Dr. Nils Häck, Dr. Julian Böhmer
Rz. 428
Erb- oder Pflichtteilsverzicht gegen Anteilsübertragung (§ 2046 BGB). Sowohl der Erbverzicht (§ 2046 Abs. 1 BGB) als auch der Pflichtteilsverzicht (§ 2046 Abs. 2 BGB) gegen Abfindung in Form der Übertragung von Kapitalgesellschaftsanteilen beinhalten hinsichtlich des Verzichts sowie der Anteilsübertragung zivilrechtlich keine Zuwendungen von Todes wegen, sondern Rechtsgeschäfte unter Lebenden. Erbschaftsteuerrechtlich ist entsprechend von einer Schenkung unter Lebenden auszugehen (§ 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG). Es handelt sich ertragsteuerrechtlich trotz des im Gegenzug erklärten Erb- oder Pflichteilverzichts um einen "unentgeltlichen" Vorgang. Im Rahmen des § 6 Abs. 1 kommt bei einer Anteilsübertragung auf einen nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Verzichtenden § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 zur Anwendung.
Rz. 429
Schenkungsversprechen von Todes wegen (§ 2301 BGB). Der Erblasser kann ein unentgeltliches Rechtsgeschäft unter die Bedingung stellen, dass der Beschenkte den Erblasser überlebt (Schenkungsversprechen von Todes wegen, § 2301 BGB). Ist das Versprechen erst nach dem Tod des Erblassers zu erfüllen, sind zivilrechtlich die Vorschriften über die Verfügungen von Todes wegen anzuwenden (§ 2301 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bei einem Vollzug der Schenkung zu Lebzeiten des Erblassers finden hingegen die Vorschriften über Schenkungen unter Lebenden Anwendung (§ 2301 Abs. 2 BGB). § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 behandelt beide Fälle grds. als "Erwerb von Todes wegen", was bei bestimmten Konstellationen i.R.d. § 6 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 6 Bedeutung erlangen kann. Anteilsübertragungen aufgrund Schenkungsversprechen von Todes wegen durch einen Inlandsansässigen auf einen nicht unbeschränkt Steuerpflichtigen lösen Wegzugsteuer gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 aus. Der Begünstigte ist insoweit Rechtsnachfolger des Erblassers in die Anteile. Die Steuer nach Abs. 1 schuldet der Erblasser, die Steuerschuld geht mit dem Erbfall zivilrechtlich (§ 1922 BGB) und steuerrechtlich (§ 45 AO) auf die Erben (nicht den begünstigten Anteilserwerber) über. Insoweit wird der Begünstigte kaum Anreize haben, die Wegzugsteuer entfallen zu lassen, zumal ihm bei einem Verkauf unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 3 (dazu Rz. 558) ein Step-Up der Anschaffungskosten gewährt wird. Der Erblasser sollte daher nach Möglichkeit in seinen Verfügungen dem Begünstigten die potentielle Wegzugsbesteuerung aufbürden.
Rz. 430
Auflage zur Anteilsübertragung. Der Erblasser kann testamentarisch bspw. seinem oder seinen Erben auferlegen, zum Nachlass gehörende Kapitalgesellschaftsanteile an einen Dritten, der hierdurch (anders als der Vermächtnisnehmer, § 2174 BGB) aber keinen Erfüllungsanspruch erwirbt, zu übertragen (§ 1940 BGB). Die Auflage ist keine Zuwendung von Todes wegen, wie sich aus § 2192 BGB im Umkehrschluss ergibt. Überträgt der im Inland ansässige Erbe die Anteile entsprechend der Auflage auf einen nicht unbeschränkt Steuerpflichtigen, ist § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 einschlägig. Hat der Erbfall bereits Wegzugsteuer i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ausgelöst, ist die Auflagenerfüllung nach hier vertretener Ansicht als "unentgeltliche Übertragung von Todes wegen" i.S.v. § 6 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 6 zu qualifizieren. Nach der hier vertretenen erbschaftssteuerrechtlichen Gleichstellung mit dem "Erwerb von Todes wegen" i.S.v. § 3 ErbStG, ist die Auflagenvollziehung als Erwerb von Todes wegen zu qualifizieren (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG). Im Übrigen erscheint für Zwecke des § 6 eine Gleichbehandlung wie in Vermächtnisfällen sachgerecht.