Entscheidungsstichwort (Thema)
Außergewöhnliche Belastungen: Aufwendungen für den Bau eines Schwimmbeckens
Leitsatz (amtlich)
Mit der Errichtung des Schwimmbeckens zur Therapie eines behinderten Familienmitglieds auf einem selbstgenutzten Grundstück erhält der Steuerpflichtige in aller Regel einen Gegenwert, wenn das Schwimmbecken auch von nicht behinderten Personen genutzt werden kann, weil die Möglichkeit der Nutzung eines privaten Schwimmbeckens auch für nicht behinderte Personen einen Vorteil gegenüber dem Besuch eines öffentlichen Schwimmbades darstellt und bei der Veräußerung des Grundstücks das Vorhandensein des Schwimmbeckens zu einem deutlich gesteigerten Kaufpreis führen kann.
Normenkette
EStG § 33
Tatbestand
Strittig ist, ob Aufwendungen für den Bau eines Schwimmbeckens außergewöhnliche Belastungen sind.
Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Geschäftsführer und erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin übt den Beruf der Bürokauffrau aus und erzielt daraus pauschal versteuerte Einkünfte. Daneben erzielen die Eheleute Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dreier Wohnungen, wobei eine Wohnung eine Einliegerwohnung in ihrem Wohnhaus ist.
In ihrer Einkommensteuererklärung 2003 vom 1. Dezember 2004 machten die Kläger neben Arzt- und Arzneimittelkosten für ihren Sohn R Aufwendungen für die Errichtung eines Schwimmbeckens auf einem hinzuerworbenen Nachbargrundstück (Grundstücksskizze Bl. 33 der Prozessakte) in Höhe von 60.780 €, Kosten für die Anschaffung einer Liege von 51 € und Kosten für Wasserverbrauch von 1.432 € als außergewöhnliche Belastungen geltend. Hierzu legten die Kläger eine amtsärztliche Bescheinigung vom 13. Juni 2003 vor, dass ihr Sohn mit einem Grad der Behinderung von 100 % und den Merkzeichen "G, aG und H" schwerbehindert sei und die Pflegestufe II habe. Bei ihrem Sohn würde ein unklares, vermutlich hereditäres Krankheitsbild mit hochgradiger Fehlstellung des Achsenskelettes, schweren Fußfehlstellungen und hochgradiger Muskelhypotonie mit statomotorischer Retardierung vorliegen und es sei trotz mehrerer chirurgischer Korrekturoperationen nicht gelungen, den Krankheitszustand wesentlich zu verbessern und den Sohn in die Gesellschaft adäquat einzugliedern. Der Sohn der Kläger würde vielmehr massive Rückzugstendenzen zeigen und soziale Kontakte vermeiden. Daher würde es sein Krankheitsbild deutlich bessern, wenn er in einem häuslichen Schwimmbecken unter Anleitung der Klägerin, welche Krankenschwester sei, entsprechende Übungen durchführen könne (Blatt 7 der Einkommensteuerakte VZ 2003).
In dem Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 19. Januar 2005 berücksichtigte der Beklagte die geltend gemachten Aufwendungen für den Bau des Schwimmbeckens nicht als außergewöhnliche Belastung, weil den Klägern durch die Errichtung ein marktgängiger Gegenwert zugeflossen sei.
Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren legten die Kläger eine Skizze des 3,55 m breiten und 7,50 m langen (Innenmaße) Schwimmbeckens vor, sowie ärztliche Atteste des Kinderzentrums bei der Universität X vom 29. November 1982 und vom 21. Juni 1983, der Kinderklinik des Klinikums der Stadt Y vom 27. November 1985, der Kinderklinik und Kinderpoliklinik der Universität Z vom 6. Juli 1995, des Klinikums K vom 15. November 1996, der orthopädischen Universitätsklinik H vom 27. April 1998 und des DRK-Schmerzzentrums M vom 23. August 2000, aus denen die Krankengeschichte und die Notwendigkeit der Durchführung von krankengymnastischer Behandlung ihres Sohnes hervorgeht (Blatt 32 bis 54 der Einkommensteuerakte VZ 2003). Mit Schreiben vom 15. April 2005 erweiterten die Kläger ihren Einspruch dahingehend, dass sie über die bereits erklärten Beträge hinaus die laufenden Unterhaltskosten und Finanzierungskosten für das Schwimmbecken in Höhe von 4.776 € als außergewöhnliche Belastung geltend machten (Blatt 61 bis 67 der Einkommensteuerakte VZ 2003). Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2005 zurückgewiesen.
Die Kläger tragen vor, sie hätten sich durch die wiederkehrenden Therapiehinweise der behandelnden Ärzte im Jahr 2003 entschlossen, auf einem Nachbargrundstück zu ihrem Wohnhaus ein Schwimmbecken zu errichten, worin ihr Sohn unter Anleitung der Klägerin, welche ausgebildete Krankenschwester sei, die ärztlich verordneten und dringend erforderlichen ergotherapeutischen Übungen, Massagen und Anwendungen durchführen könne. Da ihr Sohn durch die Behinderung eine massive soziale Phobie entwickelt hätte, sei es unmöglich, mit ihm ein öffentliches Schwimmbad zu besuchen. Ihr Sohn weigere sich sogar körperlich, außer Haus zu gehen, so dass die einzige Möglichkeit zur Durchführung der empfohlenen Therapie die Errichtung des Schwimmbeckens im Umfeld des Wohnhauses gewesen sei. Für die Errichtung des Schwimmbeckens hätte zunächst ein Nachbargrundstück erworben werden müssen, welches flächen- und grundbuchmäßig von ihrem Wohnhausgrundstück abg...