Prof. Dr. Jochen Lüdicke, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 767
Vom DBA nicht erfasste Steuern. Mit § 34 c Abs. 6 Satz 4 EStG hat der Gesetzgeber für einen weiteren Ausnahmefall, trotz Bestehen eines DBA, die entsprechende Anwendbarkeit der Abs. 1 und 2 angeordnet. Tatbestandlich setzt § 34 c Abs. 6 Satz 4 EStG voraus, dass trotz der Existenz eines DBA mit dem entsprechenden ausländischen Staat eine Steuer vom Einkommen dieses Staates vom Anwendungsbereich des DBA nicht erfasst ist, also das DBA insoweit lückenhaft ist. Dabei ist der Wortlaut der Regelung etwas unglücklich gewählt. Für die Anwendbarkeit des Satzes 4 ist nicht erforderlich, dass das DBA sich nicht auf Steuern vom Einkommen bezieht. Vielmehr ist für die Verwirklichung des § 34 c Abs. 6 Satz 4 EStG bereits ausreichend, wenn die konkret in Frage stehende Steuer vom DBA nicht erfasst wird. Ein Beispiel für eine solche Steuer, die nicht vom DBA erfasst ist, ist die australische Capital Gains Tax (s. Anm. 82). Typische Anwendungsfälle des § 34 c Abs. 6 Satz 4 EStG werden aber regelmäßig solche Steuern sein, die von einer nachgeordneten Gebietskörperschaft (bspw. Gliedstaaten, Bezirke, Städte und Gemeinden etc.) des anderen Staates erhoben werden und daher vom Anwendungsbereich des DBA nicht erfasst sind. Beispielhaft können hierfür die Einkommensteuern der Bundesstaaten bzw. der Städte und Gemeinde der USA angeführt werden, da sie vom Anwendungsbereich des DBA USA 2008 nicht erfasst sind.
Rz. 768
Vergleichbar mit deutscher Einkommensteuer. Anrechenbar ist nur eine im anderen Staat erhobene Steuer vom Einkommen. Eine solche Steuer vom Einkommen liegt vor, wenn die ausländische Steuer mit der deutschen Einkommensteuer (bzw. Körperschaftsteuer) vergleichbar ist. Dies ist der Fall, wenn es sich um eine Ertragsteuer handelt, also die Steuer auf das Einkommen oder Teile davon erhoben wird. Indiz für eine Ertragsteuer kann die Orientierung der Steuer am Prinzip der Leistungsfähigkeit sein. Die Bezeichnung der Steuer und die Art der Erhebung (Veranlagungs-, Anmelde- oder Quellensteuer) sind für die Beurteilung hingegen irrelevant. Keine mit der deutschen Einkommensteuer vergleichbare Steuer sind Verkehrs- oder Verbrauchssteuern, sowie Sozialversicherungsabgaben. Zu den Einzelheiten der Abgrenzung s. auch Anm. 140–142.
Rz. 769
Behandlung wie Steuern aus Nicht-DBA-Land. Regelungstechnisch werden ausländische Steuern, die nicht vom DBA umfasst sind, mit ausländischen Steuern aus einem Nicht-DBA-Staat gleichgestellt. Daher verweist § 34 c Abs. 6 Satz 4 EStG konsequenterweise auch – anders als Satz 2 – vollumfänglich auf die Abs. 1 und 2. Dies bedeutet, dass sich die Anrechenbarkeit der ausländischen Steuer ausschließlich nach innerstaatlichem Recht bestimmt, wobei auch § 34 c Abs. 1 Satz 1 EStG entsprechende Anwendung findet, so dass nur die festgesetzte, gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer anrechenbar ist.
Rz. 770
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