Rz. 28
Maßstab der Art. 3, 20 Abs. 3 und 19 Abs. 4 GG. In verfassungsrechtlicher Sicht ist § 4j EStG an dem in Art. 3 GG verankerten Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit einschließlich des Grundsatzes der Steuergerechtigkeit bzw. der Folgerichtigkeit sowie dem, aus dem Rechtsstaatsprinzip i.S.d. Art. 20 Abs. 3, Art. 19 Abs. 4 GG abgeleiteten, Bestimmtheitsgebot zu messen.
Rz. 29
Grundsatz der Besteuerung nach der individuellen finanziellen Leistungsfähigkeit. § 4j EStG verletzt den vom BVerfG in ständiger Rechtsprechung geforderten Grundsatz der Besteuerung nach der individuellen finanziellen Leistungsfähigkeit und das daraus abgeleitete objektive Nettoprinzip. Solcherart begründet die Regelung des § 4j EStG einen nicht gerechtfertigten Eingriff in Art. 3 Abs. 1 GG.
Rz. 30
Verstoß gegen objektives Nettoprinzip. Das objektive Nettoprinzip stellt keinen gesetzlichen Tatbestand dar, sondern ein von der Steuerrechtswissenschaft dem EStG entnommenes Grundprinzip, dessen einfachrechtliche Grundlage in § 2 Abs. 2 EStG anerkannt wird. Die verfassungsrechtliche Grundlage des objektiven Nettoprinzips wird mittelbar aus dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitet. Das objektive Nettoprinzip als tragendes Element im Gesamtsteuersystem des Steuerrechts verlangt, dass nur das (Netto-)Einkommen als Saldo aus Einnahmen und damit zusammenhängenden Ausgaben besteuert werden darf. Das in § 4j EStG normierte (Teil-)Abzugsverbot betreffend die aus der Rechteüberlassung resultierenden Aufwendungen des inländischen Lizenznehmers verstößt hiergegen.
Rz. 31
Fehlen besonders sachlicher Gründe. Die für eine derartige Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips erforderlichen besonderen sachlichen Gründe sind mit Blick auf § 4j EStG nicht gegeben. Insoweit kommen ein qualifizierter Fiskalzweck, namentlich die Verstetigung des Steueraufkommens oder die Vermeidung unkalkulierbarer Steuerausfälle, außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke sowie Vereinfachungs- und Typisierungszwecke in Betracht.
Rz. 32
Keine Lenkungs- oder Vereinfachungszwecke bzw. qualifizierter Fiskalzweck. § 4j EStG verfolgt weder Lenkungs- oder Vereinfachungszwecke noch stellt die Regelung einen qualifizierten Fiskalzweck dar. Die Regelung erfasst ausländisches Steuersubstrat im Wege einer abschöpfenden Ersatzbesteuerung. Hierdurch soll dem gesetzgeberischen Ziel, namentlich der Missbrauchsbekämpfung zur Sicherstellung einer fairen Besteuerung im Sinne einer Besteuerung am Ort der Wertschöpfung, genügt werden. Solcherart wird eine bloß fiskalische Zwecksetzung verfolgt. Davon, dass das (Teil-)Abzugsverbot betreffend Lizenzzahlungen zur Verstetigung des Steueraufkommens oder zur Vermeidung unkalkulierbarer Steuerausfälle und damit im Sinne eines qualifizierten Fiskalzwecks geboten ist, kann keine Rede sein. Die Faktenlage lässt andere Rückschlüsse zu: So rechnet die Bundesregierung lediglich mit einem jährlichen Steueraufkommen in Höhe von insgesamt 30 Mio. Euro.
Rz. 33
Keine konsequente Umsetzung der bloß fiskalischen Zwecksetzung in § 4j EStG. Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich die bloß fiskalische Zwecksetzung nicht konsequent in § 4j EStG widerspiegelt. § 4j EStG greift lediglich Lizenzzahlungen an im Ausland ansässige Unternehmen auf, die von einer präferenziell-niedrigen, nicht nexus-konformen Besteuerung von IP-Einkünften profitieren. Besteuerungsinkongruenzen können jedoch auch – indes nicht von § 4j EStG umfasst – dadurch entstehen, dass der (Lizenz-)Gläubiger in einem generellen Niedrigsteuerstaat ansässig ist, weshalb selbst unter Berücksichtigung des (weiten) Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers die Beschränkung auf nicht nexus-konforme Besteuerungsregime willkürlich ist.
Rz. 34
Überschießende Wirkung angesichts fehlender Escape Möglichkeit in § 4j Abs. 1 Satz 4 EStG. Darüber hinaus impliziert die fehlende Escape Möglichkeit im Rahmen des § 4j Abs. 1 Satz 4 EStG eine überschießende Wirkung. Sollte das ausländische Steuerregime die präferenzielle Niedrigbesteuerung nicht von ausreichender eigener Forschungs- und Entwicklungstätigkeit abhängig machen, besteht für den inländischen Lizenznehmer keine Möglichkeit nachzuweisen, dass die konkrete Geschäftstätigkeit seines (Lizenz-)Gläubigers nexus-konform ausgestaltet ist. Solcherart wird das eigentliche Ziel der Missbrauchsbekämpfung zur Sicherstellung einer fairen Besteuerung im Sinne einer Besteuerung am Ort der Wertschöpfung ad absurdum geführt.
Rz. 35
Fehlender Einfluss des inländischen Lizenznehmers auf Besteuerung des (Lizenz-)Gläubigers. Weiter ist zu berücksichtigen, dass der inländische Lizenznehmer keinen Einfluss auf die Besteuerung des (Lizenz-)Gläubigers hat. Der vom (Teil-)Abzugsverbot betroffene inländische Lizenznehmer kann also an der Sanktionierung durch § 4j EStG selbs...