Prof. Dr. Jochen Lüdicke, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 158
Zahlender. Die ausländische Steuer muss zwar gezahlt sein. Es kommt allerdings nicht darauf an, ob der Stpfl. die Steuer persönlich gezahlt hat. Es reicht aus, wenn die ausländische Steuer durch einen dazu Verpflichteten abgeführt wurde. Streit besteht darüber, ob die Zahlung wirtschaftlich zulasten des Stpfl. erfolgen muss. Der Streit betrifft alle Nettoentgeltvereinbarungen. Dieselbe darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine solche Vereinbarung die Schuldnerstellung des Stpfl. nicht berührt. Er bleibt zur Anrechnung berechtigt, selbst wenn er möglicherweise den Anrechnungsvorteil an den Vergütungsschuldner herausgeben muss. Anders mag die Rechtslage zu beurteilen sein, wenn die ausländische Steuer pauschaliert vom Vergütungsschuldner erhoben wird (vgl. §§ 40 a, 40 b EStG). Auch in einem solchen Fall kann jedoch die Steuerschuldnerstellung des Stpfl. nicht generell verneint werden. Vielmehr ist auf der Grundlage des ausländischen Steuerrechts zu ermitteln, wer als Steuerschuldner anzusehen ist.
Rz. 159
Zahlung. Unter den Begriff "Zahlung" fallen alle in §§ 224, 224 a, 226, 225 Abs. 3 und § 249 AO genannten Vorgänge, soweit sie auf die Verwirklichung des Anspruchs aus einem Steuerschuldverhältnis zielen. Keine Zahlung sind der Erlass und der Eintritt der Verjährung. Wird eine Steuer gestundet, so schließt dies im Regelfall ihre Zahlung aus. Die Zahlung erfolgt regelmäßig in ausländischer Währung, weshalb ihre Umrechnung in Euro erforderlich ist. Maßgebend ist der Währungskurs im Zeitpunkt der Zahlung der ausländischen Steuer. Die Europäische Zentralbank veröffentlicht täglich sog. Euro-Referenzkurse, die steuerlich anzuerkennen sind. Aus Vereinfachungsgründen können auch die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse angesetzt werden, die monatlich im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht werden (R 34 c [1] EStR). Fiktiv anzurechnende Steuern werden nicht gezahlt. Das ist der Grund, weshalb fiktive Steuern an sich nicht anrechenbar sind. Sie können nur anrechenbar sein, wenn das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht. Dann muss das Gesetz allerdings von dem Zahlungserfordernis Abstand nehmen. Die Anrechnung fiktiver Steuern kann in einem DBA vereinbart sein. Selbst wenn das DBA auf die Regelungen des § 34 c EStG für die Anrechnung verweist, kann sich dieser Verweis nicht auf die Bewirkung einer Zahlung erstrecken. Auf den Zeitpunkt der Steuerzahlung kommt es nicht an. Es reicht aus, wenn die ausländische Steuer als Quellensteuer einbehalten und abgeführt wurde. Unschädlich ist auch, wenn die ausländische Steuer für einen anderen VZ gezahlt wurde, weil das ausländische Steuerrecht insoweit von dem deutschen abweicht.
Rz. 160
Nachträgliche Änderung der Steuerfestsetzung im Ausland (Erstattung). Wird eine Steuerfestsetzung nachträglich geändert, so darf nur die geänderte Steuerfestsetzung der Anrechnung zugrunde gelegt werden. Wird aufgrund der Änderung eine bereits gezahlte ausländische Steuer nachträglich wieder erstattet, so gilt sie als "nicht mehr gezahlt". Die Erstattung ist ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, das die ursprüngliche Zahlung rückgängig macht. Dies gilt für alle denkbaren Erstattungen. Es interessiert nicht die Rechtsgrundlage der Erstattung. Der Erstattung muss insbes. keine Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung zugrunde liegen. Es reicht eine Erstattung aus Billigkeitsgründen aus. Aus Gründen des § 153 Abs. 2 AO ist der Stpfl. gehalten, eine nachträgliche Erstattung dem zuständigen FA anzuzeigen. Wird die Erstattung in ausländischer Währung vorgenommen, so ist sie von der ursprünglichen Zahlung abzusetzen. Der Differenzbetrag ist zum Währungskurs am Zahlungsstichtag umzurechnen. Führt die nachträgliche Änderung der Steuerfestsetzung im Ausland zu einer Nachforderung, so ist auch die nachgeforderte Steuer anrechenbar, wenn sie nur auf ausländische Einkünfte erhoben wird. Die Nachforderung löst ggf. die Anwendung von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO aus. Dies gilt auch dann, wenn die Nachforderung auf einem verspätet erlassenen Erstbescheid beruht. Wird im Ausland im Jahr 05 eine ausländische Steuer für das Jahr 01 erstattet und gleichzeitig eine ausländische Steuer für das Jahr 03 nacherhoben, so können die Steuerbeträge nicht saldiert werden. Sie beziehen sich vielmehr regelmäßig auf unterschiedliche Einkünfte. Es interessiert nur deren Belastung mit ausländischen Steuern. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein Ertragsverlauf von der ausländischen Finanzverwaltung anders als vom Stpfl. gesehen wird, zB eine Aufwandsrückstellung nicht anerkannt wird. Auch und insbes. in diesen Fällen sollte der Stpfl. daran denken, dass ihn die Darlegungslast im erweiterten Umfang des § 90 Abs. 2 AO trifft.