Rz. 120

Abweichend von der Regelungstechnik beim Erwerb von Todes wegen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG mit den Ausnahmeregelungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. ai ErbStG führt § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG bei Schenkungen unter Lebenden keinen vergleichbaren ergänzenden Ausnahmekatalog auf. Hannes/Holtz[1] begründen dies damit, dass das Gesetz mit der Ausführung bereits das am spätesten mögliche Datum gewählt habe, doch trifft dies nicht uneingeschränkt zu, wenn eine Schenkung aufschiebend bedingt, befristet oder betagt erfolgt. Deswegen ist es bedeutsam, dass nach Ansicht des BFH[2] die Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG auch bei Schenkungen unter einer aufschiebenden Bedingung anwendbar ist. Die eigenständige Regelung der Steuerentstehung bei Schenkungen unter Lebenden in § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG war allein deshalb erforderlich, weil die Steuerentstehung anders als regelmäßig beim Erwerb von Todes wegen nicht an den Tod des bisherigen Vermögensinhabers anknüpfen kann. Daraus folge aber nach Meinung des BFH nicht, dass ihr die Bedeutung einer lex specialis gegenüber § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG zukomme. Bei Schenkungen können sich dieselben Problemlagen ergeben, wie sie in § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG angesprochen sind. Für diese Problemlagen enthalte § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG die speziellere Regelung gegenüber der Nr. 2 der Vorschrift, die i. V. m. § 1 Abs. 2 ErbStG dieser Nr. 2 vorgeht. Denn nach § 1 Abs. 2 ErbStG gelten die Vorschriften über die Erwerbe von Todes wegen, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch für Schenkungen unter Lebenden. Dieses Gesetzesverständnis liegt im Übrigen auch § 7 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG zugrunde, indem er Abfindungen für aufschiebend bedingt, betagt oder befristet erworbene Ansprüche, die vor dem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung oder des Ereignisses gewährt werden, als Schenkungen unter Lebenden behandelt.

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