Entscheidungsstichwort (Thema)
Inländischer Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt bei Kindern von Ausländern
Leitsatz (redaktionell)
Ein Pflegekind eines Ausländers, der seinen Wohnsitz im Inland hat, kann einen inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unabhängig von den ausländerrechtlichen Voraussetzungen begründen.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 1 Nr. 2, § 63 Abs. 3
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger für das Pflegekind ... Kindergeld zu gewähren ist.
Der Kläger bezieht für seine drei ehelichen Kinder Kindergeld. Er hat noch einen Sohn aus erster Ehe. Im September 1993 beantragte er die Gewährung von Kindergeld für seine am 1. Februar 1997 geborene Nichte ..., die er ab 4. September 1993 als Pflegekind mit dem Ziel der Adoption in seinem Haushalt aufgenommen hat. Das Kind ... wurde ab 4. September 1993 beim Einwohnermeldeamt in ... mit Wohnsitz ... angemeldet. ... ist das Kind seiner unverheirateten Schwester und er wurde mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 16. Mai 1994 zum Vormund von ... bestellt (Blatt 53 Kindergeldakte). Der Beklagte bewilligte daraufhin zunächst ab September 1993 Kindergeld. Nachdem er im Februar 1994 von der Stadtverwaltung ... erfahren hatte, dass für das Kind ... keine Aufenthaltserlaubnis vorliege, hob er mit Bescheid vom 18. Februar 1994 die Bewilligung von Kindergeld ab Januar 1994 auf. Hiergegen hat der Kläger Widerspruch eingelegt. Die Ermittlungen des Beklagten haben ergeben, dass das Kind ... im Januar 1993 aufgrund eines Visums, das nur zu einem Aufenthalt von drei Monaten berechtigt, eingereist war und sich seit Ablauf dieser Frist illegal in der Bundesrepublik Deutschland aufhält. Eine Aufenthaltserlaubnis war nicht erteilt worden, gegen die Ausreiseaufforderung war Widerspruch eingelegt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 1995 wurde der Bescheid vom 18. Februar 1994 abgeändert und die Entscheidung über die Bewilligung von Kindergeld für das Kind ... (nochmals) ab März 1994 zurückgenommen. Der hiergegen erhobenen Klage hat das Sozialgericht ... mit Urteil vom 17. Januar 1996 stattgegeben. Mit Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. November 1998 ist das Urteil des Sozialgerichts ... vom 17. Januar 1996 insoweit abgeändert worden, dass nur Kindergeld für die Monate März bis Juni 1994 gewährt und im übrigen die Klage abgewiesen wurde. Die hiergegen eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz wurde als unzulässig verworfen (Blatt 35 ff. Prozessakte).
Der Kläger beantragte mit Eingang vom 30. Januar 1997 die Zahlung von Kindergeld unter anderem für das Kind ... Es sollte als Pflegekind berücksichtigt werden. Mit Bescheid vom 16. Mai 1997 wurde der Antrag abgelehnt, weil das Kind ... nicht im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung sei. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 23. Oktober 1997 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der Klage trägt der Kläger vor, dass das Kind ... seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland habe. Dieser gewöhnliche Aufenthalt bestimme sich nach den tatsächlichen Gegebenheiten, das dauerhafte und nicht nur vorübergehende Verweilen in der Bundesrepublik Deutschland reiche damit aus. Insbesondere bedürfe es für den gewöhnlichen Aufenthalt einer Person im Inland gerade keiner Aufenthaltsberechtigung. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die steuerrechtliche Anerkennung von ausländischen Kindern neben dem gewöhnlichen Aufenthalt auch eine Aufenthaltserlaubnis erfordere. Aus dem Wortlaut des Gesetzes ergebe sich diese Voraussetzung nicht (§ 63 Abs. 1 Einkommensteuergesetz - EStG -). ... sei gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG Pflegekind des Klägers. Er habe das nichteheliche Kind seiner Schwester bereits 1993 mit dem Ziel der Adoption in seiner Familie aufgenommen. Bis zur Klageerhebung in 1997 lebe es seit mehr als vier Jahren ununterbrochen in der Familie, ... sei voll in diese integriert und besuche die Schule in ... Der Kläger komme für den Unterhalt des Kindes allein auf, da eine Verbindung zu den leiblichen Eltern nicht mehr bestehe. Ihm sei auch durch das Urteil des Amtsgerichts ... die Vormundschaft für seine Nichte übertragen worden. Soweit der Beklagte davon ausgehe, dass ... jederzeit abgeschoben werden könne, sei darauf zu verweisen, dass eine Abschiebung rein tatsächlich nicht möglich sei. Das Kind könne weder von seinem Vater noch von seiner in der Türkei lebenden Mutter aufgenommen werden. Die Mutter des minderjährigen Kindes sei nicht in der Lage, das Sorgerecht für ihre Tochter auszuüben. Sie leide unter einer schweren psychischen Erkrankung und befinde sich in fachärztlicher Behandlung. Der Aufenthalt des nichtehelichen Vaters sei nicht bekannt. Eine Abschiebung würde daher eine außergewöhnliche Härte darstellen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung der Ablehnung des Antrages auf Kindergeld für ... vom 16. Mai 1997 und der Einspruchsentscheidung vom 23. Oktober 1997 den Beklagten zu verpflic...