Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
a) Allgemeines
... erst dann genau bezeichnet, ...
Rz. 65
Rechtsfolgenerweiterung gegenüber § 160 AO. Bereits in Rz. 55 wurde auf die Bezugnahme von § 16 auf § 160 AO hingewiesen. Die Worte "so ist erst dann genau bezeichnet" machen deutlich, dass die Bezugnahme i.S. einer Rechtsfolgenerweiterung zu verstehen ist. Während es nach § 160 AO ausreicht, wenn der Steuerpflichtige den Namen und die Anschrift des Gläubigers bzw. Empfängers richtig und vollständig angibt, verlangt § 16 Abs. 1 die Erfüllung weitergehender Offenlegungspflichten. Dies entspricht der Grundkonzeption von § 16, der als Vorschrift zur Vermeidung von Vermögens- und Gewinnverlagerungen ins Ausland zu verstehen ist. Die Erweiterung der Offenlegungspflichten drückt das Gesetz unnötigerweise in der Form einer Fiktion aus. § 16 spricht davon, dass der Gläubiger bzw. Empfänger abweichend von § 160 AO erst dann als genau bezeichnet gilt, wenn auch sämtliche Geschäftsbeziehungen zu dem ausländischen Geschäftspartner offengelegt worden sind.
Rz. 66
Erfordernis der Personenidentität zwischen dem ausländischen Geschäftspartner und dem Gläubiger bzw. Empfänger. Es ist unklar, ob der Gesetzgeber bei der Abfassung von § 16 an die Möglichkeit gedacht hat, dass zwischen dem ausländischen Geschäftspartner und dem Gläubiger bzw. Empfänger nicht notwendigerweise Personenidentität bestehen muss. Der als Fiktion formulierte Gesetzeswortlaut spricht dafür, dass § 16 die Offenlegungspflichten nur dem Umfang nach erweitern sollte. Während § 160 AO nur die Bezeichnung von Name und Adresse des Gläubigers bzw. Empfängers verlangt, erfasst § 16 auch die Darlegung aller übrigen Geschäftsbeziehungen. Unter diesem Gesichtspunkt könnte man daran denken, § 16 nur anzuwenden, wenn zwischen dem ausländischen Geschäftspartner und dem Gläubiger bzw. Empfänger Personenidentität besteht. Eine solche Auffassung würde jedoch der Zielsetzung von § 16 nicht gerecht. Wenn diese Bestimmung als im Vorfeld des § 1 gelegen anzusehen ist (vgl. Rz. 15), dann muss sie auf alle Fälle mit Geschäftsbeziehungen zum unwesentlich besteuernden Ausland angewendet werden, in denen die Gefahr von Gewinnverlagerungen besteht. In der Fiktion des § 16 liegt deshalb nicht nur eine Ausdehnung der Offenlegungspflichten dem sachlichen Umfang, sondern ebenso der Person nach, über die Auskunft zu erteilen ist. Fallen deshalb ausländischer Geschäftspartner und Gläubiger bzw. Empfänger auseinander, so müssen nach § 160 AO die Person des Gläubigers bzw. Empfängers und nach § 16 die Person des ausländischen Geschäftspartners und alle zu ihr bestehenden Geschäftsbeziehungen offengelegt werden, wenn sie im niedrig besteuerten Ausland ansässig sind. Soweit dagegen Gläubiger bzw. Empfänger in Deutschland ansässig sind, besteht keine Gefahr der Steuerverlagerung ins Ausland, so dass die Norm insoweit richtigerweise keine Anwendung findet.
Rz. 67
Der Begriff "genau bezeichnen" ist innerhalb des § 160 AO dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechend i.S. von "Auskunft erteilen" zu verstehen. Innerhalb des § 16 bedarf der Begriff keiner weiteren Erläuterung, weil es sich hier nur um eine Fiktion handelt, die ihrerseits an das Offenlegen von Geschäftsbeziehungen anknüpft. Die Frage, wie und wann der Steuerpflichtige seinen Offenlegungspflichten i.S. von § 16 nachzukommen hat, ist deshalb im Zusammenhang mit dem Begriff "offenlegen" zu erörtern. Sowohl § 16 als auch § 160 AO begründen jedoch nur eine umfassende Verpflichtung zur Auskunftserteilung und keine solche zur Erstellung irgendeiner Dokumentation. Entsprechend müssen zwar alle existenten Beweismittel vorgelegt werden. Über die Aufzeichnungen i.S. des §§ 140 ff. AO hinaus müssen jedoch keine Dokumentationen erstellt werden. Soweit der BFH von Beweisvorsorge spricht, versteht er darunter nur die rechtzeitige Beschaffung existenter Beweismittel, nicht aber deren Herstellung.
b) Begriff der Beziehungen des Steuerpflichtigen
..., wenn der Steuerpflichtige alle Beziehungen ...
Rz. 68
Der Steuerpflichtige hat auf Verlangen des FA alle Beziehungen offenzulegen, die unmittelbar oder mittelbar zwischen ihm und der ausländischen Gesellschaft, Person oder Personengesellschaft bestehen oder bestanden haben. Da § 16 von allen Beziehungen spricht, lässt der Wortlaut eine Einschränkung nicht zu. Folglich geht es nicht nur um Angaben zur Person des Gläubigers oder Empfängers. Vielmehr müssen alle Umstände mitgeteilt werden, die für die steuerliche Beurteilung der Beziehung von Bedeutung sein können. § 16 spricht im Gegensatz zu § 1 nicht von Geschäftsbeziehungen, sondern von Beziehungen schlechthin. Der Begriff "Beziehungen" ist gegenüber dem der "Geschäftsbeziehungen" weiter. Unter Beziehungen fallen sowohl Geschäftsbeziehungen als auch gesellschaftsrechtliche, familiäre und sonstige außergeschäftliche Beziehungen. Dazu können auch Beziehungen zu Personen gehören, die wirtschaftlich hinter dem Geschäftspartner oder diesem nahest...