Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz1 Nr. 1 AO
Leitsatz (amtlich)
Stellt die Beteiligung an einer GbR (Grundstücksgemeinschaft) Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen bei der Beteiligung an einer weiteren GbR (Kanzlei) dar, ist der Gewinnfeststellungsbescheid für die erstere GbR (Grundstücksgemeinschaft) nicht für die Einkommensteuerveranlagung des Steuerpflichtigen, sondern nur für die bezüglich der weiteren GbR (Kanzlei) durchzuführende Gewinnfeststellung bindend.
Berücksichtigt das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid das Ergebnis der Feststellung für die GbR (Grundstücksgemeinschaft) zu Unrecht neben dem gesondert festgestellten Gewinn der weiteren GbR (Kanzlei), weil es die Feststellung für die Grundstücksgemeinschaft bezüglich der Einkommensteuerfestsetzung für einen Grundlagenbescheid hält, ist der Einkommensteuerbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu ändern.
In einem Feststellungsbescheid enthaltene erläuternde Hinweise nehmen nicht an der Bindungswirkung teil.
Normenkette
AO §§ 129, 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob der Einkommensteuerbescheid für 2000 geändert werden konnte.
Die Kläger sind Eheleute und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist als Rechtsanwalt tätig. Als Mitglied einer Anwaltskanzlei, der Dr. Ba, Dr. Bb & Partner GbR (i.F.: GbR Dr. B.) bezieht er Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Die Einkünfte der GbR Dr. B werden einheitlich und gesondert festgestellt. Des Weiteren erzielt der Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus Vortragstätigkeit und als Aufsichtsratsmitglied. Die Klägerin bezieht als Sekretärin bei der Anwaltskanzlei Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Kläger erzielen außerdem noch Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Kläger ist zu 1/3 beteiligt an drei verschiedenen Grundstücksgemeinschaften in E, nämlich den Eigentümergemeinschaften:
S-Straße 12, Dachgeschoss (Steuer-Nr.: ...)
S-Straße 12, Büro EG (Steuer-Nr.: ...) und
S-Straße 12, Büroetage 2.OG (i.F.: GbR S-Straße 12 2.OG; Steuer-Nr.: ...).
An letzterer sind neben dem Kläger Frau Dr. M.B. und Frau E.G. beteiligt. Aus den Beteiligungen zu 1. und 2. erzielt der Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Büroetage S-Straße 12 2.OG ist an die GbR Dr. B. vermietet. Die Beteiligung an der GbR S-Straße 12 2.OG gehört zum Sonderbetriebsvermögen des Klägers bei der Beteiligung an der Anwaltskanzlei. Für die GbR S-Straße 12 2.OG wurde bis zum Feststellungszeitraum 1996 lediglich eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Vermietungseinkünfte unter einer Steuernummer durchgeführt. Ab dem Jahr 1997 wurden jeweils 3 Feststellungen von Einkünften unter den o.a. Steuernummern durchgeführt, da zwischenzeitlich die Aufteilung in Wohnungs- bzw. Teileigentum stattgefunden hatte.
In dem Einkommensteuerbescheid für 1996 vom 31.07.1998 (vgl. Einkommensteuerakten Band II - EStA II -, Bl. 54) erfasste der Beklagte neben den Einkünften aus selbständiger Arbeit in Höhe von 110.416 DM einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 122.721 DM. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit der Begründung Einspruch ein, die Büroetage 2.OG in der S-Straße werde von der Rechtsanwaltssozietät genutzt. Der Verlust aus dieser Beteiligung sei bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit mit 97.086 DM bereits erfasst worden. Der Verlust sei allerdings auch bei Feststellung der Vermietungseinkünfte der GbR S-Straße 12 2.OG erfasst worden (vgl. EStA II, Bl. 52). Der Beklagte korrigierte daraufhin die unzutreffende Doppelerfassung des Verlustes mit einem auf § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO gestützten Änderungsbescheid vom 23.09.1998. Darin wurden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nunmehr mit - 25.635 DM (-122.721 DM + 97.086 DM) berücksichtigt (vgl. EStA II, Bl. 65).
In den Einkommensteuererklärungen der Folgejahre fügte der Kläger der Anlage V jeweils eine gesondert gefertigte Anlage mit folgendem Wortlaut bei (vgl. EStA II, Bl. 138):
- "Herr L ist beteiligt an 3 Eigentümergemeinschaften S-Straße in Erfurt. Der Anteil an der Eigentümergemeinschaft 2.OG ist Betriebsvermögen bei Herrn L und im Rahmen der Sonderbetriebsausgaben der Kanzlei Dr. B & Partner bereits erfasst. Bei den Einkünften aus V+V sind zu erfassen: Dachgeschoss ... DM, Erdgeschoss ... DM, Summe:... DM."
Auch die am 4.12.2001 bei dem Beklagten eingegangene Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2000 enthält diese Anlage (vgl. EStA III, Bl. 39). Der Kläger erklärte darin einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung für das Dachgeschoss in Höhe von 6.920 DM und für das Erdgeschoss in Höhe von 5.525 DM. Die Summe der Verluste von 12.445 DM trug er in die Anlage V, Zeile 19 (Anteile an Einkünften), ein (vgl. EStA III, Bl. 61).
Bei der Durchführung der Einkommensteuerveranlagung lagen dem Beklagten folgende, vom 6.02. bzw. 18.03.2002, 27.11.2001 bzw. 28.11.2001 datierenden Mitteilungen des Finanzamts M über Einkünfte aus Beteiligungen vor (vgl. EStA III, Bl. 34 ff., 40 f.):
1. GbR Dr. B. |
Einkünfte ... |