Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
... gemäß § 95 der Abgabenordnung eine Versicherung an Eides Statt abzugeben.
Rz. 98
Bezüglich des Verfahrens bei der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verweist § 16 Abs. 2 in vollem Umfange auf § 95 AO. Es gilt insbesondere § 95 Abs. 3 AO. Deshalb sind die Tatsachen, deren Richtigkeit und Vollständigkeit der Steuerpflichtige an Eides Statt versichern soll, mindestens eine Woche vor Abgabe der Versicherung schriftlich festzustellen und dem Steuerpflichtigen mitzuteilen. Der Steuerpflichtige kann auf die Einhaltung der Frist verzichten. Er hat jedoch die Pflicht, die Richtigkeit seiner Angaben an Hand ihm zugänglicher Informationsquellen und Unterlagen zu überprüfen. Die eidesstattliche Versicherung ist mündlich abzugeben. Über die Abgabe ist eine Niederschrift von einem Protokollführer zu fertigen. Die Niederschrift ist dem Steuerpflichtigen nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vorzulegen und von ihm zu unterschreiben. Wird die Unterschrift verweigert, so ist dies zu vermerken. Die fehlende Unterschrift steht der Rechtswirksamkeit der eidesstattlichen Versicherung nicht entgegen. Zuständig für die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung ist der Vorsteher oder im Verhinderungsfall sein Vertreter im Amt. Wegen der Eidesformel vgl. Rz. 91 und 93.
Rz. 99
Folgen der Abgabe oder Nichtabgabe der Versicherung. Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zielt darauf ab, eine bis dahin nicht bewiesene Tatsache glaubhaft zu machen. Aus diesem Grunde muss das FA nach Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung die so bekräftigte Behauptung als glaubhaft gemacht ansehen, wenn der Steuerpflichtige das an Eides Statt versichert, was von ihm verlangt wird. Dieser Grundsatz gilt insbesondere für die Behauptung des Steuerpflichtigen, dass ihm weitere Tatsachen nicht bekannt sind. Das FA kann nicht mit der bloßen Vermutung, der Steuerpflichtige habe seine Auslandsbeziehungen nicht vollständig offengelegt, von dem Abzugsverbot nach § 16 Abs. 1 Gebrauch machen, nachdem der Steuerpflichtige das Gegenteil an Eides Statt versichert hat, es sei denn, es bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die abgegebene eidesstattliche Versicherung falsch ist. Dem Steuerpflichtigen kann in diesem Fall auch kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass er seine Behauptungen nicht in anderer Weise glaubhaft machen konnte. Auf der anderen Seite besteht selbstverständlich auch die Möglichkeit, dass sich aus der eidesstattlichen Versicherung neue Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit ergeben. Solche Umstände sind bei Beurteilung der Frage zu berücksichtigen, ob der Steuerpflichtige seine Auslandsbeziehungen richtig und vollständig offengelegt hat. Ebenso ist denkbar, dass nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung neue Tatsachen bekannt werden, die außerhalb der Versicherung liegen, jedoch deren Richtigkeit oder Vollständigkeit berühren. Diese neuen Tatsachen sind zu berücksichtigen. In entsprechenden Fällen hat das FA letztlich unter Abwägung aller Umstände darüber zu befinden, ob der Steuerpflichtige alle Beziehungen vollständig und richtig offengelegt hat oder nicht. Die Entscheidung stellt keine Ermessensentscheidung dar und unterliegt in vollem Umfang der richterlichen Nachprüfbarkeit.
Rz. 100
Wird die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verweigert, so wird das FA i.d.R. den erforderlichen Nachweis als nicht erbracht ansehen. Zu beachten ist allerdings auch in diesen Fällen, ob nicht der notwendige Nachweis schon durch andere Beweismittel erbracht ist oder erbracht werden kann. Ist dies der Fall, so war das Verlangen nach Abgabe einer eidesstattlichen Versicherungggf. rechtswidrig, weshalb die nachteiligen Folgen des § 16 Abs. 1 nicht eintreten können. Eine entsprechende Beurteilung ist insbesondere dann möglich, wenn der Steuerpflichtigen die Abgabe der Versicherung allein mit der Begründung verweigert, das entsprechende Verlangen sei nicht rechtmäßig.
Rz. 101
Verhältnis zwischen § 16 Abs. 2 und § 90 Abs. 2 AO. Hat der Steuerpflichtige die von ihm verlangte eidesstattliche Versicherung abgegeben und sind nach den allgemeinen Grundsätzen seine Angaben als vollständig und richtig anzusehen, so stellt sich die Frage, ob das FA den Abzug von Schulden, Betriebsausgaben oder anderen Abzugsbeträgen mit der Begründung verweigern kann, der Steuerpflichtige habe sich nicht rechtzeitig auf seine Mitwirkungspflichten i.S. von § 90 Abs. 2 AO eingerichtet und nur deshalb sei ihm ein anderweitiger Nachweis nicht möglich. Ein solches Vorgehen wäre unzulässig. § 90 Abs. 2 AO begründet zwar Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen; die Bestimmung schreibt ihm aber kein bestimmtes Verhalten vor. § 16 Abs. 2 ist dagegen in die Vorschriften einzuordnen, die die zulässigen Beweisführungsmittel zum Gegenstand haben. Aus diesem Grunde kann der Steuerpflichtige den ihm nach § 90 Abs. 2 AO obliegenden Nachweis auch mit Hilfe einer eidesstattlichen Versicherung erbringen. Umgekehrt ist es denk...