Prof. Dr. Michael Fischer
2.9.1 Erbfall
Rz. 250
Beim Tod des Inhabers eines Geschäftsanteils an einer GmbH folgt aus der Existenz der juristischen Person, dass die Kapitalgesellschaft vom Erbfall unberührt bleibt. § 15 Abs. 1 GmbHG stellt klar, dass der Geschäftsanteil vererblich ist. Nach dem Regelstatut des GmbHG fällt damit der Geschäftsanteil in den Nachlass und bei Vorhandensein mehrerer Miterben in die Zuständigkeit der Erbengemeinschaft. Nach unbestrittener Auffassung kann die Vererblichkeit der GmbH-Beteiligung weder durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden, noch kann die Satzung eine sich mit dem Erbfall automatisch vollziehende Einziehung vorsehen.
Rz. 251
Die Vererbung von GmbH-Anteilen nach § 15 Abs. 1 GmbHG ist ein Anwendungsfall des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Der Anteil wird bei dem Alleinerben oder den einzelnen Miterben erfasst und ist erbschaftsteuerrechtlich nach § 12 Abs. 1, 5 ErbStG, § 11 Abs. 2 S. 1 BewG grundsätzlich mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Hinsichtlich der erbschaftsteuerrechtlichen Privilegierungen nach den §§ 13a, 19a ErbStG ist darauf hinzuweisen, dass im Betriebsvermögen (auch im Sonderbetriebsvermögen) gehaltene Beteiligungen an in- und ausländischen Kapitalgesellschaften (indirekt) begünstigt sind, wenn sie dem inländischen oder EU-/EWR-ausländischen Betriebsvermögen i. S. d. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG zuzurechnen sind (§ 13b ErbStG Rz. 21). Es kommt dabei weder auf den Sitz noch auf die Geschäftsleitung oder die Belegenheit des Vermögens der Kapitalgesellschaft an. Auch die Beteiligungsquote ist insoweit irrelevant.
Rz. 252
Privatvermögen ist nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG nur dann privilegiert, wenn es sich um eine unmittelbare Beteiligung handelt, die Kapitalgesellschaft zur Zeit der Entstehung der Steuer Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in einem EU- bzw. EWR-Staat hat und der Erblasser am Nennkapital dieser Gesellschaft zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt war (§ 13b ErbStG Rz. 21). Mittelbare Beteiligungen werden bei der Berechnung der Beteiligungsquote nicht berücksichtigt. Ebenso wenig findet eine Zusammenrechnung der unmittelbaren und mittelbaren (im Betriebs- oder Sonderbetriebsvermögen gehaltenen) Beteiligungen statt.
Rz. 253
Zwar sind Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in Drittstaaten nicht begünstigt, doch kommt es für die Begünstigungen andererseits nicht darauf an, wo sich das Vermögen der Kapitalgesellschaft befindet und welcher Betriebsstätte es dient. Dieses kann sich (sogar überwiegend oder ausschließlich) auch in einem Drittstaat befinden. Ebenso wenig ist das Halten von Beteiligungen an Tochter- und ggf. auch Enkelgesellschaften in Drittstaaten schädlich. Soll eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in einem Drittstaat übertragen werden, so könnte die Inanspruchnahme der Begünstigung durch die Zwischenschaltung einer inländischen oder EU-/EWR-ausländischen Kapitalgesellschaft erreicht werden.
Rz. 254
Um die Mindestbeteiligungsquote von mehr als 25 % zu erreichen, sieht § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG eine Sonderregelung für den Fall der "gepoolten" Anteile vor (§ 13b ErbStG Rz. 48, 51 ff.). Danach bestimmt sich die Mindestbeteiligung nach der Summe der dem Erblasser unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter, wenn der Erblasser und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, (1) über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen ("Verfügungsbeschränkung") und (2) das Stimmrecht gegenüber nicht gebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben ("einheitliche Stimmrechtsausübung"). Diese Sonderregelung eröffnet den mit Zwerganteilen an (meist familiengeführten) Kapitalgesellschaften Beteiligten die Möglichkeit, von den Begünstigungen nach §§ 13a, 19a ErbStG zu profitieren. Die Auslegung und Handhabung dieser Vorschrift dürfte in der Praxis jedoch nicht unproblematisch sein.
2.9.2 Einziehungsklausel
Rz. 255
Anders als im Recht der Personengesellschaft kann die Rechtsfolge des § 15 Abs. 1 GmbHG nicht durch eine Sondererbfolge namentlich i. S. einer qualifizierten Nachfolgeklausel verhindert werden. Zwar finden sich in manchen GmbH-Satzungen Klauseln, die mit "Nachfolgeklauseln" überschrieben sind, doch handelt es sich dabei vor dem Hintergrund des § 15 Abs. 1 GmbHG um eine unpräzise Ausdrucksweise. Die Klausel regelt allein, wer Nachfolger in der Weise werden soll, dass der Anteil aus der Zuständigkeit der Erbengemeinschaft auf den Nachfolger übertragen werden soll. Daraus ergeben sich verschiedene gesellschaftsrechtliche Fragen, die bei der Abfassung einer Einziehungsklausel bedacht werden müssen.
Rz. 256
Soll die...