Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer, Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
Rz. 137
Funktionsnachweis. Verschafft der an der Zwischengesellschaft beteiligte unbeschränkt stpfl. Gesellschafter bzw. die ihm nahe stehende Person die Verfügungsmacht an den gehandelten Waren oder Gütern gegenüber der ausländische Gesellschaft oder umgekehrt, so wird dem Gesellschafter die objektive Beweislast bzw. die Feststellungslast dafür aufgebürdet, dass dennoch aktive Tätigkeiten i.S. von § 8 Abs. 1 Nr. 4 gegeben sind. Unter Nachweis ist ein solcher i.S. von § 90 AO zu verstehen. Danach besteht grundsätzlich eine Nachweispflicht erst auf Verlangen des FA. Das FA wird seinerseits eine Sachverhaltsaufklärung auch von Amts wegen vornehmen müssen, soweit ihm dies möglich und zumutbar ist. Nach § 90 AO erstreckt sich die Nachweispflicht des Stpfl. insbes. auf Tatsachen aus der Sphäre des Stpfl. und in dem hier interessierenden Zusammenhang vor allem auf die bestehenden Auslandsbeziehungen. Die dabei von der Rspr. entwickelten Grundsätze finden auch im Rahmen von § 8 uneingeschränkte Anwendung. § 8 erweitert die Nachweispflicht nach § 90 AO vor allem auf Tatsachen, die in der Sphäre der ausländischen Gesellschaft liegen. Abgesehen davon darf aber an die Nachweispflicht nach § 8 kein strengerer Maßstab als an die Nachweispflicht nach § 90 Abs. 2 AO gelegt werden. In der Praxis wird zB das FA einem Beweiserbieten auf Vernehmung eines ausländischen Zeugen nachkommen müssen, wenn nur auf diese Weise die Tätigkeit einer ausländischen Gesellschaft nachgewiesen werden kann. Das FA wird aber ebenso die Vorlage von Unterlagen aus dem Bereich der Gesellschaft (Bilanzen, Verträge usw.) verlangen können; auch wird in vielen Fällen eine Glaubhaftmachung durch eidesstattliche Versicherung des Stpfl. ausreichen. Wegen weiterer Einzelheiten kann auf die Kommentierung zu § 90 AO Bezug genommen werden.
Rz. 138
In kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb. Die ausländische Gesellschaft muss über einen für derartige Handelsgeschäfte in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb verfügen. Der Begriff des in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes entspricht dem entsprechenden Begriff in § 8 Abs. 1 Nr. 3, auch wenn dort nur von Betrieb die Rede ist. Zwischen einem Betrieb und einem Geschäftsbetrieb besteht der Sache nach kein Unterschied. Die Einschaltung einer Managementgesellschaft schließt die Annahme eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes der Zwischengesellschaft nicht aus.
Rz. 139
Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Der in kaufmännischer Weise eingerichtete Geschäftsbetrieb muss unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhalten werden. Die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 entspricht dem entsprechenden Begriffsmerkmal des Gewerbebetriebes i.S. des § 15 Abs. 2 EStG, weshalb weitgehend auf die Kommentierung dieser Vorschrift Bezug genommen werden kann. Die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr muss von dem Geschäftsbetrieb der ausländischen Gesellschaft ausgehen. Es genügt nicht, wenn sie über eine ihr nachgeschaltete Organgesellschaft oder über eine andere Konzerngesellschaft am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt. Allerdings ist aus dem BFH-Urt. v. 24.8.2011 zu folgern, dass die Einschaltung einer Managementgesellschaft unschädlich sein kann. Wesentlich für den Begriff der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist das Anbieten von Leistungen gegen Entgelt gegenüber der Allgemeinheit. Der Teilnehmer am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr muss als Wettbewerber jedenfalls im Innenverhältnis in einer Weise in Erscheinung treten, aus der hervorgeht, dass er das wirtschaftliche Risiko der Handelstätigkeit trägt. Dazu ist eine äußerlich erkennbare Organisation, ein Geschäftslokal usw. nicht notwendigerweise erforderlich. Es reicht aus, wenn sich die ausländische Gesellschaft zumindest im Innenverhältnis wie ein Gewerbetreibender aufführt. Diese Voraussetzungen sind auch dann gegeben, wenn Art und Umfang der Tätigkeiten Dritten erkenntlich machen, dass die ausländische Gesellschaft sich nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht, wenn auch vielleicht nur über einen bestimmten Partner oder auf eine bestimmte Weise, am allgemeinen Wirtschaftsverkehr beteiligt.
Rz. 140
Handel nur mit anderen Konzerngesellschaften. Unklarheit besteht, ob eine ausländische Konzerngesellschaft, die ihre Handelstätigkeit (ebenso Dienstleistungen) ausschließlich anderen Konzerngesellschaften anbietet, am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt. In Tz. 8.1.4.2.2 und 8.1.4.2.3 des AnwSchr. v. 14.5.2004 ist diese Frage nicht abschließend geregelt. Aus der Fassung von Tz. 8.1.4.2.3 des AnwSchr. wird man jedoch folgern müssen, dass in derartigen Fällen die Annahme einer Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist. Es kann nicht generell eine Teilnahme am allgemeine...