Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer, Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
... Satz 1 gilt nicht für die der Gesellschaft nach § 14 zuzurechnenden Einkünfte einer Untergesellschaft, die weder Sitz noch Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens hat....
Rz. 541
Kein Gegenbeweis bei Erzielung der Einkünfte durch eine nachgelagerte Nicht-EG-/EWR-Gesellschaft. § 8 Abs. 2 Satz schließt den Gegenbeweis nach § 8 Abs. 2 Satz 1 für (und nur für!) diejenigen Einkünfte aus, die einer EG-/EWR-Gesellschaft über § 14 von einer nachgelagerten Zwischengesellschaft zugerechnet werden, die weder Sitz noch Geschäftsleitung in einem EG-/EWR-Staat hat. Dazu nachstehendes Schaubild:
Beispiel
Die § 8 Abs. 2 Satz 3 zugrunde liegende Überlegung beruht auf einem Umkehrschluss zu dem vom EuGH entschiedenen Sachverhalt in der Rechtssache "Cadbury Schweppes". Dort war die britische Cadbury Schweppes plc über eine Kette von (auch) Drittstaatengesellschaften an den irischen CSTS und CSTI beteiligt. Der EuGH hat nicht gezögert, den Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit zu eröffnen, weil er vermutlich in tatsächlicher Hinsicht eine Niederlassung der britischen Cadbury Schweppes plc in Irland angenommen hat, die lediglich rechtlich über die Drittstaatengesellschaften (vermutlich reine Briefkästen) vermittelt wurde. Umgekehrt soll nach § 8 Abs. 2 Satz 3 keine Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit vorliegen, wenn sich ein Steuerpflichtiger über eine EG-/EWR-Gesellschaft an einer Nicht-EG-/EWR-Gesellschaft beteiligt. Fallen nämlich in letzterer Gesellschaft die passiven Einkünfte an, dann hat sich der Steuerpflichtige tatsächlich in einem Staat niedergelassen, auf den sich die Niederlassungsfreiheit nicht erstreckt.
Rz. 542
Zwischenschaltung von Nicht-EG-/EWR-Gesellschaften im Übrigen unschädlich. Aus § 8 Abs. 2 Satz 3 folgt wiederum im Umkehrschluss, dass der Gesetzgeber die Auffassung des EuGH teilt, wonach eine mittelbare Beteiligung an einer EG-/EWR-Gesellschaft über eine Nicht-EG-/EWR-Gesellschaften unter den Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit fällt. Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass sich die Beteiligung an einer Gesellschaft in aller Regel nur dann als eine Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit darstellt, wenn der Anteilseigner die tatsächliche Kontrolle über die Gesellschaft ausübt. In Beispiel 1 im nachstehenden Schaubild wird die tatsächliche Kontrolle über die EG-/EWR-Gesellschaft von dem Inländer ausgeübt. Folgerichtig stellt sich das als Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit dar. Wie ist aber der in Beispiel 2 im nachstehenden Schaubild dargestellte Fall zu beurteilen? Wird die tatsächliche Kontrolle durch die Nicht-EG-/EWR-Gesellschaft ausgeübt, so ließe sich argumentieren, die Nicht-EG-/EWR-Gesellschaft (und nicht die inländische GmbH) habe sich in der EG bzw. dem EWR niedergelassen. Von der Niederlassungsfreiheit wäre ein solcher Vorgang aber nicht geschützt. Entsprechend sollte man in der Praxis sicherstellen, dass die tatsächliche Kontrolle durch den Inländer (oder eine andere EG-/EWR-Gesellschaft) nachgewiesen werden kann. In Konzernstrukturen und in durchgängig beherrschenden Beteiligungen wird das der Fall sein. Im Übrigen stellt sich die Frage, ob die inzidente Prüfung von § 8 Abs. 2 Satz 1 über den Verweis in § 14 Abs. 1 nicht ohnehin ungeachtet der Ansässigkeit der zwischengeschalteten Gesellschaft erfolgt.
Rz. 543– 550
frei