Rz. 300
Für die Besteuerung der Gesellschafter ist von zentraler Bedeutung, wann diese steuerpflichtige Einnahmen aus ihrer Beteiligung an der optierenden Gesellschaft erzielen. Die Attraktivität der Ausübung der Option zur Besteuerung wie eine Kapitalgesellschaft besteht maßgeblich darin, durch Thesaurierung der von der optierenden Gesellschaft erzielten Gewinne eine geringere Besteuerung der laufenden Einkünfte zu erreichen, als dies bei Beibehaltung einer transparenten Besteuerung der Fall wäre. § 1a Abs. 3 S. 5 KStG bestimmte bis zum 27.3.2024 (Änderung durch das Wachstumschancengesetz), dass Gewinnanteile "erst" dann als ausgeschüttet gelten, wenn sie entnommen werden oder ihre Auszahlung verlangt werden kann. Der im Gesetz verwendete Ausdruck der Ausschüttung bezieht sich auf eine fiktive Ausschüttung, da die Gesellschaft zivilrechtlich eine Personengesellschaft bleibt, bei der es keine Ausschüttungen gibt, sondern nur Entnahmen. Es sind also die Regeln einer fiktiven Gewinnausschüttung anzuwenden, nicht mehr die Regeln über die Entnahme.
In zeitlicher Hinsicht lag nach Maßgabe der bis zum 27.3.2024 geltenden Rechtslage eine Gewinnausschüttung bereits dann vor, wenn der Gesellschafter die Auszahlung seiner Gewinnanteile verlangen konnte. Auf eine tatsächliche Entnahme kam es in diesem Fall nicht an. Zur späteren Entnahme der fiktiven Gewinnausschüttung aufgrund eines Auszahlungsanspruchs, siehe Rz. 304. Werden Gewinnanteile entnommen (also tatsächlich an den Gesellschafter ausgezahlt), ohne das der Gesellschafter zuvor die Auszahlung verlangen konnte, wird ebenfalls eine Gewinnausschüttung fingiert. Zu dem Zeitpunkt, in dem die Gewinnausschüttung fingiert wird, entsteht auch die KESt.
Durch das Wachstumschancengesetz ist in § 1a Abs. 3 S. 5 KStG der Halbsatz "oder ihre Auszahlung verlangt werden kann" mWv 28.3.2024 aufgehoben worden. Damit kommt es ab diesem Zeitpunkt für eine fiktive Gewinnausschüttung nicht mehr darauf an, wann der Gesellschafter einen Anspruch auf Auszahlung seiner Gewinnanteile hat. Durch diese (sehr sinnvolle) Gesetzesänderung wird die Optionsausübung erheblich attraktiver und die fortlaufende Erfüllung der steuerlichen Pflichten wird vereinfacht. Indes ist zu beachten, dass bei jeder Entnahme die dadurch ausgelösten steuerlichen Folgen (insb. die Anmeldung und Entrichtung der KapESt) berücksichtigt werden müssen. Da in Personengesellschaftsstrukturen wohl häufiger Entnahmen vorgenommen werden, dürfte dies – da es auf den Auszahlungsanspruch nicht mehr ankommt – auch zu häufigeren Kapitalertragsteueranmeldungen kommen.
Insoweit ist zu beachten, dass die Verbuchung auf einem Fremdkapitalkonto (gegen Entnahme) oder die Verrechnung mit einer Gesellschafterforderung als Ausschüttung gilt.
Die Einkünfte der optierenden Gesellschaft werden den Gesellschaftern nicht mehr im Wege der transparenten Besteuerung unmittelbar zugerechnet.
Rz. 301
Die Beurteilung einer Ausschüttungsfiktion bezieht sich stets auf den einzelnen Gesellschafter und dessen konkreter Entnahme. Dies ermöglicht auch – wie bei einer transparent besteuerten Personengesellschaft – ein gesellschafterbezogenes Entnahmemanagement. Gleichwohl ist dabei zu beachten, dass durch Entnahmen einzelner Gesellschafter jeweils KapESt ausgelöst wird.
Rz. 302–303 einstweilen frei
5.4.1 Anspruch auf Auszahlung der Gewinnanteile, Abs. 3 S. 4 Alt. 2
Rz. 304
Durch das Wachstumschancengesetz ist § 1a Abs. 3 S. 4 Alt. 2 KStG mWv 28.3.2024 aufgehoben worden. Für eine Übergangszeit wird diese nicht mehr gültige Vorschrift weiterhin kommentiert.
Eine Gewinnausschüttung wurde nach § 1a Abs. 3 S. 4 Alt. 2 KStG a. F. bereits zu dem Zeitpunkt fingiert, in dem der Gesellschafter die Auszahlung seines Gewinnanteils verlangen konnte. Die Ausschüttung wurde also in dem Zeitpunkt fingiert, in dem der Gesellschafter einen zivilrechtlichen Anspruch auf die Auszahlung seines Gewinnanteils hatte. Auf die tatsächliche Auszahlung des Gewinnanteils kam es nicht an. Unerheblich war auch, ob der Gesellschafter die Auszahlung seines Gewinnanteils tatsächlich verlangte. Konnte der Gesellschafter seinen Gewinnanteil mit der Feststellung des Jahresabschlusses verlangen, galt dieser in diesem Zeitpunkt als ausgeschüttet. Dagegen galten gesellschaftsvertraglich vereinbarte Vorauszahlungen auf den Gewinn unabhängig von der Feststellung des Jahresabschlusses als ausgeschüttet, wenn sie entnommen wurden oder ihre Auszahlung verlangt werden konnte.
Damit waren insbesondere unterjährige Zahlungen der optierenden Gesellschaft angesprochen. Diese bewirkten (konsequenterweise) eine Gewinnausschüttungsfiktion in dem Moment, in dem der Gesellschafter aus der optierenden Gesellschaft Geld (oder andere Wirtschaftsgüter) erhiet oder verlangen konnte.
Sind Gewinnanteile wegen ei...