Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 105
Eine Körperschaft kann nur Organträger sein, wenn sie nicht nach § 5 Abs. 1 KStG oder anderen Vorschriften subjektiv von der KSt befreit ist. Als Steuerbefreiungen außerhalb des § 5 KStG kommen § 30 Abs. 1 InvStG für Spezial-Investmentfonds, die von der Transparenzoption Gebrauch gemacht haben, und § 16 Abs. 1 REITG für REITs in Betracht. Das Gesetz stellt nur auf die Befreiung von der KSt ab, nicht darauf, ob auch eine Befreiung von der GewSt besteht. § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG verweist uneingeschränkt auf die §§ 14ff. KStG, ohne eine Ausnahme für Befreiungen von der GewSt vorzusehen. Das bedeutet, dass eine Körperschaft Organträger sein kann, wenn sie zwar nicht von der KSt, wohl aber von der GewSt befreit ist. Das Organeinkommen würde in einem solchen Fall der GewSt entzogen. Zwar sind die Steuerbefreiungen des § 3 GewStG parallel zu denen in § 5 KStG geregelt. Es gibt jedoch Befreiungen von der GewSt, die kein Gegenstück bei der KSt haben, z. B. für Unternehmensbeteiligungsgesellschaften nach § 3 Nr. 23 GewStG und für Kapitalbeteiligungsgesellschaften nach § 3 Nr. 24 GewStG.
Rz. 105a
Die Voraussetzung, dass die Körperschaft nicht von der KSt befreit sein darf, soll sicherstellen, dass das Einkommen der Organgesellschaft tatsächlich der KSt auf der Ebene des Organträgers unterworfen wird. Diesem Zweck entsprechend ist die Vorschrift so auszulegen, dass als Organträger nur solche Rechtsträger ungeeignet sind, die insgesamt nicht stpfl. sind. Besteht dagegen partielle KSt-Pflicht, wie z. B. bei gemeinnützigen Körperschaften hinsichtlich eines stpfl. wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, ist die Körperschaft grundsätzlich als Organträger geeignet. Solange das Organeinkommen in diesen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eingeht, die Beteiligung an der Organgesellschaft also zum Betriebsvermögen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gehört, wird es der Besteuerung nicht entzogen. Soweit die Organschaft in Bezug auf einen stpfl. wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb besteht, ist daher trotz der im Übrigen bestehenden Steuerfreiheit eine Organschaft möglich. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb muss aber ab Vz 2012 zusätzlich die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4–7 KStG erfüllen. Das bedeutet, dass er eine Betriebsstätte i. S. d. § 12 AO unterhalten muss, dass dieser Betriebsstätte die Beteiligung an der Organgesellschaft zuzurechnen sein muss und dass die dieser Betriebsstätte zuzuordnenden Einkünfte einschließlich des Organeinkommens der deutschen Besteuerung unterliegen müssen. Diese Regelung konkretisiert die Voraussetzung, dass die Körperschaft nicht von der KSt befreit sein darf. Es reicht daher aus, dass die Körperschaft mit dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der inl. Besteuerung unterliegt und insoweit keine Steuerbefreiung besteht. Keine Organschaft kann entsprechend bestehen, wenn die Beteiligung an der Organgesellschaft zum Bereich der steuerbefreiten Vermögensverwaltung des Gesellschafters gehört. Diese Grundsätze gelten auch für EU- oder EWR-Körperschaften, die nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG von der KSt befreit sind, soweit sie steuerbegünstigte Ziele i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG verfolgen.
Rz. 106
Soweit einzelne Vermögensmehrungen sachlich von der Steuer befreit sind, kann der Stpfl. Organträger sein.
Rz. 107
Aus dem Sinn der Vorschrift, dass eine steuerbefreite Körperschaft nicht Organträger sein kann, folgt, dass eine Organschaft nur bestehen kann, wenn die Körperschaft, zumindest mit dem Bereich, zu dem die Organschaft besteht (wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb), voll stpfl. ist. Soweit daher die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 2 KStG eingeschränkt ist, genügt dies nicht, der Körperschaft die Fähigkeit, Organträger zu sein, zu verschaffen. Der Steuerabzug, der nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 KStG von der Steuerbefreiung ausgenommen ist, kann nicht sicherstellen, dass das Einkommen der Organgesellschaft in einem dem Gesetz entsprechenden Umfang bei einem solchen Organträger der KSt unterliegt. Die organschaftliche Einkommenszurechnung unterliegt nicht der KapESt. Wenn das zugerechnete Einkommen bei dem Organträger an der Steuerfreiheit teilnehmen würde, bliebe es steuerfrei, solange es nicht ausgeschüttet wird. Entsprechendes gilt für § 5 Abs. 2 Nr. 3 KStG. Die Stpfl. nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 und 3 KStG genügt also nicht, um die Fähigkeit, Organträger sein zu können, zu begründen.