Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung für Umsatzsteuer

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.01.1996; Aktenzeichen V R 31/95)

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit am 17. Februar 1995 bei dem Beklagten eingegangenem Schreiben des als Prozeßbevollmächtigter aufgetretenen Steuerberaters … hat der Kläger wegen eines Haftungsbescheides für Umsatzsteuer Klage erhoben. Da die nach § 65 Abs. 1 FGO zwingend erforderlichen Angaben fehlten und auch keine Vollmacht beigefügt war, ist der Kläger mit Verfügung vom 02. März 1995 aufgefordert worden, gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO bis zum 30. März 1995 den Gegenstand des Klagebegehrens anzugeben, weiterhin den angefochtenen Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf. Ferner ist gemäß § 62 Abs. 3 FGO eine Ausschlußfrist gemäß § 62 Abs. 3 FGO bis zum 30. März 1995 gesetzt worden zur Vorlage der schriftlichen Prozeßvollmacht des Klägers. Die Verfügung ist dem Steuerberater … am 06. März 1995 durch Übergabe zugestellt worden. Mit am 30. März 1995 eingegangenem Schreiben des Steuerberaters … sind die nach § 65 Abs. 1 FGO erforderlichen Angaben nachgereicht worden. Eine schriftliche Vollmacht lag dem Schreiben nicht bei. Mit Telefax vom selben Tag ist am 30. März 1995 die schriftliche Prozeßvollmacht des Klägers eingegangen.

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen den Haftungsbescheid wegen Umsatzsteuer vom 28. September 1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Januar 1995.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig.

Nach § 62 Abs. 1 FGO können sich die Beteiligten durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Dabei ist nach § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO die Bevollmächtigung durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen, wobei das Gericht den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen hat. Für das Nachreichen der ordnungsgemäßen Vollmacht kann der Vorsitzende oder der Berichterstatter nach § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen. Dies ist im Streitfall mit Verfügung vom 02. März 1995 geschehen. Eine schriftliche Vollmacht ist Prozeßhandlungsvoraussetzung und ihr Vorliegen in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen. Bei Nichtvorliegen einer schriftlichen Prozeßvollmacht fehlt es demgemäß an einer Prozeßhandlungsvoraussetzung, so daß die Klage unzulässig ist. Dabei ist es unerheblich, ob die Vorlage nicht vorgelegt wurde, obwohl sie vorhanden war, oder ob sie nicht vorgelegt wurde, weil sie nicht erteilt war. Für den Streitfall bedeutet dies, daß mit ergebnislosem Ablauf der Ausschlußfrist die Klage auch insosweit unzulässig geworden ist. Die Einreichung der Vollmacht nach Ablauf der Frist vermag im übrigen den prozessualen Mangel nicht mehr zu heilen (BFH/NV 1989, 117 und 247; Gräber, FGO, 3. Aufl., § 62 Rz. 58).

Zwar hat der Kläger innerhalb der ihm gesetzten Ausschlußfrist eine Vollmacht vorgelegt, die allerdings nicht, wie erforderlich, im Original, sondern lediglich mittels Telefax vorliegt. In der Rechtsprechung herrscht Streit darüber, ob die Vorlage einer mittels Telefax übermittelten Vollmachtsurkunde zur Fristwahrung nach § 62 Abs. 3 FGO ausreicht. Während einige Finanzgerichte (vgl. FG Baden-Württemberg, EFG 1994, 438; FG Münster, EFG 1994, 216; FG Niedersachsen, EFG 1994, 630) sowie der BGH (Urteil vom 23. Juni 1994, I ZR 106/92) als Nachweis die fristgerechte Vorlage der Originalurkunde verlangt, hat der BFH in seinem Urteil vom 15. Juni 1994 (II R 49/91, BStBl II 1994, 763) eine vom Kläger per Telefax erteilte Prozeßvollmacht als Nachweis anerkannt. Der Senat ist der Ruffassung, daß die Vollmachterteilung durch Vorlage der Originalurkunde innerhalb der gesetzten Ausschlußfrist nachgewiesen werden muß. Der Senat vermag in diesem Zusammenhang nicht einzusehen, wieso nach der Rechtsprechung des BFH die Telefaxvollmacht den Anforderungen genügen soll, die fotokopierte Vollmacht aber nicht, zumal das Telefaxverfahren der Manipulation Tür und Tor öffnet (Schmittmann, DB 1993, 2575).

Die genannten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs und des Bundesgerichtshofes sind nahezu gleichzeitig ergangen. In seiner abweichenden Entscheidung vom 15. Juni 1994 hatte der Bundesfinanzhof keine Gelegenheit, zu der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs Stellung zu nehmen. Die Revision ist daher nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 FGO zuzulassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1349481

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge