Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH I B 110/12)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung einer Abfindung aus Frankreich
Leitsatz (amtlich)
Die Grundsätze der Rechtsprechung des BFH zu den dem Art. 15 Abs. 1 Satz 2 OECD-Musterabkommen entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen können angesichts der Unterschiede im Wortlaut nicht auf Art. 13 Abs. 1 DBA-Frankreich übertragen werden.
Normenkette
DBA-Frankreich Art. 13 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Strittig ist die Steuerpflicht einer Abfindung. Der Kläger ist verheiratet, wird aber im Streitjahr auf Antrag getrennt zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger war nach seiner Anstellung im Februar 2004 bei der Firma M GmbH & Co. KG -M- in P durch Anstellungsvertrag vom 30. Juni 2004 ab dem 1. Juli 2004 Geschäftsführer der Firma E S.A. -E- in F in Frankreich. E ist ein Unternehmen der M-Gruppe. Der Kläger blieb daneben weiterhin für M in zeitlich beschränktem Umfang tätig (Blatt 100ff der Prozessakte).
Mit Aufhebungsvereinbarung vom 18. Oktober 2006 beendeten E, M und der Kläger das bestehende Anstellungsverhältnis auf Veranlassung von E in beiderseitigem Einvernehmen mit Wirkung vom 7. Oktober 2006. In der Aufhebungsvereinbarung ist ergänzend ausgeführt, der Kläger sei in geringerem Umfang auch für M tätig gewesen und dies bewirke auch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit M, ohne dass hierfür eine eigene Aufhebungsvereinbarung erforderlich würde. Die Parteien seien sich darüber einig, dass unterschiedliche Ansichten in der weiteren strategischen Ausrichtung des Unternehmens Anlass dafür gewesen seien, das Vertragsverhältnis zu beenden. Als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes erhalte der Kläger eine Abfindung in Höhe von 125.000 € brutto, die in drei Raten ausgezahlt werde. Zusätzlich zu dieser Abfindungssumme dürfe der Kläger seinen Laptop zu einem Restbuchwert von 300 € sowie sein Handy im Vertragswert von 60 € behalten (Blatt 16 bis 18 der Einkommensteuerakte VZ 2006).
In seiner Einkommensteuererklärung 2006 vom 9. Januar 2008 erklärte der Kläger bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in der Anlage N einen von M gezahlten Bruttoarbeitslohn in Höhe von 12.939 €. Zu der Anlage N teilte der Kläger mit, er habe von E ein Bruttogehalt von 111.287 € bezogen. Zudem habe er die ersten beiden Raten der Abfindung in Höhe von jeweils 45.000 € im Streitjahr vereinnahmt. Für die Abfindung werde von einer Steuerpflicht in Frankreich ausgegangen (Blatt 15 der Einkommensteuerakte VZ 2006).
In dem Einkommensteuerbescheid 2006 vom 28. April 2008 teilte der Beklagte die Auffassung des Klägers nicht und unterwarf den im Streitjahr erhaltenen Teil der Abfindung in Höhe von 90.360 € (2 Raten je 45.000 € Abfindungszahlung, 300 € für Laptop, 60 € für Handy) der inländischen Besteuerung und führte hierzu in der Anlage aus, die Abfindungszahlung aus Frankreich sei in Deutschland der Einkommensteuer zu unterwerfen. Nach der einschlägigen Rechtsprechung des BFH stellten Abfindungszahlungen kein zusätzliches Entgelt für eine frühere Tätigkeit dar und würden auch nicht für eine konkrete Tätigkeit gezahlt. Nach Art. 15 Abs. 1 Satz 2 1. HS des OECD-Musterabkommens seien Abfindungen, die einem Arbeitnehmer aus Anlass seines Ausscheidens aus seinem Arbeitsverhältnis gezahlt werden, im Ansässigkeitsstaat zu versteuern. Da keine Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit im Sinne des Art. 13 Abs. 1 DBA-Frankreich vorlägen, sei diese Vorschrift hier nicht anzuwenden. Vielmehr komme Art. 18 DBA-Frankreich zur Anwendung, der das Besteuerungsrecht für Einkünfte, die in den vorstehenden Artikeln nicht behandelt seien, dem Wohnsitzstaat zuweise.
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 18. März 2009 zurückgewiesen.
Der Kläger trägt vor, der Beklagte verkenne, dass der Wortlaut des einschlägigen Art. 13 DBA-Frankreich von dem des Art. 15 OECD-Musterabkommen abweiche. Denn Art. 13 Abs. 1 DBA-Frankreich sei offener formuliert und enthalte keine dem Art. 15 Abs. 1 Satz 2 des OECD-Musterabkommens vergleichbare Einschränkung, dass die Vergütung für - "dafür"- eine dort ausgeübte Arbeit bezogen sein müsse. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich könnten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem die persönliche Tätigkeit, aus der die Einkünfte herrührten, ausgeübt werde. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit seien nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 DBA-Frankreich insbesondere Gehälter, Besoldungen, Löhne, Gratifikationen oder sonstige Bezüge sowie alle ähnlichen Vorteile. Die Regelung des Art. 13 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich spreche von "herrühren" und sei damit zu verstehen wie die Regelung in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Zu den anderen Bezügen im Sinne dieser Vorschrift gehörten auch Abfindungen, da sie ursächlich durch das frühere Arbeitsverhältnis veranlasst seien. Ein "Herrühren" setze eine...