Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für den Besuch eines Thermalbades als außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Aufwendungen für Maßnahmen, die nicht ihrer Art nach eindeutig der Linderung oder Heilung einer Krankheit dienen oder für die Ausübung von Sport gehören grundsätzlich zu den nichtabziehbaren Kosten der Lebensführung i. S. d. § 12 Nr. 1 EStG und sind daher mit dem Grundfreibetrag abgegolten.
2. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt nur dann in Betracht, wenn der Sport nach genauer Einzelverordnung und unter Verantwortung eines Arztes, Heilpraktikers oder einer sonst zur Ausübung der Heilkunde zugelassenen Person betrieben wird.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob die Aufwendungen für den Besuch eines Bades als Aufwendungen für außergewöhnliche Belastung steuerlich zu berücksichtigen sind.
Der Kläger wohnt in A (Landkreis B). Bei ihm liegt lt. Schwerbehindertenausweis des Versorgungsamtes B vom 30.07.2002 ein Grad der Behinderung von 80 v.H. vor. Der Schwerbehindertenausweis wurde als unbefristet ausgestellt.
Mit Einreichung der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragte der Kläger die Berücksichtigung von Aufwendungen für außergewöhnliche Belastung in Höhe von 5.051 €. Diese Aufwendungen setzen sich aus Kosten für den Besuch des Bades in C in Höhe von 4.106 € (225 Tage x 28,5 km x 2 x 0,30 Cent; Eintritt 259 €) sowie Fahrten zu Ärzten und Physiotherapeuten in Höhe von 944 € zusammen. Mit der Einkommensteuererklärung legte der Kläger verschiedene ärztliche Bescheinigungen vor. Im Attest des Facharztes für Orthopädie Dr. med. M vom 27.09.2010 werden dem Kläger erhebliche Funktionsstörungen des Bewegungsapparates auf Dauer attestiert. Eine Physiotherapie, eine spezielle Gymnastik im Bewegungsbad, Schwimmtraining und Aquajogging sei nach dem Attest eine wesentliche therapeutische Maßnahme, um die Beschwerden erträglich zu halten und die Beweglichkeit so zu verbessern, sodass die Alltagsaufgaben bewältigt werden können. Deshalb seien die Fahrten und Besuche des Schwimmbades in C medizinisch indiziert. Nach der Amtsärztlichen Bestätigung des Dr. med. P vom Gesundheitsamt B vom 30.11.2011 zur Vorlage beim Finanzamt B ist Dr. med. M beim Landratsamt B - Gesundheitsamt - bekannt und gegen die Glaubwürdigkeit des Attestes bestehen keine amtsärztlichen Bedenken.
Mit Einreichung der Einkommensteuererklärung wies der Kläger darauf hin, dass der regelmäßige Besuch des Thermalbades in C für ihn unbedingt notwendig sei und der gesundheitliche Zustand dadurch wesentlich positiv beeinflusst werde. Die Besuche seien ausschließlich zur Stärkung der Rückenmuskulatur (Schwimmen), zur Bewegung wegen Diabetes (Senkung der negativen Cholesterinwerte) und der Schonung des Bewegungsapparates durch das Laufen im Wasser (Aquajogging) sowie den Übungen im Wasser genutzt.
Mit Einkommensteuerbescheid des Finanzamts B vom 13.10.2011 und vom 23.01.2012 wurden als Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen lediglich ein Betrag von 1.845 € angesetzt. Dieser Betrag setzt sich aus den Fahrten zu Ärzten und Physiotherapeuten in Höhe von 945 € und 900 € (3000 km á 0,30 €) für behinderungsbedingte Fahrten zusammen. In den Erläuterungen führte das Finanzamt aus, dass Eintrittsgelder und Fahrtkosten anlässlich der Schwimmbadbesuche nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden könnten. Soweit medizinische Gründe, Sport zu treiben, vorliegen, sei die Notwendigkeit durch ein vor Beginn der Maßnahme ausgestelltes amtsärztliches Attest nachzuweisen. Ein Attest des behandelnden Arztes reiche hierfür nicht aus. Zudem müsse die Sportausübung unter ärztlicher Leitung und Aufsicht oder eines Krankengymnasten stattfinden.
Das Einspruchsverfahren verlief ohne Erfolg.
Mit der Klage wird für den Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 13.10.2011 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 23.01.2012 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.02.2013 dahin zu ändern, dass weitere Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen des Klägers in Höhe von 3.206 € und damit insgesamt in Höhe von 5.051 € angesetzt werden.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger habe durch die vorgelegten verschiedenen ärztlichen Bescheinigungen nachgewiesen, dass zur Linderung seiner Beschwerden und ständigen Schmerzen eine regelmäßige Wassergymnastik erforderlich sei. Das Attest des Dr. med. M vom 27.09.2010 sei durch das Attest des Dr. med. P vom Landratsamt B, Gesundheitsamt, als richtig bestätigt worden. Der Kläger habe bis zum 27.09.2005 für seine medizinischen Anwendungen das Hallenbad in X ca. 6 mal die Woche aufgesucht. Er habe in dieser Zeit jedoch Schikanen des örtlichen Bademeisters über einen längeren Zeitraum über sich ergehen lassen müssen. Diese Fortsetzung des subtilen Mobbings habe den Kläger dann dazu veranlasst, das Bad zu wechseln. Aus gesundheitlichen Gründen (Angstzustände, Schweißausbrüche, Herzbeschwerden, Verschlimmerungen der Wirbelsäule) sei es ihm nich...