Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen
Rz. 44
Außer den juristischen Personen des privaten Rechts nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 KStG, bei denen das Körperschaftsteuerrecht akzessorisch dem Zivilrecht folgt, werden nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG auch Rechtsgebilde ohne Rechtsfähigkeit der KSt unterworfen. Insoweit löst sich das Steuerrecht in §§ 1 und 3 KStG vom Zivilrecht und geht über die zivilrechtliche Rechtsfähigkeit hinaus, um Lücken bei den Steuersubjekten zu vermeiden. Bei Vereinen ohne Rechtspersönlichkeit, nicht rechtsfähigen Anstalten, Stiftungen und anderen Zweckvermögen des privaten Rechts muss neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Annahme der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht als weitere Voraussetzung hinzukommen, dass ihr Einkommen weder nach dem KStG noch nach dem EStG unmittelbar bei einem anderen Stpfl. zu versteuern ist.
Rz. 45
Die Begriffe des nichtrechtsfähigen Vereins in § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG und in § 54 BGB sind identisch. Durch das MoPeG sind seit 2024 nicht eingetragene Vereine und Vereine, die nicht durch staatliche Verleihung Rechtspersönlichkeit erlangt haben, rechtsfähige Personenzusammenschlüsse ohne Rechtspersönlichkeit (§ 54 BGB). Daher wurde der Begriff des nicht rechtsfähigen Vereins in Abs. 1 Nr. 5 in "Vereine ohne Rechtspersönlichkeit" geändert, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung verbunden ist. Ein Verein ohne Rechtspersönlichkeit ist eine Vereinigung ohne Rechtsfähigkeit, zu der sich Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammenschließen und einer organisierten Willensbildung unterwerfen. Dies setzt voraus, dass dieser Zusammenschluss körperschaftlich organisiert ist, eine von den Mitgliedern getrennte Vermögenssphäre besitzt und eigene Organe hat, daher handlungsfähig ist. Der Unterschied zum rechtsfähigen Verein liegt allein im Fehlen der Eintragung ins Vereinsregister. Wegen der Abgrenzung des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird auf die Erläuterungen zu § 3 Rz. 19ff. verwiesen. Vereine ohne Rechtspersönlichkeit können kleine Privatvereine sein, aber auch die Gewerkschaften sind traditionell als Vereine ohne Rechtspersönlichkeit organisiert. Auch bei Vereinen ohne Rechtspersönlichkeit bleiben für die Ermittlung des Einkommens Beiträge, die aufgrund der Satzung von den Mitgliedern lediglich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder erhoben werden, außer Ansatz (§ 8 Abs. 5 KStG; § 8 KStG Rz. 563ff.).
Rz. 46
Körperschaftsteuersubjekte sind auch rechtlich unselbstständige Zweckvermögen. Die Rechtsprechung nimmt keine konstitutive Unterscheidung zwischen Zweckvermögen und Vermögensmasse an. Voraussetzung ist, dass es sich um ein selbstständiges, einem bestimmten Zweck dienendes Sondervermögen handelt, das aus dem Vermögen des Widmenden ausgeschieden ist und aus dem eigene Einkünfte fließen. Dieses Vermögen muss in einer Weise zweckgebunden sein, dass eine einseitige Aufhebung der Zweckwidmung durch den das Vermögen Widmenden oder einen anderen formalen Eigentümer nicht mehr möglich ist. Außerdem muss das Zweckvermögen Handlungsfähigkeit in dem Sinne besitzen, dass Organe bestellt sind, die mit rechtlicher Wirkung für das Zweckvermögen handeln können. Fehlt der Vermögensmasse eine eigene Rechtsfähigkeit, ist sie nur dann körperschaftsteuerpflichtig, wenn sie wenigstens wirtschaftliche Selbständigkeit besitzt.
Das Sondervermögen muss wirtschaftliche Selbstständigkeit besitzen. Das ist nicht der Fall, wenn der Widmende das Vermögen nur aus seinem sonstigen Vermögen aussondert, aber Eigentümer bleibt. Wirtschaftliche Selbstständigkeit ist dagegen gegeben, wenn das Vermögen auf einen Treuhänder übertragen wird und bei diesem ein Sondervermögen bildet und das Treuhandvermögen im Interesse der Bezugsberechtigten, nicht des Treugebers, gehalten wird. Wird das Treuhandvermögen im Interesse des Treugebers gehalten, sind die Einkünfte dem Treugeber zuzurechnen; nur wenn das Treuhandverhältnis im Interesse der Bezugsberechtigten besteht (insbes. der Treugeber sich des Verfügungsrechts endgültig entäußert hat), kann eine Zurechnung der Einkünfte zu dem Sondervermögen erfolgen. Ein nach luxemburgischem Recht errichteter Fonds für gemeinsame Anlagen (fonds commun de placement) in der Ausgestaltung eines spezialisierten Anlagefonds (fonds d'investissement spécialisé) kann als Zweckvermögen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG zu qualifizieren sein und mit seinen inländischen Einkünften der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegen.
Rz. 47
Die häufigste Erscheinungsform der nichtrechtsfähigen Zweckvermögen ist die nichtrechtsfähige (= unselbstständige) Stiftung. Dabei kann es sich um eine inländische Stiftung oder um einen (ausl.) Trust handeln. Bei der nichtrechtsfähigen Stiftung bzw. dem Trust wird, um die diese fehlende Handlungsfähigkeit zu erreichen, das Stiftungsvermögen einem Treuhänder (Trustee) übertragen, der es entspr. dem Stiftungszweck einsetzt. Das Stiftungsvermögen, obwoh...