Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 2
Keine zwingende Definitivbelastung. Das AStG wurde als Art. 1 des Außensteuerreformgesetzes v. 8.9.1972 in Kraft gesetzt. Das Gesetzgebungsverfahren wurde durch einen Beschluss der Bundesregierung v. 17.12.1970 über Gesetzesleitsätze eingeleitet. § 11 hatte dabei die Funktion, keine Definitivbelastung durch die Hinzurechnungsbesteuerung eintreten zu lassen, wenn die ausl. Zwischengesellschaft die von ihr erzielten Zwischeneinkünfte innerhalb von fünf Jahren ausschüttete. Entsprechende Ausschüttungen kürzten gem. § 11 Abs. 1 aF in erster Linie den Hinzurechnungsbetrag (HZB) für das Wirtschaftsjahr, in dem ausgeschüttet wurde. Ausschüttungen, die den laufenden HZB überstiegen, lösten gem. § 11 Abs. 2 eine Erstattung der ESt bzw. KSt aus, die in den vorangegangenen vier Kalenderjahren auf Hinzurechnungsbeträge der ausschüttenden Gesellschaft entfallen war.
Rz. 3
Die Körperschaftsteuer-Reform 1977 löste für das AStG einige Probleme dadurch aus, dass die Vorschriften über die Eigenkapitalgliederung auf tatsächliche Zu- und Abflüsse ausgerichtet waren, während die Hinzurechnungsbesteuerung mit fiktiven Einkünften arbeitete. Deshalb war nicht nur die vEK-mäßige Behandlung des HZB im Zufluss problematisch, sondern es hing auch die vEK-mäßige Rückabwicklung von Ausschüttungen i.S. des § 11 gewissermaßen in der Luft. Zusätzlich fehlte es an einer dem § 8 Abs. 4 KStG aF (begrenzter Verlustrücktrag) entsprechenden Vorschrift, was ebenfalls zu widersprüchlichen Ergebnissen führte. Schließlich warf die durch die vEK-Gliederung geschaffene Möglichkeit, Gewinne und Verluste auch über einen Fünfjahreszeitraum hinaus zu verrechnen, die Frage auf, ob die entsprechende zeitliche Begrenzung in § 11 Abs. 2 noch gerechtfertigt war.
Rz. 4
Durch das StÄndG 1992 v. 25.2.1992 wurde in § 11 aF ein neuer Abs. 4 angefügt, der die Anwendung des § 11 Abs. 1 aF für den Fall ausschloss, dass im HZB Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter enthalten waren und die Zwischengesellschaft Gewinnanteile ausschüttete, die an sich den HZB nach Abs. 1 zu kürzen geeignet waren. Die entsprechenden Gewinnanteile sollten gem. § 11 Abs. 4 Satz 2 aF vom Steuerinländer steuerfrei vereinnahmt werden. Damit stellte sich Satz 2 als eine Vorschrift dar, die dem Bereich des § 3 EStG zuzurechnen war und die nicht die Hinzurechnungsbesteuerung unmittelbar, sondern den Bezug von Beteiligungserträgen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG betraf. Durch § 11 Abs. 4 aF wurde der Vorrang der Besteuerung der Beteiligungserträge vor der Hinzurechnungsbesteuerung (ausnahmsweise) in sein Gegenteil verkehrt. In der Formulierungshilfe des BMF v. 5.11.1991 liest sich die Begründung der Bundesregierung für das Einfügen des § 11 Abs. 4 aF wie folgt:
"Beseitigt wird durch die Neuregelung für die Ausschüttung von 'Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter' der sonst geltende Mechanismus für die Berücksichtigung von Ausschüttungen in § 11 Abs. 1 bis 3 AStG. Sie ist auf den Normalfall abgestellt, dass die Ausschüttungen durch die Vorbelastung im Ausland einer Einmal-Besteuerung unterliegen. Da dies für Zwischeneinkünfte mit Kapitalanlagecharakter nicht gesichert ist, belässt es das Gesetz für diese Einkünfte bei der Zugriffsbesteuerung, nimmt aber die Ausschüttungen aus der deutschen Steuerpflicht heraus (§ 11 Abs. 4 AStG)."
Rz. 5
Im Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz (StMBG) v. 21.12.1993 wurde § 11 Abs. 4 Sätze 1 und 2 aF erneut geändert. Es handelte sich jedoch nur um Folgeänderungen, die durch das Anfügen des § 10 Abs. 6 Satz 3 aF notwendig wurden.