Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 1001
"Bandbreite von Werten". § 1 Abs. 3a Satz 1 regelt, dass die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes "regelmäßig zu einer Bandbreite von Werten" führt. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll dies zum Ausdruck bringen, dass die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes "grundsätzlich nicht dazu führt, dass ein Wert ermittelt wird". Zutreffend – und unter Bezug auf Tz. 3.55 OECD-Leitlinien – stellt die Gesetzesbegründung den Bezug zur Anwendung der am besten geeigneten Verrechnungspreisemethode (§ 1 Abs. 3 Satz 5, vgl. Rz. 857 ff.) her. § 1 Abs. 3a Satz 1 betrifft deshalb eine Bandbreite, d.h. mehrere methodenspezifische Vergleichswerte, die bei Anwendung der am besten geeigneten Verrechnungspreismethode als Ergebnis der Vergleichbarkeitsanalyse (§ 1 Abs. 3 Satz 3, vgl. Rz. 680 ff.) bestimmt werden konnten und ggf. nach Vornahme sachgerechter Anpassungen (§ 1 Abs. 3 Satz 6, vgl. Rz. 876 ff.) verwendet werden, weil sie die Vergleichbarkeitsanforderungen erfüllen (s.a. Rz. 699 ff.).
Rz. 1002
Abgrenzung zu den Begriffen Verrechnungspreis und Fremdvergleichspreis. § 1 Abs. 3a Satz 1 betrifft begrifflich weder Verrechnungspreise noch eine Bandbreite von Verrechnungspreisen. Entsprechendes gilt begrifflich für Fremdvergleichspreise und eine Bandbreite von Fremdvergleichspreisen. Der Verrechnungspreis ist begrifflich der für die konkrete Lieferung oder Leistung tatsächlich angesetzte bzw. verrechnete Preis, der – im Hinblick auf § 1 Abs. 1 Satz 1– daraufhin zu beurteilen ist, ob dieser dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Der Fremdvergleichspreis, d.h. der dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechende Verrechnungspreis (§ 1 Abs. 3 Satz 1, ist durch konkrete Anwendung der am besten geeigneten Verrechnungspreismethode (§ 1 Abs. 3 Satz 5, vgl. Rz. 857 ff.) und Auswahl eines Vergleichswertes aus der i.S.v. § 1 Abs. 3a Satz 1 (vgl. Rz. 1006 f.) bzw. § 1 Abs. 3a Satz 2 (vgl. Rz. 1110 ff.) maßgeblichen Bandbreite zu ermitteln. Bei der Anwendung der Preisvergleichsmethode handelt es sich bei den mittels inneren Preisvergleichs (vgl. Rz. 734 ff.) und/oder äußeren Preisvergleichs (vgl. Rz. 737 f.) bestimmten Vergleichspreisen um "Werte" i.S.v. § 1 Abs. 3a Satz 1, bei der Preisbandbreite dieser Vergleichspreise um eine "Bandbreite von Werten" i.S.v. § 1 Abs. 3a Satz 1 sowie bei jedem Vergleichspreis innerhalb der maßgeblichen Bandbreite jeweils für sich genommen um einen (Verrechnungs-)Preis, der dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Der Gesetzgeber scheint insbesondere in der Begründung zu § 1 Abs. 3a Satz 4 von anderen Regelungen ausgegangen zu sein, wenn er "Verrechnungspreis" und "Wert" gleichbedeutend verwendet (vgl. Rz. 1029).
Rz. 1003
Preis- und Wertbandbreiten. Preisbandbreiten entstehen im Rahmen des tatsächlichen Fremdvergleichs, d.h. bei Anwendung der Preisvergleichsmethode (Rz. 731 ff.), durch die Zusammenstellung marktentstandener, also direkt am Markt beobachtbarer Preise für uneingeschränkt bzw. eingeschränkt vergleichbare Referenztransaktionen. Von Wertbandbreiten spricht man, wenn
- bei Anwendung der Kostenaufschlagsmethode (Rz. 765 ff.) der Gewinnaufschlag bzw. Mark-up,
- bei Anwendung der Wiederverkaufspreismethode (Rz. 741 ff.) die Handelsspanne bzw. Bruttomarge und
- bei Anwendung der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode (TNMM) (Rz. 808 ff.) die Nettomarge
mittels tatsächlichen Fremdvergleichs, d.h. durch äußeren oder inneren Betriebsvergleich (Rz. 693 ff.), ermittelt und jeweils mehrere Vergleichswerte abgeleitet werden (können). In diesem Fall bilden die Vergleichswerte – im Rahmen der jeweiligen Verrechnungspreismethode – eine Wertbandbreite. Die Existenz von Preis- und Wertbandbreiten ist als Realität der Verrechnungspreispraxis anerkannt. Die OECD-Leitlinien gehen in Tz. 3.55 sogar vom Regelfall aus. So wird ausgeführt: "Da jedoch die Verrechnungspreisgestaltung keine exakte Wissenschaft ist, wird es auch viele Situationen geben, bei denen die Anwendung der besten geeigneten Methode bzw. Methoden eine Bandbreite von Werten ergibt, von denen alle relativ gleich zuverlässig sind".
Dieses entspricht der gesetzlichen Regelung des § 1 Abs. 3a Satz 1 (vgl. Rz. 1001). Ebenso entspricht es der allgemeinen Auffassung sowie der Rechtsprechung des BFH, dass es den "richtigen Verrechnungspreis " im Sinne eines mathematisch exakt fixierbaren Werts nicht geben, sondern allenfalls eine Bandbreite angemessener Preise bestimmt werden kann. Die Finanzverwaltung hat überdies bereits (weit) vor der gesetzlichen Regelung in § 1 Abs. 3a Satz 1 (sowie zuvor § 1 Abs. 3 Satz 1 a.F.) sowohl in den VWG 1983 als auch in den VWG-Verfahren Preis- und Wertbandbreiten ausdrücklich anerkannt.
Preis- und Wertbandbreiten (Fremdvergleichsbandbreiten, "arm's-length range") werden schließlich auch international überwiegend akzeptiert.
Rz. 1004
"Alte" Zinsurteile zur Zinsmargenteilung. Nach den "alten" sog. Zinsurteilen des BFH waren die banküblic...