Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer, Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
... und dies nur insoweit, als der Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1) beachtet worden ist.
Rz. 571
Gesetzesbegründung. Selbst wenn nach den vorangestellten Ausführungen die betreffenden Einkünfte durch eine tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit erzielt werden, soll deren Zuordnung zu dieser Tätigkeit nach § 8 Abs. 2 Satz 5 Halbs. 2 gleichwohl nur insoweit möglich sein, als der Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1) beachtet worden ist. Der Gesetzgeber begründet diese Passage damit, dass dann, wenn "die Gesellschaft Leistungen gegenüber in- oder ausländischen Nahestehenden iS des § 1 Abs. 2 AStG [erbringt], die hierdurch erzielten Erträge nur insoweit zur wirtschaftlichen Tätigkeit [gehören], als bei der Vergütung dieser Leistungen der Grundsatz des Fremdverhaltens beachtet worden ist (§ 1 Abs. 1 und 3 AStG). Nur insoweit besteht Schutz auf Grund der Niederlassungsfreiheit". Diese Formulierung deutet einerseits darauf hin, dass der Gesetzgeber die Anwendung von § 1 AStG – entgegen Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung – im Verhältnis zu ausländischen Nahestehenden für möglich hält. Andererseits wird wohl übersehen, dass im Verhältnis zu inländischen Nahestehenden die Anwendung von § 1 AStG ohnehin dazu führt, nur die angemessenen Einkünfte der Hinzurechnungsbesteuerung unterwerfen zu können.
Rz. 572
Möglicherweise will der Gesetzgeber mit der Regelung aber auch nur den allgemeinen Rechtsgedanken zum Ausdruck bringen, dass der Gegenbeweis iS von § 8 Abs. 2 Satz 1 lediglich dem Fremdvergleichsgrundsatz genügenden Einkünften offen steht, also nur denjenigen Einkünften, die sich nach der Anwendung von entsprechenden Korrekturvorschriften ergeben. Der Überlegung, nur fremdübliche Einkünfte einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit zuzuordnen, dürfte dabei der Gedanke zugrunde liegen, dass fremdunübliche Einkünfte zwischen fremden Dritten tatsächlich nicht hätten erzielt werden können. Deshalb soll für den unangemessenen Teil der Vergütung der Gegenbeweis nach § 8 Abs. 2 Satz 1 versagt sein. Der dem Wort Fremdvergleichsgrundsatz nachgestellte Klammerzusatz "(§ 1)" dürfte dabei in einem allgemeinen Sinne dahin zu verstehen sein, dass bei Leistungsbeziehungen zwischen Nahestehenden iS von § 1 Abs. 2 der allgemeine Fremdvergleichsgrundsatz für Zwecke des § 8 Abs. 2 zu beachten ist. Dies schließt zB eine Korrektur nach den Regeln der verdeckten Gewinnausschüttung oder der verdeckten Einlage ein. Zu beachten ist allerdings, dass aufgrund einer § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG fehlenden Korrespondenzregelung in § 8 Abs. 1 Nr. 8 der Regelungsgehalt von § 8 Abs. 1 Satz 5 Halbs. 2 mitunter leerläufig sein kann.
Beispiel
Die deutsche D-AG ist Alleingesellschafterin der ausländischen niedrigbesteuerten Finanzierungsgesellschaft FinCo, die zumindest im Grundsatz die Voraussetzungen von § 8 Abs. 2 Satz 1 erfüllt. FinCo hält eine Beteiligung an der aktiv tätigen Gesellschaft E. Dieser gewährt sie ein unangemessen hoch verzinsliches Darlehen. Der Ansässigkeitsstaat von E nimmt daran keinen Anstoß und lässt die Zinsen vollständig zum Abzug zu. Wie sind die Zinseinkünfte bei FinCo zu behandeln?
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers des § 8 Abs. 2 Satz 5 wären die Zinsen sicherlich in einen angemessenen und einen unangemessenen Teil aufzuteilen. Nur die angemessenen Zinsen wären der tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit "Finanzierung" zuzuordnen mit der Folge, dass dafür der Gegenbeweis nach § 8 Abs. 2 Satz 1 erbracht werden kann, nicht aber für den unangemessenen Teil der Zinsen. Im Beispiel dürfte der Gegenbeweis allerdings für den unangemessenen Teil keine Bedeutung haben, weil die Zinsen bei FinCo gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 8 aktive (verdeckte) Gewinnausschüttungen darstellen. Die Aktivität in § 8 Abs. 1 Nr. 8 wird anders als die Freistellung nach § 8b Abs. 1 KStG nicht von der fehlenden Abzugsfähigkeit bei der die verdeckte Gewinnausschüttung gewährenden Gesellschaft abhängig gemacht.
Rz. 573
EG-rechtliche Bedenken. Im Schrifttum werden gegen die Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 8 Abs. 2 Satz 5 Halbs. 2 EG-rechtliche Bedenken erhoben. Man sollte damit nicht zu vorschnell sein, weil der EuGH in der Rechtssache "Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation" die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatz grundsätzlich akzeptiert hat.
Rz. 574– 600
frei