Prof. Dr. Jochen Lüdicke, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 308
Quellenstaat der Einkünfte. Nach § 34 c Abs. 3 können ausländische Steuern abgezogen werden, die ein Staat erhebt, der nach § 34 d EStG nicht als Ursprungsstaat der Einkünfte anzusehen ist (vgl. Anm. 145 ff.). Der Gesetzgeber dachte insbes. an Quellensteuern auf Liefergewinne, wobei nach § 34 d EStG der Liefergewinn regelmäßig nicht in dem Staat zu erfassen ist, in dessen Gebiet geliefert wird. Bei Liefergewinnen ist nach § 34 d EStG zu prüfen, welchem Betrieb oder welcher Betriebsstätte die Lieferung als Ursprung zuzurechnen ist. IdR führt die Prüfung zur Annahme von inländischen oder aber von Drittstaateneinkünften. Häufig besteht in dem Staat, der den Liefergewinn besteuert, nicht einmal eine Betriebsstätte. Selbst wenn dort eine Betriebsstätte besteht, muss ihr deshalb der Liefergewinn noch nicht zugerechnet werden. In allen diesen Fällen ist die ausländische Liefergewinnsteuer nach § 34 c Abs. 3 bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen. Es drohen insofern aus der Umsetzung des OECD-BEPS-Projekts deutliche Weiterungen, denkt man insbes. an die Besteuerung des – betriebsstättenlosen – Onlinehandels und die Besteuerungserwägungen zur Besteuerung von immateriellen Wirtschaftsgütern.
Rz. 309
Niemandsland. Gleiches gilt in den Fällen, in denen die Betriebsstätte nicht in einem ausländischen Staat, sondern im (steuerrechtlichen) Niemandsland besteht. Zwar deutet der Gesetzeswortlaut "aus dem" darauf hin, dass die Betriebsstätte in einem ausländischen Staat errichtet sein muss. Der Gesetzestext stellt sich aber als zu eng dar. § 34 c Abs. 3 dient dazu, in den Fällen, in denen die Anrechnung der ausländischen Steuern ausscheidet, die Stpfl. durch den Abzug der Steuern bei der Ermittlung der Einkünfte zu entlasten. Diese Grundvoraussetzung ist auch in dem hier angesprochenen Fall erfüllt, weil die erhobene ausländische Steuer nach § 34 c Abs. 1 nicht angerechnet werden kann.
Rz. 310
Nicht-Betriebsstättenstaat. Für die Anwendung des § 34 c Abs. 3 ist es unerheblich, aufgrund welcher Rechtsvorschrift die Besteuerung in einem Nicht-Betriebsstättenstaat erfolgt, da die Vorschrift nur an die tatsächliche Besteuerung anknüpft. So kann auch dann, wenn nach einem DBA zwischen dem Betriebsstättenstaat und dem Drittstaat, das anwendbar ist, weil der Betriebsstättenstaat die Betriebsstätte als abkommensberechtigte Person behandelt, und das dem Drittstaat eine Quellenbesteuerung erlaubt, diese Quellensteuer nach § 34 c Abs. 3 bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden.
Rz. 311
Ausländische Steuern auf Drittstaateneinkünfte. Die zweite Alternative des § 34 c Abs. 3 kann außerdem Anwendung finden, wenn der unbeschränkt Stpfl. Betriebsstätten in den Staaten A und B unterhält und etwa die Steuer des Staats A auch auf Einkünfte erhoben wird, die nach § 34 d EStG der Betriebsstätte im Staat B zuzurechnen sind. Auch insoweit wird die (anteilige) Steuer des Staats A auf Einkünfte erhoben, die nach den Kriterien des § 34 d EStG nicht aus diesem Staat stammen.
Rz. 312
Doppelansässigkeit. Die zweite Alternative des § 34 c Abs. 3 kann ferner in Fällen einer doppelten oder mehrfachen unbeschränkten Steuerpflicht zur Anwendung gelangen. Erfasst der andere Staat, in dem die betroffene Person ebenfalls unbeschränkt steuerpflichtig ist, auch Drittstaateneinkünfte, so wird dieser Teil der ausländischen Einkommensteuer von einem Staat erhoben, aus dem die Einkünfte nicht stammen. Demgemäß kann die anteilige Einkommensteuer, die auf die Drittstaateneinkünfte entfällt, nach § 34 c Abs. 3 bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden.
Rz. 313
Besteuerung inländischer Einkünfte im Ausland. Nach dem Wortlaut des § 34 c Abs. 3 kommt die zweite Alternative auch dann zur Anwendung, wenn ein ausländischer Staat im Rahmen seiner unbeschränkten oder beschränkten Besteuerung inländische (deutsche) Einkünfte besteuert. Auch insoweit wird die ausländische Steuer nicht in dem Staat erhoben, aus dem die Einkünfte stammen. Allerdings wird diese Fallgestaltung ausdrücklich von der dritten Alternative des § 34 c Abs. 3 erfasst, weshalb sie vorrangig dieser zuzuordnen ist (vgl. Anm. 314 ff.).