Dr. Nils Häck, Dr. Julian Böhmer
Rz. 57.5
Rückkehrregelung in Drittstaatenfällen. § 21 UmwStG 1995 kennt selbst keine dem § 6 Abs. 3 a.F./n.F. (Rückkehrregelung) entsprechende Vorschrift, nach der bei vorübergehender Abwesenheit des Steuerpflichtigen die Wegzugsteuer rückwirkend entfallen kann. § 27 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a UmwStG i.d.F. des JStG 2022 wie auch die Vorgängerregelung verweisen für "Altfälle" ebenfalls nicht ausdrücklich auf § 6 Abs. 3 a.F. oder § 6 Abs. 3 i.d.F. des ATADUmsG. In Drittstaatensachverhalten (zu EU-/EWR-Fällen s. Rz. 57.6) lässt daher eine Rückkehr insoweit die durch § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwStG 1995 entstandene Steuer nach h.M. nicht rückwirkend entfallen. Hiervon geht auch die Gesetzesbegründung zum JStG 2022 zu § 27 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b UmwStG n.F. aus. Es ist daher fraglich, ob für eine analoge Anwendung von § 6 Abs. 3 a.F. oder § 6 Abs. 3 i.d.F. des ATADUmsG eine entsprechende Regelungslücke angenommen werden kann. Jedenfalls um gleichheitsrechtliche Bedenken von vornherein auszuräumen, ist die Anwendung von § 6 Abs. 3 Satz 1 bis 3 a.F. analog für Altfälle zu befürworten. Es wäre auch schlicht nicht verständlich, weshalb Anteile i.S.v. § 17 EStG und solche i.S.v. § 21 Abs. 1 UmwStG 1995 nicht insoweit gleichbehandelt würden. Für "Neufälle" mit Drittstaatenbezug kommt nun über § 27 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b UmwStG n.F. ausdrücklich auch die Rückkehrregelung des § 6 Abs. 3 n.F. in Betracht (s. Rz. 58.3).
Rz. 57.6
Rückkehrregelung in EU-/EWR-Fällen. Ist der Besteuerungsanspruch gemäß § 27 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a UmwStG i.V.m. § 6 Abs. 5 a.F. gestundet, findet § 6 Abs. 3 Satz 4 AStG a.F. auch ohne ausdrückliche Bezugnahme in § 27 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a UmwStG Anwendung, da § 6 Abs. 3 Satz 4 AStG a.F. einleitend sämtliche Fälle anspricht, in denen "der Steueranspruch nach Abs. 5 gestundet ist". Dies muss auch für die Fälle gelten, in denen die Stundung nach § 6 Abs. 5 a.F. auf einer gesetzlich angeordneten Anwendung (hier über § 27 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a UmwStG) beruht. Die Gesetzesbegründung zu § 27 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b UmwStG n.F. führt aus, dass "[m]it der Anwendung der One-Fits-All-Lösung [...] insbesondere die Ausweitung der Rückkehrregelung für einbringungsgeborene Anteile auf Drittstaaten-Sachverhalte einher[geht]." Dies lässt sich im Umkehrschluss nur so verstehen, dass der Gesetzgeber selbst davon ausgeht, dass in Altfällen unter Inanspruchnahme der Stundung nach § 6 Abs. 5 a.F. (EU-/EWR-Fälle) auch für Inhaber von alt-einbringungsgeborenen Anteilen i.S.v. § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 die Rückkehrregel des § 6 Abs. 3 Satz 4 a.F. auch ohne deren ausdrückliche Nennung in § 27 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a UmwStG zur Verfügung steht. Ob bei einem rückwirkenden Entfall des Steueranspruchs die Anteile dennoch aufgrund der ursprünglichen Entstrickung ihren Status als"einbringungsgeboren"i.S.v. § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 verlieren und diese nach Rückkehr als Anteile i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG zu qualifizieren sind, wird überwiegend bejaht, ist aber nicht zweifelsfrei. Da die stillen Reserven in den Anteilen letztlich nicht unter dem Regime des § 21 Abs. 1 UmwStG a.F. steuerpflichtig aufgedeckt wurden, sondern "wiederverstrickt" werden, lässt sich ebenso gut begründen, dass die Anteile wieder in ihren ursprünglichen Steuerstatus als einbringungsgeboren i.S.v. § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG a.F. zurückkehren. Geht man bei einer Rückkehr davon aus, dass der Steueranspruch nicht rückwirkend entfällt, sondern trotz Wiederverstrickung der stillen Reserven bestehen bleibt und die Einkommensteuer weiter nach § 27 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a i.V.m. § 6 Abs. 5 a.F. gestundet bleibt, findet bei einem erneuten Wegzug – da bei dieser Betrachtung die Anteile ihren Status als "einbringungsgeboren" verloren haben – § 6 Anwendung. Fand bei dem erneuten Wegzug noch § 6 a.F. Anwendung, lag darin aber keine für die Stundung schädliche "Veräußerung" i.S.v. § 6 Abs. 5 Satz 4 Nr. 1 a.F. und bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns i.S.v. § 17 Abs. 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 wäre als Anschaffungskosten der gemeine Wert der Anteile bei der erstmaligen Entstrickung zugrunde zu legen. Erfolgte der erneute Wegzug erst nach dem 1.1.2022 unter Anwendung von § 6 n.F., ergibt sich im Ergebnis nichts anderes.