Rz. 8

[Autor/Stand] Erweiterung von Satz 1 und Neuregelung in Satz 4. Die von § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG in bestimmten Fällen (s. Rz. 1 f.) erfasste Nicht- oder Niedrigbesteuerung musste aufgrund seiner Formulierung ("wenn") für die gesamte Einkünftekategorie vorliegen. Um was es hierbei geht, lässt sich z.B. anhand von Dividenden verdeutlichen: Die minimale Besteuerung lediglich einer Dividende wäre für die Verneinung einer Nichtbesteuerung bereits ausreichend, auch wenn alle anderen Dividenden nicht besteuert werden, weil es beim Begriff der "Einkünfte" eben um die gesamte Einkünftekategorie geht. In diesem Sinne hat das im Jahr 2016 auch der BFH entschieden,[2] weshalb durch das im steuerlichen Sprachgebrauch als "BEPS-Umsetzungsgesetz" bezeichnete Gesetz v. 20.12.2016[3] in Satz 1 zur Erfassung auch von Einkunftsteilen die Formulierung von "wenn" in "soweit" geändert wurde. Interessanterweise enthielt im Gesetzgebungsverfahren zum JStG 2007 der damalige Referentenentwurf noch eine dementsprechende Formulierung,[4] die aber nicht in den Regierungsentwurf übernommen wurde.[5] Weil sich dieses Problem in vergleichbarer Weise auch bei bestimmten Vorschriften des Abkommensrechts stellt, wurde die Erfassung von Einkunftsteilen durch Satz 1 zum Anlass genommen, zugleich in einem neuen Satz 4 eine entsprechende Regelungsanordnung für DBA vorzusehen. Die Regelung enthält keinen tatbestandlichen Bezug zur Gesamtvorschrift, wirkt sich aber mittelbar auf sie aus, weil sie den Umfang einer abkommensrechtlichen Freistellung modifiziert, der für § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG der Ausgangspunkt ist. Auch wenn die Änderung von "wenn" in "soweit" – wie der gesamte Tatbestand des § 50d Abs. 9 EStG – abkommenspolitisch "unschön" ist[6] und Vorteile der Freistellungsmethode einschränkt,[7] erscheint das gesetzgeberische Anliegen hier innerhalb der Vorschrift zumindest nachvollziehbar und der durch Satz 1 und Satz 4 herbeigeführte Gleichlauf von innerstaatlicher Regelung und abkommensrechtlichen Vorschriften konsequent (zu möglichen Unterschieden s. Rz. 126). Dennoch wird die Regelung im Schrifttum vereinzelt als "unklar" und "misslungen" kritisiert.[8]

 

Rz. 9– 20

[Autor/Stand] frei

[Autor/Stand] Autor: Schönfeld/Rüsch, Stand: 01.04.2021
[2] BFH v. 21.1.2016 – I R 49/14, BStBl. II 2017, 107 Rz. 29. Dass der BFH so entscheiden würde, war absehbar, weil er für vergleichbare Abkommensregelungen ebenso entschieden hat, vgl. z.B. BFH v. 27.8.1997 – I R 127/95, BStBl. II 1998, 58 Rz. 10 zu Art. 23 Abs. 3 des (alten) DBA-Kanada 1981 (BGBl. II 801 [821]).
[3] Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen v. 20.12.2016, BGBl. I 2016, 3000 (3010 f.). In Ermangelung einer amtlichen Abkürzung werden hierfür im Schrifttum die unterschiedlichsten Kürzel benutzt (vor allem "BEPSUmsG", aber auch "Anti-BEPS-Umsetzungsgesetz", "AHRL-ÄndUmsG").
[4] Referentenentwurf v. 10.7.2006, vgl. § 50d Abs. 9 EStG Anh. 1 Rz. 2.
[5] BT-Drucks. 16/2712, vgl. § 50d Abs. 9 EStG Anh. 1 Rz. 3.
[6] Kritisch auch Wagner in Blümich, § 50d EStG Rz. 122 (Stand: Mai 2019).
[7] Kritisch hierzu Ditz/Quilitzsch, DStR 2017, 281 (290).
[8] Wagner in Blümich, § 50d EStG Rz. 122 (Stand: Mai 2019).
[Autor/Stand] Autor: Schönfeld/Rüsch, Stand: 01.04.2021

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