Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer, Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
... oder
2. die ausländische Gesellschaft die Beteiligung in wirtschaftlichem Zusammenhang mit eigenen unter Absatz 1 Nr. 1 bis 6 fallenden Tätigkeiten hält ...
Rz. 652
Funktionsholding. Die Fälle des § 8 Abs. 2 Nr. 2 aF wurden kurz als "Funktionsholding" im Gegensatz zur "Landesholding" des 8 Abs. 2 Nr. 1 aF bezeichnet. Mit der ausländischen Gesellschaft war wiederum die Obergesellschaft angesprochen, die eine wesentliche Beteiligung an der Untergesellschaft seit Beginn des maßgebenden Wirtschaftsjahres halten musste. Im Gegensatz zu § 8 Abs. 2 Nr. 1 aF durfte die Obergesellschaft in dieser Alternative nicht ausschließlich Holdingfunktion ausüben. Die Obergesellschaft musste auch "aktive" Tätigkeiten iS von § 8 Abs. 1 Nr. 1–6 ausüben. Die Tätigkeit iS des § 8 Abs. 1 Nr. 1–6 konnte auch in der Beteiligung an einer entsprechend tätigen in- oder ausländischen Personengesellschaft bestehen. Eine Tätigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 7 war, soweit die Obergesellschaft daneben keine anderen aktiven Tätigkeiten ausübte, von der Vergünstigung ausgeschlossen.
Rz. 653
Anforderungen an die Obergesellschaft. Das Gesetz sagt nichts darüber, in welchem Verhältnis die Tätigkeiten aus aktivem und passivem Erwerb bei der Obergesellschaft stehen mussten oder durften. Die Formulierung "fast ausschließliche Tätigkeiten iS von § 8 Abs. 1 Nr. 1–6" bezog sich nur auf die Untergesellschaft, nicht dagegen auf die Obergesellschaft. Für letztere bestand insoweit keinerlei Begrenzung. Erforderlich war lediglich, dass die Obergesellschaft auch aktive Tätigkeiten iS von § 8 Abs. 1 Nr. 1–6 ausübte und die Beteiligung, deren Beteiligungserträge interessierten, im wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer dieser aktiven Tätigkeiten iS von § 8 Abs. 1 Nr. 1–6 stand.
Beispiel
Die Obergesellschaft O übte gleichzeitig eine produktive Tätigkeit und im Übrigen eine Holdingfunktion aus. Von den gehaltenen 10 Beteiligungen an Untergesellschaften stand eine in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der ausgeübten produktiven Tätigkeit. Die Erträge aus dieser Beteiligung führten bei der O zu Einkünften aus passivem Erwerb, wenn die Beteiligungsgesellschaft ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus aktiven Tätigkeiten iS von § 8 Abs. 1 Nr. 1–6 erzielte. Dem stand nicht entgegen, dass die Erträge aus den übrigen Beteiligungen bei der O zu Zwischeneinkünften führten. Ob § 13 aF eingriff, war im Einzelfall zu prüfen.
Rz. 654
Wirtschaftlicher Zusammenhang (allgemein). Der Begriff wirtschaftlicher Zusammenhang wurde weder vom Außensteuergesetz noch von einem anderen Steuergesetz definiert. Es handelte sich also um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung Rechtsprechung und Schrifttum vorbehalten blieb. Er fand sich jedoch in ähnlichem Zusammenhang in den § 3c, § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 1 und § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG. Außerdem wiederholte er sich in 10 Abs. 4. Zu seiner Interpretation konnte deshalb vor allem auf die Rechtsprechung und Kommentierung zum Einkommensteuergesetz zurückgegriffen werden. Dabei durfte der Begriff allerdings nicht zu eng ausgelegt werden. So war es zB von Bedeutung, dass der Gesetzgeber in § 3c EStG von "unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang" spricht, während er in § 8 Abs. 2 Nr. 2 aF nur einen "wirtschaftlichen Zusammenhang" forderte. Der Vergleich der Gesetzeswortlaute machte deutlich, dass im Rahmen von § 8 Abs. 2 Nr. 2 aF auch ein mittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang ausreichen musste. Im Ertragsteuerrecht wird der wirtschaftliche Zusammenhang durch das Veranlassungsprinzip gekennzeichnet. Es bestehen keine Bedenken, dieses Prinzip auch in dem hier interessierenden Zusammenhang anzuwenden.
Rz. 655
Zusammenhang. Zusammenhang bedeutet Verbindung. Die Verbindung musste zwischen dem Halten der Beteiligung und den Tätigkeiten der Obergesellschaft bestehen, soweit sie unter § 8 Abs. 1 Nr. 1–6 fielen. Ob die Verbindung außerdem zu anderen Tätigkeiten noch bestand, war steuerlich unerheblich. Die Verbindung musste sich andererseits auf Tätigkeiten und nicht auf den Ertrag daraus beziehen. Ein allgemeines wirtschaftliches Interesse am Halten der Beteiligung und an den Beteiligungserträgen begründete den notwendigen Zusammenhang in der Regel nicht, weil es an dem speziellen Bezug zu den Tätigkeiten fehlte. Jedoch war ein Zusammenhang immer dann zu bejahen, wenn sich von einzelnen Tätigkeiten her eine Verbindung zwischen den Gegenständen der Ober- und Untergesellschaft ergab, sei es, dass beide Gesellschaften – ggf. auch nur partiell – wirtschaftlich gleiche Ziele verfolgten oder dass sie sich in ihren Zielsetzungen ergänzten.
Rz. 656
Dauer des Zusammenhanges. Der Zusammenhang musste auf eine gewisse Dauer angelegt sein. Er musste mindestens während des Wirtschaftsjahres fortbestanden haben, in dem die ausschüttende Untergesellschaft die ausgeschütteten Beteiligungserträge als Gewinn erzielte. Bei der Prüfung des Zusammenhang...