Prof. Dr. Vassil Tcherveniachki
"Soweit nicht bereits die Voraussetzungen für die Versagung des Betriebsausgabenabzugs nach den vorstehenden Absätzen vorliegen, sind Aufwendungen auch insoweit nicht als Betriebsausgaben abziehbar, als die Aufwendungen auch in einem anderen Staat berücksichtigt werden."
Rz. 71
Allgemeines. Mit § 4k Abs. 4 Satz 1 bis 4 EStG werden Art. 9 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Art. 2 Abs. 9 Unterabs. 1 Buchst. g und Art. 9b ATAD umgesetzt. Anders als § 4k Abs. 1 bis 3 EStG, der Besteuerungsinkongruenzen im Hinblick auf nicht besteuerte Erträge durch Einschränkung des Ausgabenabzugs beseitigen soll, ist das Ziel des § 4k Abs. 4 EStG, den doppelten (oder mehrfachen) Betriebsausgabenabzug in mehreren Staaten (Double Deduction oder Double Dip) zu verhindern. Die Anwendung dieser Vorschrift ist nicht nur auf Qualifikationskonflikte begrenzt bzw. es wird kein besonderes hybrides Element vorausgesetzt; vielmehr soll jedwede doppelte Aufwandsberücksichtigung erfasst werden. Damit werden auch z.B. Fälle erfasst, in denen im Ausland (tatsächliche oder fiktive) Aufwendungen bewusst als Steuersubvention zum Abzug zugelassen werden.
Rz. 72
Verhältnis zu § 4k Abs. 1 bis 3 EStG. Die Regelung des § 4k Abs. 4 EStG ist nachrangig zu § 4k Abs. 1 bis 3 EStG zu prüfen. Da § 4k Abs. 4 EStG systematisch auf eine Aufwandsberücksichtigung im Ausland abstellt, während § 4k Abs. 1 bis 3 EStG eine Nicht- (bzw. im Falle des Absatzes 1) oder Niedrigbesteuerung voraussetzt, sollten die betreffenden Vorschriften nicht in einer Konkurrenz zueinanderstehen. Eine Ausnahme davon stellt die Sekundärregelung gemäß § 4k Abs. 2 Satz 2 EStG dar, die im Falle von Personengesellschaften vorrangig greifen kann.
Rz. 73
Aufwendungen. Die Vorschrift setzt das Vorliegen von Aufwendungen voraus, die sowohl im Ausland als auch in Deutschland berücksichtigt werden. Der Begriff der Aufwendungen ist mit demjenigen nach § 4k Abs. 1 EStG (vgl. Rz. 37) deckungsgleich. Für die Bestimmung der Aufwendungen ist deutsches Recht maßgeblich. Praktische Schwierigkeiten können sich dann ergeben, wenn im Ausland nicht deckungsgleiche Aufwendungen, aber andere (fiktive) Aufwendungen zum Abzug gebracht werden.
Rz. 74
Berücksichtigung in einem anderen Staat. Schädlich ist, wenn Aufwendungen in einem anderen Staat "berücksichtigt" werden. Der Wortlaut "Berücksichtigung" umfasst praktisch jedwede Berücksichtigung, und zwar unabhängig von der Höhe sowie einer Steuerfestsetzung oder -zahlung. Dazu können eine Minderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage, aber auch eine Gewährung von Freibeträgen oder Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes gehören (z.B. Tarifbegünstigung). Eine Berücksichtigung findet auch dann statt, wenn die betreffenden Aufwendungen einen Verlustvortrag erhöhen oder im Ausland im Rahmen eines negativen Progressionsvorbehalts berücksichtigt werden. Ferner ist von einer schädlichen Berücksichtigung auch dann auszugehen, wenn ein in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtiger über eine in einem Nicht-DBA-Staat belegene Betriebsstätte verfügt und die dieser Betriebsstätte zuzuordnenden Betriebsausgaben – vorbehaltlich des § 2a EStG – sowohl in Deutschland als auch im Betriebsstättenstaat steuerlich zum Abzug gebracht werden können. Gleiches gilt auch im Falle einer Anwendung des § 20 Abs. 2 AStG auf passive Betriebsstätteneinkünfte, deren Doppelbesteuerung nicht durch die Freistellungsmethode, sondern durch die Anrechnungsmethode vermieden wird. In praktischer Hinsicht wird die fehlende Bestimmtheit, was unter "Berücksichtigung" zu verstehen ist, vielfach zu Auslegungsproblemen führen. Daher sollte der Tatbestand des § 4k Abs. 4 EStG nur auf Fälle begrenzt werden, in denen die Aufwendungen im ausländischen Staat die steuerliche Bemessungsgrundlage als Betriebsausgaben oder Werbungskosten mindern. Denn nur in diesen Konstellationen ergibt sich ein Double Deduction (DD)-Ergebnis, welches durch § 4k Abs. 4 Satz 1 EStG verhindert werden soll. Strittig ist vor diesem Hintergrund auch die Frage, ob eine Berücksichtigung der Aufwendungen im Rahmen ausländischer Vorschriften über die Hinzurechnungsbesteuerung (CFC-Rules) oder von GILTI ebenfalls schädlich ist. In der Literatur wird zwar zutreffend die Auffassung vertreten, dass in diesen Konstellationen die Aufwendungen nur ausländische Einkünfte mindern, welche der Besteuerung im anderen Staat unterliegen, nicht jedoch Einkünfte aus Quellen im anderen Staat. Damit wäre die Annahme einer schädlichen Berücksichtigung in diesen Fällen nicht sachgerecht. Allerdings spricht der weit gefasste Wortlaut der Vorschrift dafür, dass auch diese Fälle den Tatbestand der schädlichen Berücksichtigung begründen können.
Rz. 75
Zahlungen eines hybriden Rechtsträgers. Im Fall eines hybriden Rechtsträgers, der vom Ansässigkeitsstaat als intransparent, im Staat der Gesellschafter jedoch als transparent behandelt wird, kann sich eine doppe...