Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld, Gary Rüsch
Rz. 131
Allgemeines. Wie die für § 50d Abs. 9 EStG erforderlichen Nachweise praktisch zu führen sind, wird gesetzlich nicht gesondert konkretisiert und sind daher aus den jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen abzuleiten.
Rz. 132
§ 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG. Weil für die Anwendung von § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG zunächst ein abkommensrechtlicher Qualifikationskonflikt erforderlich ist (s. Rz. 63), geht es aus Sicht des Steuerpflichtigen darum zu belegen, dass dieser nicht eingetreten ist. Ergibt sich das schon aus der abstrakten Rechtslage, führt das zu erheblichen Erleichterungen für die Nachweiserbringung, weil hierfür bereits die Vorlage der gesetzlichen Regelungen oder Verwaltungsvorschriften ausreichend ist, was zudem in den Verantwortungsbereich der Finanzbehörde fällt, die im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht auch den Inhalt des – allgemein verfügbaren – ausländischen Steuerrechts zu ermitteln hat. Der Steuerpflichtige hat im Zuge seiner erhöhten Mitwirkungspflichten (§ 90 Abs. 2 AO) zwar aufzuklären bzw. nachzuweisen, um welches ausländische Steuerrecht es geht – das sollte allerdings keine Schwierigkeiten bereiten, da es bei § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG allenfalls um zweiseitige Sachverhalte geht. Es dürfte aber ohnehin im eigenen Interesse des Steuerpflichtigen sein, die Finanzbehörde frühzeitig von der ausländischen Rechtslage zu überzeugen und die entsprechenden Informationen dafür selbst zu erbringen. Weil sich ein Qualifikationskonflikt aber nicht nur aus der abstrakten Rechtslage ergeben muss (z.B. bei einem Subsumtionskonflikt), werden zur Sachverhaltsaufklärung regelmäßig weitere Dokumente erforderlich sein, die die Finanzbehörde nicht selbständig beschaffen kann. Es erscheint dann am einfachsten, direkt die Besteuerung im anderen Staat nachzuweisen. Hierfür muss der Steuerpflichtige – infolge seiner Mitwirkungspflichten – die ihm vorliegenden Dokumente zur Verfügung stellen (z.B. eine Steuererklärung, den ausländische Steuerbescheid, eventuelle Bestätigungen der ausländischen Finanzbehörde oder des ausländischen Vertragspartners, wobei für die erforderlichen Übersetzungen § 87 Abs. 2 AO gilt). Idealerweise sorgt der Steuerpflichtige bereits im Vorfeld für entsprechende Bestätigungen über die ausländische Besteuerung (§ 90 Abs. 2 Satz 4 AO). Lässt sich die ausländische Besteuerung aus den vorhandenen Dokumenten nicht (vollständig) nachvollziehen (z.B. aufgrund von Summenpositionen im Steuerbescheid), ist die Unaufklärbarkeit der Finanzbehörde zuzurechnen (s. Rz. 130). Der Steuerpflichtige ist zudem über § 90 Abs. 2 AO nicht verpflichtet, einen Nachweis über das Nichtvorhandensein von Tatbestandsvoraussetzungen – hier die Nicht- und Niedrigbesteuerung – zu führen. Ergibt sich aus der abstrakten Rechtslage dagegen das Vorliegen eines Qualifikationskonflikts (der auch zu einer Nicht- oder Niedrigbesteuerung führt), wäre das für die Anwendung von § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG bereits ausreichend, weil es nicht um eine tatsächliche Nicht- oder Niedrigbesteuerung geht, sondern die abstrakte Möglichkeit dazu ausreichend ist und eine allgemeine Ausnahmeregelung nicht besteht. Weil das teleologisch nicht überzeugt, muss es – falls die Einkünfte doch besteuert worden sind – zur Nichtanwendung der Vorschrift kommen, wenn dem Steuerpflichtigen ein Nachweis darüber gelingt.
Rz. 133
§ 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG. Bei § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG geht es um die Steuerpflicht der Einkünfte im anderen Staat. Das ergibt sich aus der abstrakten Rechtslage, was zu erheblichen Erleichterungen für die Nachweiserbringung führt, weil hierfür bereits die Vorlage der gesetzlichen Regelungen oder Verwaltungsvorschriften ausreichend ist und zudem in den Verantwortungsbereich der Finanzbehörde fällt, die im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht auch den Inhalt des – allgemein verfügbaren – ausländischen Steuerrechts zu ermitteln hat. Der Steuerpflichtige hat im Zuge seiner erhöhten Mitwirkungspflichten (§ 90 Abs. 2 AO) aber zumindest aufzuklären bzw. nachzuweisen, um welches ausländische Steuerrecht es geht, was auch möglich ist, da es hier allenfalls um zweiseitige Sachverhalte geht.
Rz. 134
frei
Rz. 135
Verletzung der Mitwirkungspflicht durch Steuerpflichtigen. Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflicht, führt das zwar nicht zu einer Umkehr der objektiven Beweislast zu seinen Ungunsten, ist aber als eigene Tatsache durch die Finanzbehörden frei zu würdigen und reduziert in gleicher Weise das Beweismaß hinsichtlich eines aufzuklärenden, steuerbegründenden oder -erhöhenden Merkmals. Hierbei kann die Finanzbehörde also zum Nachteil des Steuerpflichtigen von einem Sachverhalt ausgehen, für den die größte Wahrscheinlichkeit spricht, was – bei der Verletzung einer verhältnismäßigen Mitwirkungspflicht – für das Vorliegen der Voraussetzungen von der jeweiligen Vorschrift spricht.