Prof. Dr. Jochen Lüdicke, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 175
Entfallen auf Einkünfte aus diesem Staat. Die deutsche Einkommensteuer muss auf die Einkünfte aus einem bestimmten ausländischen Staat "entfallen". Dies bedeutet, dass die ausländischen Einkünfte aus dem Staat stammen müssen, der die potenziell anrechenbare Steuer erhoben hat. Ausgeschlossen ist die Anrechnung von ausländischen Steuern, die auf sog. Drittstaateneinkünfte erhoben werden. Die aus dem Quellenstaat stammenden ausländischen Einkünfte müssen nach dem Einkommensteuergesetz steuerbar sein und dürfen nicht im Inland steuerfrei sein. Die ausländischen Einkünfte müssen außerdem nach deutschem Steuerrecht positiv sein, weil andernfalls keine deutsche Einkommensteuer auf sie entfallen kann. IdR müssen sie auch nach dem Recht des Quellenstaats positiv sein, weil dieser andernfalls keine Steuer erheben wird. Keine deutsche Einkommensteuer entfällt schließlich auf positive ausländische Einkünfte, wenn und soweit dieselben nach deutschem Steuerrecht mit anderweitigen Verlusten ausgeglichen bzw. mit anderweitigen Verlustvor- oder -rückträgen verrechnet werden. Umgekehrt schließt das Entfallen einer deutschen Einkommensteuer auf die ausländischen Einkünfte nicht aus, dass das zu versteuernde Einkommen nach § 2 Abs. 5 EStG die Bemessungsgrundlage für die deutsche tarifliche Einkommensteuer ist. Entscheidend ist allein, ob die ausländischen Einkünfte die Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer erhöht haben oder nicht. Es bedarf im Übrigen keiner Zeitraumidentität der im In- und Ausland veranlagten Einkünfte. Es ist durchaus denkbar, dass eine im Ausland für das Kalenderjahr 02 festgesetzte Einkommensteuer auf die deutsche Einkommensteuer des Jahrs 01 anzurechnen ist.
Rz. 176
"per-country-limitation". Der in § 68 a Satz 2 EStDV geregelte "per-country-limitation"-Grundsatz besagt, dass die Höchstbetragsberechnung für die Einkünfte aus jedem ausländischen Staat einzeln und getrennt durchzuführen ist. Gleichzeitig sind alle aus demselben ausländischen Staat stammenden Einkünfte mit Ausnahme der in § 34 c Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. ausgesonderten Einkünfte aus Kapitalvermögen zusammenzufassen. Dabei ist § 34 c Abs. 1 Satz 4 besonders zu beachten. Anders ausgedrückt finden jeweils "Pro-Staat-Begrenzungen" statt; jedoch werden Einkünfte verschiedener Einkunftsarten zusammengefasst, wenn sie nur aus ein und demselben Staat stammen. Im Ergebnis führt die Anwendung der "per-country-limitation" insbes. dann zu einer Einschränkung der Anrechnungsmöglichkeiten, wenn ein Ausgleich mit niedrigbesteuerten Einkünften aus anderen Ländern in Betracht käme. Es ist nicht recht verständlich, weshalb mehrere Aktivitäten in einem einzigen ausländischen Staat von der Steuerbelastung her ausgleichbar sein sollen, während sie es nicht sind, wenn die Aktivitäten sich über verschiedene ausländische Staaten erstrecken. Andere Länder ermöglichen eine "over-all-limitation", dh., sämtliche ausländische Einkünfte werden den insgesamt angefallenen ausländischen Steuern gegenübergestellt. Hierdurch können insbes. übermäßig hohe Quellensteuerbelastungen ausgeglichen werden.
Rz. 177
Wirkungsweise des "per-country-limitation"-Grundsatzes. Die Wirkungsweise der "per-country-limitation" im Gegensatz zur "over-all-limitation" soll anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden:
Beispiel
1. |
Sachverhalt |
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Der im Inland unbeschränkt stpfl. A erzielt im Jahr 01 folgende Einkünfte: |
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inländische |
100.000 EUR |
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ausländische aus dem Staat B |
40.000 EUR |
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ausländische aus dem Staat C |
120.000 EUR |
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auf diese Einkünfte entfallen folgende Steuern: |
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deutsche Einkommensteuer vor Anrechnung ausländischer Steuern |
110.000 EUR |
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Steuern aus dem Staat B |
20.000 EUR |
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Steuern aus dem Staat C |
30.000 EUR |
2. |
Höchstbetragsberechnung nach "per-country-limitation" (vereinfacht) |
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a) |
Staat B: |
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b) |
Staat C: |
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Summe |
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3. |
Höchstbetragsberechnung nach "over-all-limitation" |
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Die Höchstbetragsberechnung nach "per-country-limitation" führt damit zu dem Ergebnis, dass die Quellensteuer aus dem Staat B nur bis zum Höchstbetrag von 16.923 EUR (tatsächlich bezahlt: 20.000 EUR) und die aus dem Staat C voll (= in der tatsächlich gezahlten Höhe von 30.000 EUR) angerechnet werden. Bei einer Höchstbetragsberechnung nach "over-all-limitation" werden dagegen die ausländischen Einkünfte und die ausländischen Steuern jeweils zusammengefasst mit der Folge, dass sich der einheitliche Höchstbetrag auf 67.692 EUR beläuft und die tatsächlich nur in Höhe von 50.000 EUR gezahlten ausländischen Steuern voll angerechnet werden können.
Rz. 178
Wirkungsweise auch zugunsten des Stpfl. Im Einzelfall kann die Höchstbetragsberechnung nach "per-country-limitation" allerdings für den Stpfl. auch günstiger sein. Dies mag folgendes Beispiel verdeutlichen:
Beispiel
1. |
Sachverhalt |
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Der im Inland unbeschränkt stpfl. A erzielt im Jahr 01 folgende Einkünfte: |
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inländische |
200.000 EUR |
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ausländische aus dem Staat B |
40.000 EUR |
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au... |