 Nr. 1, § 24 Nrn. 1a, 2
Tatbestand
Streitig ist die steuerliche Behandlung einer entgeltlichen Ablöse des zunächst unentgeltlich bestellten Vorbehaltsnießbrauchs an GmbH - Geschäftsanteilen im Streitjahr 2018.
Die Klägerin war zunächst mit 20 % am Stammkapital der Z GmbH (Stammkapital insgesamt 250.000,00 Euro, Geschäftsanteile Nr. 4, Nr. 5, Nr. 7 und Nr. 9) beteiligt. Gemäß notarieller Urkunde vom yy.yy.2012 hat die Klägerin ihre sämtlichen Anteile an der Z GmbH im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf ihren Sohn S unentgeltlich übertragen und sich den Nießbrauch, insbesondere das Gewinnbezugsrecht vorbehalten. Zudem hat sich die Klägerin die unwiderrufliche Stimmrechtsvollmacht in Gesellschafterversammlungen und, im Falle des Vorversterbens ihres Sohnes, ein Rückübertragungsrecht einräumen lassen. Wegen der Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag verwiesen.
Mit notariellem Vertrag vom xx.xx.2018 veräußerte u.a. der Sohn der Klägerin, S, die o.g. Geschäftsanteile an Mitgesellschaftern lastenfrei zu einem Kaufpreis von 2.400.000 € (§ 1 Abs. 1 des Vertrages).
Des Weiteren wurde vereinbart, dass die Klägerin und ihr Sohn S das jeweilige Nießbrauchsrecht an den veräußerten Geschäftsanteilen aufheben. Die Aufhebung erfolgte entgeltlich gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 1.931.520 € (§ 1 Abs. 6 des Vertrages).
In der Einkommensteuererklärung 2018 erklärte die Klägerin, dass es sich bei der Ablösezahlung um eine nicht steuerbare Vermögensumschichtung i.S.d. BMF-Schreibens vom 30.09.2013 (BStBl 2013 I, S. 1189 ff) handele, die nicht zu steuerpflichtigen Einkünften führen würde.
Das beklagte Finanzamt folgte bei der Einkommensteuerveranlagung 2018 im Wesentlichen den Angaben in der Einkommensteuererklärung, berücksichtigte die Ablöse für das Nießbrauchsrecht jedoch abweichend als Einkünfte i.S.d. § 17 Einkommensteuergesetz (EStG). Der Gewinn wurde in Höhe von 1.158.912 € (Ablösebetrag 1.931.520 €, davon 40% = 772.608 € steuerfrei gemäß § 3 Nr. 40 EStG) errechnet und mit Bescheid vom 28.10.2020 angesetzt.
Hiergegen wurde mit Schriftsatz der steuerlichen Vertreterin vom 18.11.2020 fristgerecht Einspruch eingelegt, mit welchem die Berücksichtigung der Ablösezahlung als Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 24 Nr. 1 i.V.m. § 20 Abs. 1.Nr. 1 i.V.m. § 32d Abs. 1 EStG begehrt wurde.
Bei der Ablösezahlung handele es sich im Wesentlichen um abgezinste zukünftige Gewinnausschüttungen.
Es sei nicht von Einkünften i.S.d. § 17 EStG auszugehen, da die Klägerin im Zeitpunkt des Anteilsverkaufs weder rechtliche noch wirtschaftliche Eigentümerin der Anteile gewesen sei. Im Rahmen des Nießbrauchs habe sich die Klägerin lediglich das Gewinnbezugsrecht und das Stimmrecht in Gesellschafterversammlungen vorbehalten. Diese Stellung reiche jedoch nicht aus, um über die Anteile selbst zu verfügen oder diese veräußern zu können. Das vereinbarte Rückübertragungsrecht beträfe allein den Fall des Vorversterbens des Beschenkten. Darüber hinaus sei der Nießbrauch laut des zuständigen Registergerichts zeitlich vor der Veräußerung beendet worden, bereits deshalb sei die Berücksichtigung nach § 17 EStG ausgeschlossen.
Zudem sei das wirtschaftliche Eigentum beim Beschenkten verblieben. Da es für das Vorliegen des wirtschaftlichen Eigentums nur vordergründig auf das rechtlich Vereinbarte ankomme, aber das tatsächlich Durchgeführte und das wirtschaftlich Gewollte ausschlaggebend sei, liege das wirtschaftliche Eigentum beim Beschenkten.
Nach der Rechtsprechung stelle die Übertragung einer Beteiligung unter Vorbehaltsnießbrauch eine unentgeltliche Übertragung dar. Da keine Veräußerung im Jahr der Übertragung vorgelegen habe, sei nunmehr auch nicht die Berücksichtigung nachträglicher Einkünfte möglich. Der BFH habe in seinem Urteil vom 18.11.2014 die Behandlung der Ablöse beim Begünstigten ausdrücklich offengelassen.
Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos. Mit Einspruchsentscheidung vom 21.07.2021 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Erziele ein Steuerpflichtiger erst zu einem späteren Zeitpunkt Einnahmen aus einer Beteiligung im Sinne des § 17 EStG, so lägen nachträgliche Einkünfte i.S.d. § 24 Nr. 2 EStG vor.
Die Ablösung des Nießbrauchs durch eine Zahlung des Beschenkten an die Klägerin führe beim Sohn zu nachträglichen Ansc...