Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
a) Vorüberlegungen
Rz. 699
Eignung der Vergleichsobjekte und Identität. Ausgangspunkt aller Überlegungen zur Ermittlung geeigneter Vergleichsobjekte muss die Erkenntnis sein, dass zwei voneinander unabhängige Geschäftsvorfälle nur unter der Prämisse des vollkommenen Marktes als absolut deckungsgleich zu qualifizieren sind und nur dann zwingend zu einem gleichen Ergebnis (Preis) führen, das außerdem als mathematisch exakt und ökonomisch als objektiv richtig zu werten ist. Aufgrund der Unvollkommenheit der Märkte, der unendlichen Vielgestaltigkeit autonomer unternehmerischer Verhaltensweisen und verschiedenster ökonomischer Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren ist jedoch ein exaktes Ergebnis i.S. einer mathematisch genau fixierbaren Größe in aller Regel nicht denkbar. So betont Tz. 1.13 OECD-Leitlinien zu Recht, dass die Verrechnungspreisgestaltung keine exakte Wissenschaft sein kann, sondern zwangsläufig mit gewissen Unsicherheitsfaktoren behaftet sein muss. Ferner unterstreicht Tz. 3.55 OECD-Leitlinien, dass die Anwendung des Fremdvergleichs stets nur auf eine Annäherung der Vergleichbarkeitsfaktoren gerichtet sein kann. Im Übrigen kann es auch nach Einschätzung des BFH den einen, "richtigen" Verrechnungspreis nicht geben, sondern lediglich eine "Bandbreite" von Preisen ermittelt werden. Dies entspricht zudem der Auffassung des deutschen Gesetzgebers und der Finanzverwaltung.
Rz. 700
Vergleichbarkeit setzt im Unterschied zur Identität nicht voraus, dass die zu vergleichenden Verhältnisse absolut deckungsgleich sind; dennoch ist eine annähernde Gleichheit durch Übereinstimmung der Vergleichsobjekte in ihren wesentlichen Merkmalen erforderlich. Allerdings hat die Verrechnungspreispraxis – insbesondere im Rahmen der Datenbankanalyse – gezeigt, dass an das Kriterium der Vergleichbarkeit mangels Vergleichsmerkmalen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen. So ist es in praxi i.d.R. nicht unproblematisch, geeignete Vergleichsunternehmen und Vergleichstransaktionen zu ermitteln. Vor diesem Hintergrund hat es sich als sinnvoll erwiesen, die Vergleichsfaktoren auf die wesentlichen preis- und gewinndeterminierenden Faktoren zu reduzieren. Dazu gehören insbesondere neben den von den Konzerneinheiten ausgeübten Funktionen die von ihnen getragenen Risiken sowie die von ihnen eingesetzten Produktionsmittel.
b) OECD-Leitlinien
Rz. 701
Relativ gleiche Zuverlässigkeit/verhältnismäßig gleicher Vergleichbarkeitsgrad. Die OECD-Leitlinien stellen zunächst fest, dass es viele Situationen geben wird, bei denen die Anwendung der am besten geeigneten Methode bzw. Methoden eine Bandbreite von Werten ergibt, von denen alle relativ gleich zuverlässig sind. Allerdings können erhebliche Abweichungen zwischen den Punkten innerhalb dieser Fremdvergleichsbandbreite nach Auffassung der OECD darauf hindeuten, dass die für die Bestimmung dieser Punkte verwendeten Daten nicht so zuverlässig sind wie solche Daten, die für andere Punkte innerhalb der Bandbreite herangezogen wurden. Ebenso kann sich die Abweichung aus Vergleichsdaten erklären, die eine Anpassung erfordern. In diesen Fällen empfehlen die OECD-Leitlinien eine weitergehende Analyse der Werte dieser Bandbreite daraufhin, inwieweit sie überhaupt als Vergleichswerte für eine Fremdvergleichsbandbreite geeignet sind. Insofern kommen sowohl die Nichtberücksichtigung bestimmter Werte, ggf. die Vornahme von Vergleichbarkeitsanpassungen als auch die unveränderte Berücksichtigung für die Fremdvergleichsbandbreite in Betracht. Den OECD-Leitlinien kann nicht entnommen werden, dass erhebliche Abweichungen zwischen einzelnen Werten der Bandbreite die fehlende Vergleichbarkeit (Vergleichbarkeitsdefizite) und/oder Zuverlässigkeit indizieren. Lediglich ihre ungeprüfte Einbeziehung in die Bandbreite sollte den Grundsätzen der OECD-Leitlinien nicht entsprechen. Insofern sind auch die Ausführungen in Tz. 3.63 der OECD-Leitlinien von Bedeutung, wonach extreme Werte nicht allein deshalb ausgeschlossen werden können, weil sie in auffälliger Weise von anderen Vergleichswerten abweichen. Ohne konkrete Anhaltspunkte für bestehende Vergleichbarkeitsdefizite sind auch extreme Vergleichswerte zu berücksichtigen. Die OECD-Leitlinien nennen in diesem Zusammenhang verlustbringende Geschäftsvorfälle bzw. defizitäre Unternehmen, die im Hinblick auf ihre Einbeziehung in die Vergleichbarkeitsanalyse einer weitergehenden Überprüfung daraufhin zu unterziehen sind, ob sie den Vergleichbarkeitsanforderungen konkret genügen. Ausdrücklich lehnen die OECD-Leitlinien einen Ausschluss nur aufgrund der Verlustentstehung ab, wobei Gleiches auch für Vergleichswerte gilt, die ungewöhnlich hohe Gewinne ausweisen. Bei relativ gleichem Grad von Vergleichbarkeit und Zuverlässigkeit der Vergleichswerte sehen die OECD-Leitlinien keine Einengung der Wert- oder Preisbandbreite vor. Die konkreten Anforderungen an den Grad der Vergleichbark...