Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
(3) [1] Für die Bestimmung der Kapitalquote der inländischen Betriebsstätte, die der Berechnung ihres Dotationskapitals nach der Kapitalaufteilungsmethode dient, sind die Vermögenswerte sowohl der Betriebsstätte als auch des übrigen Unternehmens mit Werten anzusetzen, die dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen und die die Chancen und Risiken berücksichtigen.
Rz. 3211
Fremdvergleichswert. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 BsGaV ist die Kapitalquote der inländischen Betriebsstätte nach dem Verhältnis der Vermögenswerte sowie der Chancen und Risiken, die der Betriebsstätte zuzuordnen sind, zu den Vermögenswerten sowie den Chancen und Risiken des Unternehmens zu bestimmen. Um die mit den Vermögenswerten verbundenen Chancen und Risiken zu berücksichtigen, sind die Vermögenswerte mit den Fremdvergleichswerten anzusetzen. Dies gilt insbesondere deswegen, weil sich die Chancen und Risiken, die mit Vermögenswerten in unmittelbarem Zusammenhang stehen, in den Fremdvergleichspreisen der Vermögenswerte niederschlagen. Rückstellungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit einzelnen Vermögenswerten stehen (z.B. Kontaminierungsrückstellung für ein Grundstück) wirken sich unmittelbar auf die Fremdvergleichswerte der betreffenden Vermögenswerte aus. Im Übrigen beanstandet die Finanzverwaltung nicht, wenn Chancen und Risiken, die nicht einzelnen Vermögenswerten oder Geschäftsvorfällen zugeordnet werden können (z.B. Gewährleistungsrückstellungen), pauschal berücksichtigt werden. Durch die Pauschalierung soll ein unverhältnismäßiger Aufwand vermieden werden. Darüber hinaus wird dem Steuerpflichtige die Beweislast für das Bestehen von Chancen und Risiken, die weder bilanziell noch in der Hilfs- und Nebenrechnung abgebildet sind, die aber für die Ermittlung der Kapitalquote zu berücksichtigen sind (z.B. Geschäfts- und Firmenwert), auferlegt. Die Berechnung der Kapitalquote nach Maßgabe der Fremdvergleichswerte lässt sich anhand des folgenden Beispiels veranschaulichen.
Beispiel
Das Eigenkapital einer UK-Ltd. beträgt 1.200. Die Fremdvergleichspreise der bilanzierten Vermögenswerte belaufen sich auf 1.700, davon entfallen auf die inländische Betriebsstätte 500. Die Bilanz der UK-Ltd. enthält eine pauschale Gewährleistungsrückstellung i.H.v. 400; davon entfallen auf die Betriebsstätte 100. Ferner verfügt die UK-Ltd. über nicht bilanzierungsfähige immaterielle Werte i.H.v. 200; davon entfallen 100 auf die inländische Betriebsstätte.
Lösung
Das mit Fremdvergleichspreisen bewertete Eigenkapital der UK-Ltd. beträgt 1.500 (bilanzierte Vermögenswerte von 1.700 zzgl. der nicht bilanzierten Vermögenswerte von 200 abzgl. der Gewährleistungsrückstellung von 400). Davon entfallen 500 auf die inländische Betriebsstätte (bilanzierte Vermögenswerte von 500 zzgl. der nicht bilanzierten Vermögenswerte von 100 abzgl. der anteiligen Gewährleistungsrückstellung von 100).
Hieraus ergibt sich eine Kapitalquote der inländischen Betriebsstätte von 1/3 (500/1.500). Infolgedessen ist der inländischen Betriebsstätte ein Dotationskapital von 400 (1/3 v. 1.200) zuzuordnen.
Rz. 3212
Kritische Würdigung. Die vorstehende Berechnungsmethode zur Bestimmung der relevanten Kapitalquote verstößt gegen das inländische Steuerbilanzrecht, wonach der Ansatz von Fremdvergleichswerten ohne Realisierung der stillen Reserven nicht zulässig ist. Zudem hat diese Vorgehensweise zur Folge, dass das Unternehmen auf jährlicher Basis eine Bewertung von sämtlichen Vermögenswerten (d.h. sowohl der Betriebsstätte als auch des gesamten Unternehmens) vornehmen müsste. Dies wäre zum einen mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für das Unternehmen verbunden. Zum anderen ist jede Bewertung naturgemäß mit Unsicherheiten verbunden und bietet insoweit eine Angriffsfläche für die Betriebsprüfung. Schließlich ist es fraglich, ob der andere Staat die Ermittlung des Dotationskapitals nach den Fremdvergleichswerten anerkennen würde. Mithin wären trotz des erheblichen Aufwands, jährlich eine Bewertung durchzuführen und die notwendige Dokumentation zu erstellen, Doppelbesteuerungen vorprogrammiert.
Rz. 3213
Berücksichtigung von liquiden Mitteln. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind liquide Mittel bei der Berechnung der Kapitalquote nicht zu berücksichtigen. Dieser Ansicht liegt insbesondere die Überlegung zugrunde, dass liquide Mittel keinen Vermögenswert darstellen, der Gegenstand einer anzunehmenden schuldrechtliche Beziehung i.S.d. § 16 BsGaV sein kann. Infolgedessen lassen sich liquide Mittel gem. § 17 BsGaV in der Regel nicht als Vermögenswert einer Betriebsstätte zuordnen. Diese Auffassung ist nicht sachgerecht. Denn die liquiden Mittel sind sehr wohl als Vermögenswert anzusehen, der – selbst unter Anwendung des § 17 BsGaV – zu den Vermögenswerten des gesamten Unternehmens gehört. Infolgedessen sind die liquiden Mittel bei der Bestimmung der Kapitalquote – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung – einzubeziehen. Wie das nachfolgende Beispiel a...