Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer, Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
Rz. 401
Systematische Einordnung und allgemeiner Norminhalt. Der durch das AmtshilfeRLUmsG (vgl. Rz. 10) neu geschaffene und durch das ATAD-UmsG (vgl. Rz. 11) ergänzte Abs. 9 normiert keinen eigenständigen Tatbestand der Zurechnung zu einem Zurechnungsadressaten. Vielmehr wird der Umfang derjenigen Stiftungseinkünfte, welche dem Zurechnungsadressaten gem. Abs. 1, 7 und 8 zuzurechnen sind, um niedrig besteuerte passive Einkünfte ausländischer Kapitalgesellschaften erweitert, an denen die Stiftung beteiligt ist. Dazu erklärt das Gesetz die Regeln zur Hinzurechnungsbesteuerung in weitem Umfang für entsprechend anwendbar. Außerdem wird die Hinzurechnung solcher Einkünfte zu einer ausländischen Stiftung i.S.v. Abs. 10 angeordnet (vgl. näher Rz. 461 ff.). Schließlich werden zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung Gewinnausschüttungen beim Empfänger von der Steuer freigestellt, die auf gem. Abs. 9 Satz 1 zugerechneten Beträgen beruhen.
Rz. 402
Normzweck. Ausweislich der Begründung zum JStG 2013 "soll [durch die Bestimmungen in Abs. 9] die Möglichkeit der Umgehung der Vorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung durch Zwischenschaltung einer Stiftung ausgeschlossen werden". Das Gesetz verfolgt also nicht das Ziel, eine Umgehung der Zurechnung nach § 15 Abs. 1 zu verhindern! Im Rahmen einer teleologischen Auslegung (vgl. nachfolgend Rz. 409, 413, 419, 424) ist dieser Unterschied bedeutsam, denn trotz der Parallelen unterscheiden sich die Zurechnungsbesteuerung nach § 15 und die Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7–13 in Voraussetzungen und Rechtsfolgen voneinander (vgl. zum Verhältnis zu § 7 auch Rz. 84).
Rz. 403
Verhältnis zur Rechtslage vor AmtshilfeRLUmsG. Nach Ansicht der Regierungsbegründung zum gescheiterten JStG 2013 macht diese Regelung die bis zu diesem Zeitpunkt geltende entsprechende Anwendung von § 5 (§ 15 Abs. 5 Satz 1 i.d.F. vor dem AmtshilfeRLUmsG) überflüssig. Dies ist zweifelhaft und deutet auf einen Irrtum des Entwurfsverfassers über die Funktionsweise der früheren Regelung hin. Diese dehnte den Anwendungsbereich von § 5 auf zwischengeschaltete ausländische Familienstiftungen aus, so dass niedrig besteuerte passive nichtinländische Einkünfte der ausländischen Familienstiftung auch einer Person i.S.v. § 2 zugerechnet werden konnten (vgl. zur früheren Rechtslage Rz. 255). Die jetzt durch Abs. 9 angeordnete Zurechnung von niedrig besteuerten passiven Einkünften ausländischer Gesellschaften, an welchen eine ausländische Stiftung beteiligt ist, war demgegenüber bis zum AmtshilfeRLUmsG nicht möglich. Der abweichenden Auffassung in Tz. 15.5.3 des AEAStG fehlte eine gesetzliche Grundlage (vgl. Rz. 101). Die Novellierung des § 15 hat insoweit eine Verschärfung bewirkt. Im Gegenzug können – mangels Bezugnahme auf § 5 – Einkünfte einer ausländischen Familienstiftung einer der erweiterten beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Person nicht mehr zugerechnet werden.
Rz. 404– 405
frei