Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 722
Plan-Ist-Abweichungen und Jahresendanpassungen. In der Verrechnungspreispraxis werden die Verrechnungspreise für gleichartige Lieferungen und Leistungen üblicherweise im Rahmen des jährlichen Budgetprozesses auf Planbasis bestimmt und unterjährig abgerechnet. Entsprechend dem Ex-ante-Ansatz erfolgt die Preissetzung mithin im Vorhinein auf Basis der zum Zeitpunkt der Budgetierung vorhandenen Informationen. Dies entspricht – wie im Verhältnis zu unverbundenen Transaktionspartnern – ordnungsmäßiger Preiskalkulation und führt im Ergebnis zu einer für das Budgetjahr geltenden Preisliste. In Abhängigkeit von der konkreten Verrechnungspreismethode, die für die Bestimmung der Verrechnungspreise der betreffenden Lieferungen oder Leistungen angewandt wurde, geht die Anwendung von Planzahlen mit Mengen-, Preis- oder Kostenabweichungsrisiken einher, die sich aufgrund des Prognosecharakters zugunsten der einen Vertragspartei und – vice versa – zulasten der anderen Vertragspartei auswirken können. Im Rahmen der Kostenaufschlagsmethode betrifft dies etwa die Abweichung der Plan- von den Istkosten, wobei die Plankosten und das Gewinnelement auf Basis der Planmengen durch die vorkalkulierten Verrechnungspreise abgedeckt werden. Gleiches gilt bei Anwendung der Wiederverkaufspreismethode, wenn die Handelsspanne unter Anwendung der Kostenaufschlagsmethode bestimmt wird, wobei sowohl die Kostenerstattungskomponente als auch das Gewinnelement auf Planbasis kalkuliert werden (vgl. Rz. 752 ff.). Was die Bestimmung des Gewinnelements anbelangt, kommen sowohl eine umsatzabhängige Gewinnkomponente als auch eine kostenabhängige Gewinnkomponente in Betracht. Ersteres entspricht im Ergebnis der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode. Letzteres kommt im Verhältnis zu Routinevertriebsgesellschaften in Dauerverlustsituationen zur Anwendung, um sicherzustellen, dass das Routineunternehmen einen geringen, aber stabilen Gewinn erwirtschaftet, d.h. insbesondere von Verlusten freigestellt wird.
Um sicherzustellen, dass die Funktions- und Risikoverteilung auf Basis der konkreten Verbunddisposition durch die Verrechnungspreisbestimmung abgebildet wird, werden vertraglich regelmäßig Vereinbarungen getroffen, nach denen entweder die Preisbestimmung generell auf Basis von Istkosten und Istmengen erfolgt oder aber Plan-Ist-Abweichungen innerhalb einer bestimmten Bandbreite (z.B. 10 %-Korridor) zugunsten wie zulasten der jeweiligen Vertragspartei gehen und außerhalb dieser Bandbreite zu entsprechenden Anpassungen auf Basis der Istzahlen führen. Ist vertraglich die Verrechnungspreisbestimmung auf Basis von Ist-Zahlen vereinbart, trägt im Rahmen der Kostenaufschlagsmethode der konzerninterne Dienstleister oder Lieferant und im Rahmen der Wiederverkaufspreismethode der konzerninterne Abnehmer keine Mengen- oder Preisrisiken. De facto erhält er eine Gewinngarantie von seinem konzerninternen Transaktionspartner. In diesen Fällen werden die Verrechnungspreise – vertragsgemäß – erst bei Kenntnis der entsprechenden Istkosten, -mengen und -absatzpreise endgültig festgelegt, wobei der für die betreffende Verrechnungspreismethode relevante Finanzindikator (Gewinnaufschlagssatz i.R. der Kostenaufschlagsmethode, Provisionssatz bei umsatzabhängiger Kalkulation des Gewinnelements i.R. der Wiederverkaufspreismethode) im Vorhinein bestimmt wurde. Die unterjährigen Abrechnungen haben bei dieser Vorgehensweise Vorauszahlungscharakter. Entsprechendes gilt in Fällen, in denen eine Abrechnung auf Istbasis bei Plan-Ist-Abweichungen außerhalb einer bestimmen Bandbreite vereinbart ist und entsprechende Abweichungen eintreten. Da Plan-Ist-Abweichungen innerhalb der vereinbarten Bandbreite von Plan-Ist-Abweichungen zugunsten wie zulasten des konzerninternen Dienstleisters oder Lieferanten im Rahmen der Kostenaufschlagsmethode bzw. des konzerninternen Abnehmers im Rahmen der Wiederverkaufspreismethode gehen, trägt dieser ein begrenztes Mengen- und Preisrisiko.
Sowohl die Risikofreistellung als auch die Risikobegrenzung kommen im Zusammenhang mit sog. Routineunternehmen zur Anwendung, die ex definitione nur geringe Risiken tragen und im gewöhnlichen Geschäftsverlauf keine Verluste, sondern regelmäßig geringe, aber relativ stabile Gewinne erzielen.
Bei Anwendung der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode wird regelmäßig eine im Vorhinein auf Basis einer Vergleichbarkeitsanalyse bestimmte Nettomarge fest vereinbart und der Preiskalkulation im Rahmen des Budgetprozesses zugrunde gelegt. Abweichungen der Plankosten, -mengen und -absatzpreise von den entsprechenden Istgrößen können zu Abweichungen der tatsächlichen von der angestrebten Nettomarge führen, was entsprechende Anpassungen notwendig macht (Rz. 837 ff.).
Rz. 723
Nachträgliche Preisanpassungen nach den VWG VP. Nach Rz. 3.41 der VWG VP 2023 sollten die tatsächliche Entwicklung der zugrundeliegenden Plandaten und Renditekennziffern unterjährig, d.h. nicht nur – wie in der Verrechnun...