Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 51
Rechtsfolgeverweis nur auf die Anwendung der §§ 7–14. Ähnlich wie § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 betrifft auch die Nr. 2 nur die Anwendung der §§ 7–14. Während sich dies allerdings im Rahmen der Nr. 1 nur aus dem Gesamtzusammenhang ergibt, schreibt Nr. 2 dies ausdrücklich vor. Hier macht sich einmal mehr der ungenaue Gesetzesaufbau bemerkbar. Soweit die in § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 genannten Unterlagen im Einzelfall für die Anwendung der §§ 5 und 15 erforderlich sein sollte, ergibt sich eine Vorlagepflicht aus § 97 AO und hilfsweise aus § 17 Abs. 1 Satz 1.
Rz. 52
Sachdienliche Unterlagen. Der Stpfl. hat nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 auf Verlangen sachdienliche Unterlagen vorzulegen. Als Unterlagen in diesem Sinne sind sämtliche Schriftstücke zu verstehen, die Urkundencharakter haben und im konkreten Zusammenhang mit einer Besteuerungsgrundlage stehen. Mit anderen Worten müssen die in der jeweiligen Unterlage enthaltenen Angaben geeignet sein, die Ermittlung des unter die §§ 7–14 zu subsumierenden Sachverhalts zu fördern. Die Vorlage der Unterlagen kann alternativ als Beweismittel für bestimmte glaubhaft zu machende Behauptungen wie aber auch zur Offenbarung des Sachverhalts erforderlich sein. Es ist nicht Tatbestandsvoraussetzung, dass die Unterlagen speziell für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung oder auch nur der Besteuerung im Ausland erstellt worden sind. Es reicht aus, dass die Unterlagen – aus welchen Gründen auch immer – existieren. Es muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 nicht die Verpflichtung begründet, irgendwelche Bücher zu führen oder Anschreibungen bzw. Unterlagen anzulegen. Die Vorlagepflicht betrifft nur vorhandene Unterlagen.
Rz. 53
Beispielhafte Aufzählung. Das Gesetz hebt die Bilanz und die Erfolgsrechnung der ausländischen Gesellschaft aus den übrigen Unterlagen beispielhaft hervor. Daraus folgt, dass auch unter den übrigen Unterlagen vorrangig solche zu verstehen sind, die zu den Geschäftsführungsunterlagen der ausländischen Gesellschaft gehören. Im Einzelnen wird wohl typischerweise die Vorlage folgender Unterlagen in Betracht kommen:
- Gründungsurkunden und andere das Gesellschaftsverhältnis betreffende Verträge und schriftliche Abreden
- Unterlagen über Sitz und Geschäftsleitung der ausländischen Gesellschaft
- Vereinbarungen betreffend die Beteiligung am Vermögen der ausländischen Gesellschaft oder betreffend die Zurechnung von Anteilen und Stimmrechten an der ausländischen Gesellschaft
- Gewinnverteilungsvereinbarungen
- Angaben über stille (atypische) Beteiligungen und Unterbeteiligungen
- Prüfungsberichte der ausländischen Gesellschaft
- Protokolle von Gesellschafterversammlungen, soweit ihre Vorlage nach dem Beschluss des BFH GrS v. 13.2.1968 verlangt werden kann
- von der ausländischen Gesellschaft abgeschlossene Verträge, soweit sie für die Zuordnung zu aktiven Tätigkeiten und passivem Erwerb von Bedeutung sind (insbes. Verträge über Darlehnsaufnahme und -vergäbe, Verträge über Handelstätigkeiten mit unbeschränkt steuerpflichtigen Anteilseignern oder ihnen nahestehende Personen und Verträge über Dienstleistungstätigkeiten unter Mitwirken von unbeschränkt steuerpflichtigen Anteilseignern bzw. ihnen nahestehenden Personen)
- Unterlagen über Art und Weise der Geschäftsabwicklung, über abgeschlossene Anstellungs- und Arbeitsverträge, über gemietete bzw. eigene Geschäftsräume, eigenes Telefon, Bankverbindungen usw.
- Unterlagen über die den Hinzurechnungsbeträgen zugrunde liegenden Bruttoerträge
- Unterlagen über die Steuerbelastung der Einkünfte der ausländischen Gesellschaft im Staat ihres Sitzes oder ihrer Geschäftsleitung
- Unterlagen über die zu Lasten der ausländischen Gesellschaft von deren Einkünften oder Vermögen erhobenen Steuern (ausl. Steuerbescheide; Zahlungsbelege)
- Belege über die Betriebsausgaben, die mit den Zwischeneinkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen
- Unterlagen über die Veräußerung von Anteilen an ausländischen Gesellschaften
- Unterlagen über Ausschüttungen von nachgeschalteten Gesellschaften.
Rz. 54
Vorlage der gesamten Buchführung der ausländischen Gesellschaft. Diese Aufzählung kann naturgemäß nicht vollständig sein. Zu den in Anm. 53 aufgezählten sachdienlichen Unterlagen können im Einzelfall noch weitere hinzukommen. Die Frage wird häufig dahingehen, ob das FA die Vorlage der gesamten Buchführung der ausländischen Gesellschaft verlangen kann. Dabei ist zu unterscheiden, ob die Vorlage der gesamten Buchführung der Ermittlung der Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 7, 8 oder der Ermittlung der Höhe der dem Grunde nach eindeutig vorhandenen Zwischeneinkünfte dienen soll. Befindet sich das FA erst in dem Stadium, in dem es das Vorhandensein von Zwischeneinkünften dem Grunde nach tatbestandsmäßig überprüft, so dürfte das Verlangen nach Vorlage des gesamten Buchführungswerkes idR unzulässig sein. Das FA muss sein Verlangen auf die Vorlage einzelner Unterlagen beschränken, di...