Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
(2) [1] Wird im globalen Handel mit Finanzinstrumenten die unternehmerische Risikoübernahmefunktion in verschiedenen Bankbetriebsstätten ausgeübt und lässt sich eine eindeutige Zuordnung von einzelnen Finanzinstrumenten nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand durchführen, so sind die aus den Finanzinstrumenten steuerlich realisierten und nichtrealisierten Ergebnisse auf die Bankbetriebsstätten, die am globalen Handel beteiligt sind, nach einem sachgerechten Aufteilungsschlüssel aufzuteilen. [2] Werden die Chancen und Risiken aus den Finanzinstrumenten für die Ermittlung des Dotationskapitals nach den §§ 20 und 21 entsprechend Satz 1 anteilig berücksichtigt, so können die Finanzinstrumente abweichend von Satz 1 zugeordnet werden, wenn
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1. dies in der Hilfs- und Nebenrechnung nach § 3 ausgewiesen wird und |
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2. die Ergebnisse der Bankbetriebsstätten, die am globalen Handel teilnehmen, nicht beeinflusst werden. |
Rz. 3453
Trading & Day-to-day-Risk-Management-Funktion. Im globalen Handel mit Finanzinstrumenten stellt die sog. Trading & Day-to-day-Risk-Management-Funktion regelmäßig die unternehmerische Risikoübernahmefunktion dar. Mithin lässt sich die Zuordnung des Ergebnisses aus dem globalen Handel mit Finanzinstrumenten anhand des folgenden Beispiels veranschaulichen.
Beispiel
Die Deutsche Handelsbank AG unterhält eine in den Niederlanden belegene Betriebsstätte. Gegenstand der Deutschen Handelsbank AG ist der kurzfristige Handel mit Wertpapieren und Finanzinstrumenten aller Art. Die im Trading der Betriebsstätte tätigen Mitarbeiter sind weitestgehend selbständig, d.h. im Rahmen der in täglichen Telefonkonferenzen festgelegten institutsweiten Handelspolitik und solchermaßen geformten Erwartungen und Zielen sind sie allein für die Bewertung von Markt-, Währungs- und anderen Risiken sowie die Entscheidung über den Abschluss von Handelstransaktionen und deren Bedingungen verantwortlich (sog. Trading & Day-to-day-Risk-Management-Funktion). Typischerweise werden alle solchermaßen eingegangenen Positionen börsentäglich wieder glattgestellt. Die Geschäftsleitungsbetriebsstätte stellt die Infrastruktur für die Trader bereit, pflegt die Kundenbeziehungen, stellt das erforderliche Kapital bereit und übernimmt wesentliche Support-, Back-Office- und Middle-Office-Tätigkeiten.
Lösung
Die im kurzfristigen Handel durch Mitarbeiter der in den Niederlanden belegenen Betriebsstätte eingegangenen Positionen bzw. die daraus resultierenden Einkünfte sind der niederländischen Betriebsstätte zuzuordnen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Betriebsstätte die insoweit ausschlagegebende Trading & Day-to-day-Risk-Management-Funktion ausübt, während die Geschäftsleitungsbetriebsstätte eher unterstützende und verwaltende Funktionen übernimmt.
Rz. 3454
Aufteilung der Ergebnisse. Abweichend vom vorstehend dargestellten Grundsatz, dass (auch) nach § 19 BsGaV eine anteilige Zuordnung von Vermögenswerten nicht zulässig ist (Anm. 3405 ff.), sind indes nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BsGaV die aus Finanzinstrumenten (realisierten wie nicht realisierten; s. hierzu § 5 Abs. 1a EStG i.V.m. § 254 HGB bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 2b EStG) Ergebnisse nach einem sachgerechten Aufteilungsschlüssel auf die involvierten Bankbetriebsstätten aufzuteilen. Voraussetzung hierfür ist, dass die jeweilige unternehmerische Risikoübernahmefunktion von mehreren Bankbetriebsstätten ausgeübt wird und eine eindeutige Zuordnung nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand durchführbar ist. Dies ist nach Auffassung der Finanzverwaltung typischerweise der Fall, wenn die unternehmerischen Risikoübernahmefunktionen bezogen auf verschiedene Finanzinstrumente über ein globales Buch in mehreren Bankbetriebsstätten ausgeübt werden. Als Aufteilungsschlüssel schlägt die OECD die Entlohnung des Personals vor, welches die Personalfunktionen für das Finanzinstrument erbringt.
Rz. 3455
Abweichung von der anteiligen Aufteilung. Nach § 22 Abs. 2 Satz 2 BsGaV können die Finanzinstrumente auch – sofern dies bei der Bestimmung des Dotationskapitals entsprechend berücksichtigt wird – abweichend von der nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BsGaV vorgenommenen anteiligen Aufteilung der Ergebnisse erfasst, d.h. gebucht werden. Bedingung hierfür ist, dass dies in der Hilfs- und Nebenrechnung ausgewiesen wird und ohne Einfluss auf das Ergebnis der betreffenden Bankbetriebsstätten bleibt. Diese Ausnahmeregelung soll Konstellationen Rechnung tragen, in denen sämtliche globale oder regionale Buchungen zentral durch eine Bankbetriebsstätte durchgeführt werden. Dies kann folglich auch für Zwecke der Betriebsstättengewinnabgrenzung beibehalten werden, sofern es dokumentiert wird und den betroffenen Betriebsstätten letztlich das "zutreffende" Ergebnis zugewiesen wird.