Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
Rz. 117
Fiktive Prüfung. Für die Anwendung von § 5 Abs. 1 Satz 1 ist weiterhin erforderlich, dass die von der ausländischen Gesellschaft bezogenen Einkünfte bei der Person i.S. des § 2 bei unbeschränkter Steuerpflicht nach den §§ 7, 8 und 14 steuerpflichtig wären. Das Gesetz verlangt damit eine fiktive Prüfung der §§ 7, 8 und 14 für den Fall, dass die an der ausländischen Gesellschaft beteiligten Personen nicht solche i.S. des § 2, sondern unbeschränkt Stpfl. wären. Oder anders formuliert: Unterlägen die von der ausländischen Gesellschaft erzielten Einkünfte im Falle einer (fiktiven) unbeschränkten Steuerpflicht der Personen i.S. des § 2 bei diesen der Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7, 8 und 14? Diese Erkenntnis ist wichtig, weil zB § 8 an verschiedenen Stellen auf die Beteiligung "unbeschränkt Steuerpflichtiger" abstellt. Die Fiktion führt dazu, dass für die Prüfung der Voraussetzungen zB des § 8 die Person i.S. des § 2 fiktiv die Position des unbeschränkt Stpfl. einnimmt. Mit anderen Worten: Dort wo die §§ 7, 8 und 14 von unbeschränkt Stpfl. sprechen, wird dieser Platz (fiktiv) durch die Person i.S. des § 2 eingenommen.
Rz. 118
Dogmatische Parallele zu § 20 Abs. 2. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass § 20 Abs. 2 eine vergleichbare fiktive Steuerpflicht anordnet (vgl. § 20 Anm. 132 f.). Dort geht es lediglich darum, ob die in einer ausländischen Betriebsstätte anfallenden Einkünfte der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen würden, wenn anstelle der ausländischen Betriebsstätte (fiktiv) eine ausländische Gesellschaft stünde; in diesem Fall soll die DBA-Freistellung durch die Anrechnung ersetzt werden. Der BFH hat für diese Fiktion entschieden, dass sämtliche Voraussetzungen konsequenterweise so zu prüfen sind, als seien die Einkünfte nicht in einer ausländischen Betriebsstätte angefallen, sondern tatsächlich von einer ausländischen Gesellschaft erzielt worden. Dies ging (zutreffenderweise) sogar so weit, dass auch eine Beschränkung der EU-Grundfreiheiten bezogen auf die Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft geprüft und angenommen wurde. Eine solche Beschränkung wäre bei einer ausländischen Betriebsstätte nach der Rspr. des EuGH nicht möglich gewesen. Für die von § 5 Abs. 1 Satz 1 vorgenommene Fiktion eines unbeschränkt Stpfl. anstelle einer Person i.S. des § 2 kann dann nichts anderes gelten. Auch hier muss die Prüfung so durchgeführt werden, als sei nicht eine Person i.S. des § 2 an der ausländischen Gesellschaft beteiligt, sondern eine unbeschränkt steuerpflichtige Person. Damit muss sich ua. auch hier die EU-rechtliche Diskussion von § 5 Abs. 1 Satz 1 lösen. Es gelten vielmehr unmittelbar die vom EuGH in der Rechtssache "Cadbury Schweppes" entwickelten Grundsätze; auf die Frage, ob von § 5 Abs. 1 Satz 1 eine Beschränkung der EU-Grundfreiheiten ausgeht, kommt es nicht an (zum Verhältnis zum EU-Recht vgl. näher Anm. 74 ff.).
Rz. 119
Rechtsgrundverweisung auf §§ 7, 8 und 14. Ebenso wie der BFH zum Verweis des § 20 Abs. 2 auf die Vorschriften der Hinzurechnungsbesteuerung insgesamt entschieden hat, dass es sich nicht um eine Rechtsfolgen-, sondern um eine Rechtsgrundverweisung handelt, gilt das auch für den Verweis des § 5 Abs. 1 Satz 1 auf die §§ 7, 8 und 14. Im Kern folgt aus dem Verweis auf die §§ 7 und 8, dass die wesentlichen Tatbestandsvoraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung gegeben sein müssen, welche sind: (1) Inländerbeherrschung, (2) Passive Einkünfte, (3) Niedrigbesteuerung und (4) kein Gelingen des "Gegenbeweises" bei EU-/EWR-Gesellschaften. Über den Verweis auf § 14 wird zudem ergänzend sichergestellt, dass auch die von nachgeschalteten ausländischen Gesellschaften bezogenen Zwischeneinkünfte einbezogen werden. Im Einzelnen gilt Folgendes:
Rz. 120
Steuerpflicht nach § 7. § 5 Abs. 1 Satz 1 verlangt zunächst, dass die Person i.S. des § 2 bei unbeschränkter Steuerpflicht nach § 7 steuerpflichtig wäre. Dieser Verweis ist in technischer Hinsicht zentral, weil § 7 Abs. 1 die allgemeine Rechtsfolge der Hinzurechnungsbesteuerung enthält. Danach sind bei Vorliegen der übrigen Beteiligungsvoraussetzungen (Inländerbeherrschung einer ausländischen Gesellschaft; vgl. Anm. 114 ff.) die Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, bei jedem der unbeschränkt steuerpflichtigen Beteiligten mit dem Teil steuerpflichtig, der auf die ihm zuzurechnende Beteiligung am Nennkapital der Gesellschaft entfällt. Die Anordnung dieser Steuerpflicht ist deshalb entscheidend, weil die von § 5 Abs. 1 Satz 1 in der Rechtsfolge bewirkte Zurechnung der nicht ausländischen Einkünfte zu den Personen i.S. des § 2 genau davon abhängt. Für die Prüfung des § 7 Abs. 1 werden die Personen i.S. des § 2 lediglich (fiktiv) so behandelt, als seien sie unbeschränkt steuerpflichtig (vgl. Anm. 117 f.). Darin erschöpft sich die von § 5 Abs. 1 Satz 1 angeordnete Prüfung der Steuerpflicht nach § 7. Die die Beteiligungsvorau...