Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 27
Da für eine GmbH als Organgesellschaft keine gesetzliche Verpflichtung zur Verlustübernahme besteht, muss der Ergebnisabführungsvertrag nach § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG eine Verlustübernahmeklausel entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG enthalten. Zwar wird in der handelsrechtlichen Literatur die Ansicht vertreten, dass die Verlustübernahmeverpflichtung auch bei der GmbH ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung gilt. Jedoch muss sich der Gesetzgeber hierauf nicht verlassen, wenn er eine bestimmte Regelung durchsetzen möchte; auch eine herrschende Meinung kann sich ändern. § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG verlangt durch eine insoweit eindeutige Formulierung, dass die Verlustübernahme vereinbart ist. Diese Vereinbarung kann nicht durch einen Verweis auf die h. M. in der handelsrechtlichen Literatur ersetzt werden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass Gesellschaften ausl. Rechtsformen Organgesellschaften sein können, wenn sie ihre Geschäftsleitung im Inland, ihren Sitz aber im EU- oder EWR-Ausland haben. Diese Gesellschaften unterliegen einem ausl. Gesellschaftsstatut und damit u. U. nicht dem deutschen GmbH-Konzernrecht. Der Gesetzgeber war daher nicht gehindert, die vertragliche Verlustübernahmeverpflichtung zur Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung eines Ergebnisabführungsvertrags zu machen.
Rz. 28
Dem entspricht § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG. Im Übrigen ist der Gesetzeswortlaut eindeutig; die Auslegung, die Hahn dem Begriff "vereinbart" als "vom Willen der Beteiligten umfasst" geben will, ist vom Wortsinn des Gesetzes nicht gedeckt. Die "Vereinbarung" ist der vom Willen der Vertragsparteien getragene Ergebnisabführungsvertrag, der schriftlich abzufassen und in das Handelsregister einzutragen ist; "vereinbart" ist danach nur das, was in diesem schriftlichen Vertrag enthalten ist. Nebenabreden oder -vorstellungen der Parteien, die nicht im Vertragstext enthalten sind und daher nicht in das Handelsregister eingetragen werden, sind ungültig. Gründe für eine einschränkende Interpretation sind nach den obigen Ausführungen nicht gegeben.
Rz. 29
Die Verlustübernahmeverpflichtung muss im Ergebnisabführungsvertrag selbst enthalten sein. Ein gleichzeitig mit dem Abschluss des Ergebnisabführungsvertrags, aber unabhängig hiervon gefasster Übernahmebeschluss der herrschenden Gesellschaft bzw. deren Gesellschafter genügt nicht. Eine spätere Änderung des Vertrags zur Einbeziehung des § 302 AktG ist als Neuabschluss des Vertrags zu beurteilen und gilt erst ab diesem Zeitpunkt bzw. ab der Eintragung der Änderung in das Handelsregister. Die Vereinbarung der Anwendung des § 302 AktG unterliegt auch den Voraussetzungen des § 14 KStG. Das bedeutet, dass diese Vereinbarung auf mindestens 5 Jahre fest abgeschlossen und während ihrer gesamten Geltungsdauer tatsächlich durchgeführt werden muss. Die Vereinbarung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung in das Handelsregister; diese Eintragung muss bis zum Ende des Wirtschaftsjahrs, für das die Organschaft erstmals gelten soll, erfolgt sein.
Rz. 29a
Für die Vereinbarung der Verlustausgleichsverpflichtung ist es auch schädlich, wenn vereinbart ist, dass ein Verlust der Organgesellschaft durch Auflösung von vorvertraglichen Kapital- oder Gewinnrücklagen ausgeglichen werden kann. Damit wird gegen den Zweck der Verlustausgleichsverpflichtung des Organträgers verstoßen, das Vermögen der Organgesellschaft während der Laufzeit des Ergebnisabführungsvertrags sicherzustellen. Eine solche Klausel macht den Ergebnisabführungsvertrag steuerlich unwirksam, sodass die Organschaft scheitert, auch wenn es tatsächlich nicht zu einem Ausgleich von Verlusten gekommen ist.