Prof. Dr. Vassil Tcherveniachki
"Soweit nicht bereits die Voraussetzungen für die Versagung des Betriebsausgabenabzugs nach Absatz 1 vorliegen, sind Aufwendungen auch insoweit nicht als Betriebsausgaben abziehbar, als die den Aufwendungen entsprechenden Erträge auf Grund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Behandlung des Steuerpflichtigen oder auf Grund einer vom deutschen Recht abweichenden steuerlichen Beurteilung von anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 des Außensteuergesetzes in keinem Staat einer tatsächlichen Besteuerung unterliegen."
Rz. 52
Allgemeines. Mit § 4k Abs. 2 Satz 1 EStG wird Art. 9 Abs. 2 Buchst. a i.V.m. Art. 2 Abs. 9 Unterabs. 1 Buchst. e ("disregarded hybrid payments") und Buchst. f ("deemed branch payments") ATAD umgesetzt. Diese Vorschrift sieht ein Abzugsverbot für Aufwendungen im Rahmen von Leistungsbeziehungen zwischen einem hybriden Rechtsträger und seinem Anteilseigner oder zwischen Betriebsstätten eines Unternehmens (sog. Dealings) vor, soweit die korrespondierenden Erträge auf Grund einer abweichenden steuerlichen Behandlung des Rechtsträgers oder einer abweichenden Gewinnabgrenzung zwischen den Betriebsstätten keiner tatsächlichen Besteuerung unterliegen. Das Abzugsverbot greift auch im umgekehrten Fall, in dem ein im Ausland körperschaftsteuerpflichtiger Rechtsträger in Deutschland als steuertransparent (z.B. Mitunternehmerschaft) nicht selbst der (Einkommens-)Besteuerung unterliegt. § 4k Abs. 2 EStG betrifft ebenso wie § 4k Abs. 1 EStG D/NI-Inkongruenzen. Die Anwendung der Vorschrift setzt aber auch einen Qualifikationskonflikt hinsichtlich des Rechtsträgers voraus. Andere Gründe einer Nichtbesteuerung sind demnach unschädlich. Im Gegensatz zu § 4k Abs. 1 EStG sieht § 4k Abs. 2 EStG eine Beseitigung der Besteuerungsinkongruenz nur bei tatsächlicher Nichtbesteuerung vor. Eine Niedrigbesteuerung aufgrund von Steuerermäßigungen ist damit unschädlich. Allerdings kommt § 4k Abs. 2 EStG nur dann zur Anwendung, wenn ein Betriebsausgabenabzug nicht bereits nach § 4k Abs. 1 EStG versagt wird. Typische Anwendungsfälle für § 4k Abs. 2 EStG sind Konstellationen, in denen ein Steuerpflichtiger in Deutschland Aufwendungen als intransparente Körperschaft zum Abzug bringt, im Gläubigerstaat als Betriebsstätte (sog. "disregarded entity", z.B. im Rahmen eines Check-the-Box-Verfahrens nach US-Steuerrecht) behandelt wird und eine Besteuerung der mit den Aufwendungen verbundenen Erträge unterbleibt. Im Ergebnis soll die Vorschrift die Entstehung von weißen Einkünften verhindern. Ein weiterer Anwendungsfall für die Vorschrift kann beispielhaft wie folgt veranschaulicht werden:
Beispiel
Die Anteile an der in Deutschland ansässigen D-GmbH werden von der US-Corp. gehalten, die in den USA ansässig ist. Die US-Corp. hat an die D-GmbH ein Darlehen ausgereicht, auf das die D-GmbH Zinsen zahlt. Im Check-the-Box-Verfahren wird die D-GmbH als Betriebsstätte ("disregarded entity") in den USA nicht berücksichtigt. Damit erkennen die USA das Darlehen steuerlich nicht an, so dass die Zinszahlungen in den USA nicht als steuerpflichtige Erträge erfasst werden. In Deutschland kann der Zinsaufwand grundsätzlich als Betriebsausgabe von der D-GmbH in Abzug gebracht werden. Da die mit den Zinsaufwendungen korrespondierenden Erträge aufgrund des Qualifikationskonflikts hinsichtlich der D-GmbH in den USA nicht besteuert werden, greift das Abzugsverbot für die Zinsaufwendungen bei der D-GmbH nach § 4k Abs. 2 Satz 1 EStG.
Rz. 53
Aufwendungen. Anders als § 4k Abs. 1 Satz 1 EStG erfasst § 4k Abs. 2 Satz 1 EStG nicht nur Aufwendungen im Zusammenhang mit Kapitalvermögen, sondern Aufwendungen jeglicher Art, die im Inland zu abzugsfähigen Betriebsausgaben führen. Hierunter fallen u.a. Zinsaufwand, Lizenz-, Miet- und Dienstleistungsentgelte sowie fiktive Aufwendungen bei anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 2 BsGaV. Dazu gehören auch Abschreibungen. Bei den maßgeblichen Erträgen ist nicht auf einen Veräußerungserlös, sondern auf einen Veräußerungsgewinn ("Erträge") abzustellen. Ansonsten würde das Abzugsverbot gemäß § 4k Abs. 2 Satz 1 EStG überschießend wirken, wenn der Abzug von Abschreibungsaufwendungen in Höhe des Veräußerungserlöses versagt wird, obwohl der Qualifikationskonflikt dazu führen würde, dass im anderen Staat der Veräußerungsgewinn als Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und dem (in der Regel niedrigeren) Buchwert nicht besteuert wird. Die Aufwendungen sowie die korrespondierenden Erträge sind – mangels einer anderen gesetzlichen Regelung – nach deutschem Recht zu bestimmen. In der Literatur wird aber zurecht die Auffassung vertreten, dass eine Ermittlung nach ausländischem Recht sachgerechter ist, weil der nach ausländischem Recht ermittelte Ertrag aufgrund des Qualifikationskonflikts nicht der ausländischen Besteuerung unterlieg...