Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 391
Nach § 8 Nr. 10 GewStG werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb i. S.d. § 7 S. 1 GewStG Gewinnminderungen wieder hinzugerechnet, die
- durch Ansatz des niedrigeren Teilwerts des Anteils an einer Körperschaft oder
- durch Veräußerung oder Entnahme des Anteils an einer Körperschaft oder bei Auflösung oder Herabsetzung des Kapitals der Körperschaft
entstanden sind, soweit der Ansatz des niedrigeren Teilwerts oder die sonstige Gewinnminderung auf Gewinnausschüttungen der Körperschaft zurückzuführen ist und auf die Gewinnausschüttungen § 9 Nr. 2a, 7 oder 8 GewStG angewendet wird. Gleiches gilt, wenn die Gewinnminderungen auf organschaftliche Gewinnabführungen der Körperschaft zurückzuführen sind. Die Hinzurechnung erfolgt nur, soweit die genannten Gewinnminderungen bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt wurden.
Rz. 392
§ 8 Nr. 10 GewStG betrifft zum einen die Hinzurechnung ausschüttungsbedingter Gewinnminderungen im Rahmen eines gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs und zum anderen die Hinzurechnung abführungsbedingter Gewinnminderungen im Rahmen einer Organschaft. Andere Gewinnminderungen sind nicht hinzuzurechnen. Die Regelung ergänzt § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG sowie § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG.
Der inl. Gewerbetreibende A hält im Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens eine Beteiligung von 30 % an der inl. X-GmbH. A erhält eine Gewinnausschüttung i. H. v. 40.000 EUR. Er nimmt in gleicher Höhe eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung auf die Beteiligung vor.
Die Gewinnausschüttung ist nach § 3 Nr. 40d EStG i. H. v. 24.000 EUR Teil des Gewerbeertrags nach § 7 S. 1 GewStG. In Höhe von 24.000 EUR erfolgt eine Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG. Der Gewerbeertrag i. S. d. § 7 S. 1 GewStG beträgt damit insoweit 0 EUR. Die Teilwertabschreibung ist nach § 3c Abs. 2 EStG i. H. v. 24.000 EUR Teil des Gewerbeertrags nach § 7 S. 1 GewStG. In Höhe von 24.000 EUR erfolgt eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 10 GewStG. Der Gewerbeertrag i. S. d. § 7 S. 1 GewStG beträgt damit auch insoweit 0 EUR.
Wäre A körperschaftsteuerpflichtig, würde – mit den entsprechenden Auswirkungen auf den Gewerbeertrag – für die Gewinnausschüttung § 8b Abs. 1 KStG und für die Teilwertabschreibung § 8b Abs. 3 S. 3 KStG gelten.
Rz. 393
Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags wird der Gewinn aus Gewerbebetrieb nach § 9 Nr. 2a, 7 und 8 GewStG um Gewinnausschüttungen aus Schachtelbeteiligungen an bestimmten inl. und ausl. Körperschaften gekürzt. Als Folge der Gewinnausschüttung mindert sich der Wert der Anteile. Sich daraus – z. B. aufgrund einer Teilwertabschreibung – ergebende Gewinnminderungen wirken sich über die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 10 GewStG nicht auf den Gewerbeertrag aus, soweit sie auf Gewinnausschüttungen beruhen, die aufgrund des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs den Gewerbeertrag nicht erhöhen. Hierdurch soll eine doppelte Begünstigung durch die Steuerfreiheit der Ausschüttungen einerseits und durch die Steuerminderung infolge der ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung andererseits ausgeschlossen werden. § 8 Nr. 10 GewStG dient also der Vermeidung einer Doppelentlastung.
Rz. 394
Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 10 GewStG erfasst auch Gewinnminderungen, die auf organschaftliche Gewinnabführungen zurückzuführen sind. Hierdurch soll die Erfolgsneutralität der Gewinnabführungen im Organkreis sichergestellt werden. Dabei erfolgt die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 10 GewStG bereits bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des Gewerbebetriebs, dessen Gewinn durch die gewinnabführungsbedingte Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der Organgesellschaft, durch die Veräußerung oder Entnahme der Beteiligung oder durch die Auflösung oder Kapitalherabsetzung der Organgesellschaft gemindert worden ist.
Rz. 395
Vor dem Hintergrund des erforderlichen Kausalzusammenhangs zwischen Gewinnausschüttung bzw. -abführung und Gewinnminderung bestehen keine Bedenken gegen die Tatbestandsbestimmtheit von § 8 Nr. 10 GewStG und damit gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung. Der gesetzliche Tatbestand ist hinsichtlich des Erfordernisses der Kausalität eindeutig gefasst. Insoweit eventuell bestehende Schwierigkeiten bei der Sachverhaltsermittlung führen nicht zur Verfassungswidrigkeit der Norm.