Rz. 36
§ 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG erweitert die Steuerfreiheit für die Zuwendung des Familienheims gegenüber der bis zum 31.12.2008 geltenden Rechtslage nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG a. F. auf entsprechende Zuwendungen von Todes wegen i. S. d. § 3 ErbStG zwischen Ehegatten bzw. Lebenspartnern einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft – es ist ausreichend, wenn dem überlebenden Ehegatten bzw. Lebenspartner das Familienheim z. B. vermächtnisweise zugewendet wird. Die Regelung kann jedoch über ihren Wortlaut hinaus nicht auf Geschwister ausgedehnt werden, die ihr Leben lang in einer Haushalts-, Wirtschafts- und Versorgungsgemeinschaft zusammengelebt haben. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass durch den Erwerb von Todes wegen das Eigentum oder Miteigentum an einem im Inland oder in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Staat des EWR belegenen Familienheim auf den überlebenden Ehegatten bzw. Lebenspartner übertragen wird. Der Erwerb von Todes wegen eines bloßen Wohnrechts oder sonstigen Nutzungsrechts fällt angesichts des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift nicht unter die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG. Gleiches gilt für den Erwerb eines Anwartschaftsrechts bzw. des bloßen wirtschaftlichen Eigentums. Die Neuregelung bezweckt aus Sicht des Gesetzgebers neben dem Schutz des gemeinsamen familiären Lebensraums die Lenkung in Grundvermögen schon zu Lebzeiten des Erblassers und die krisenfeste Erhaltung des besonders geschützten Familiengebrauchsvermögens in Gestalt des Familienheims von Ehegatten und Lebenspartnern. Im Fall einer Erbengemeinschaft aus dem überlebenden Ehegatten und gemeinsamen Kindern kommen die Steuerbefreiungen nach § 13 Abs. 1 Nrn. 4b und 4c ErbStG nebeneinander zur Anwendung.
Rz. 37
§ 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG enthält zwar keine wert- oder größenmäßige Beschränkung, erforderlich ist jedoch, dass der Erblasser das Familienheim zum Zeitpunkt des Erbfalls zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war und das Familienheim durch den Erwerber unverzüglich – d. h. ohne schuldhaftes Zögern – zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist. Als zwingende Gründe, die vom Gebot der Selbstnutzung durch den Erblasser befreien, sind medizinische bzw. gesundheitliche Gründe anzuerkennen, soweit sie von solchem Gewicht sind, dass sie den Erblasser zu einem Lebensmittelpunkt außerhalb des Familienheims genötigt haben oder wenn sie dem Erwerber eine selbstständige Haushaltsführung in dem erworbenen Familienheim unzumutbar machen, nicht jedoch berufliche Gründe. Im Hinblick auf das Gebot der Selbstnutzung des Familienheims durch den Erwerber ist die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 2 ErbStG von vornherein ausgeschlossen, sofern der Erwerber dieses aufgrund einer letztwilligen Verfügung – z. B. als Vermächtnis – oder durch eine rechtsgeschäftliche Verfügung des Erblassers – z. B. einen Erbvertrag – auf einen Dritten übertragen muss. Gleiches gilt nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 3 ErbStG, wenn der Erbe das erworbene Familienheim im Rahmen der Teilung des Nachlasses auf einen Miterben überträgt. Das erworbene Familienheim ist vom Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung bestimmt, wenn zumindest der Entschluss zur Nutzung zu eigenen Wohnzwecken als subjektives Merkmal gefasst und durch nach außen hin erkennbare (objektive) Umstände in die Tat umgesetzt wird. Die tatsächliche Aufnahme der Selbstnutzung durch Einzug muss dann zwar nicht unverzüglich, jedoch i. d. R. innerhalb von 6 Monaten, spätestens binnen Jahresfrist seit dem Erwerb erfolgen, da andernfalls sehr gewichtige Gründe vorliegen müssen, die der alsbaldigen tatsächlichen Selbstnutzung entgegenstehen. Unschädlich ist, wenn der Erwerber zunächst eine (umfassende) Sanierung bzw. Renovierung des Gebäudes vornimmt und sich der Beginn der Selbstnutzung hierdurch verzögert. Eine begünstigte Selbstnutzung des Familienheims scheidet jedoch aus, wenn der Erwerber das erworbene Familienheim abreißt und einen Neubau zum Zweck der Selbstnutzung erstellt, wobei es keine Rolle spielt, ob der Abriss des bisherigen Gebäudes aus bautechnischen, ökonomischen, ökologischen oder sonstigen wichtigen Gründen für den Erwerber unvermeidbar gewesen ist.
Ein zwingender Grund, der vom Gebot der Selbstnutzung befreit, liegt jedoch vor, wenn das Familienheim innerhalb des 10-Jahreszeitraums aufgrund höherer Gewalt (z. B. Hochwasser, Starkregen, Unwetter, Sturm, Brand, Explosion) zerstört und die tatsächliche Selbstnutzung dadurch beendet wird; der Erwerber ist in diesem Fall auch nicht zum Wiederaufbau des Familienheims verpflichtet.
Rz. 38
Der Regelung des § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 2 und 3 ErbStG lässt sich nicht nur ein zwingender Ausschluss der Steuerfreiheit aufseiten des überlebenden und zum Erben eingesetzten Ehegatten in den Fällen der Abwicklung des Nachlasses bzw. der Nachlassteilung entnehmen, bei denen der ...