Rz. 385

Zu einer Rückkehr zur transparenten Besteuerung führt auch das Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters aus der Gesellschaft. Die fiktive Kapitalgesellschaft kann keine Ein-Mann-Gesellschaft sein. Soll diese Wirkung bei Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters vermieden werden, ist vor dessen Ausscheiden die Gesellschaft durch Eintritt einer GmbH in eine GmbH & Co. zu verwandeln.

Beim Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters kommt es zivilrechtlich zu einer Anwachsung nach § 738 BGB. Dadurch erlischt die Personengesellschaft und ihr Vermögen wächst im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter an.[1]

Im Einzelnen unterscheidet die gesetzliche Regelung danach, ob der verbleibende Gesellschafter die Voraussetzungen eines übernehmenden Rechtsträgers bei einer Umwandlung einer Kapitalgesellschaft nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 4 UmwStG erfüllt, oder ob das nicht der Fall ist.

Erfüllt der verbleibende Rechtsträger die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwStG, gilt die optierende Gesellschaft nach § 1a Abs. 4 S. 5 Alt. 1 KStG unmittelbar nach Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters als aufgelöst und auf den verbleibenden Gesellschafter verschmolzen.

Erfüllt der verbleibende Rechtsträger die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UmwStG, gilt die optierende Gesellschaft nach § 1a Abs. 4 S. 5 Alt. 2 KStG unmittelbar nach Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters als aufgelöst und das Vermögen der optierenden Gesellschaft als auf den verbleibenden Gesellschafter übertragen.

In beiden Konstellation gilt dies jeweils mit der Maßgabe, dass § 2 UmwStG keine Anwendung findet (§ 1a Abs. 4 S. 5. a. E. KStG).

Erfüllt der verbleibende Gesellschafter die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 4 UmwStG nicht, gilt die optierende Gesellschaft als aufgelöst und ihr Vermögen an die Gesellschafter ausgeschüttet. Dabei gilt § 11 KStG mit der Maßgabe, dass an die Stelle des zur Verteilung kommenden Vermögens der gemeine Wert des vorhandenen Vermögens tritt (§ 1a Abs. 4 S. 6 KStG).

 

Rz. 386

Als Grundsatz bestimmt § 1a Abs. 4 S. 5 KStG, dass die fiktive Kapitalgesellschaft unmittelbar nach dem Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters als aufgelöst gilt. Die Auflösung hat selbst noch keine steuerlichen Rechtsfolgen. Diese ergeben sich erst aus der daran anschließenden fiktiven Verschmelzung, bzw. der fiktiven Übertragung des Vermögens nach § 1a Abs. 4 S. 5 KStG oder der fiktiven Liquidation nach § 1a Abs. 4 S. 6 KStG. Hält die optierende Gesellschaft Grundstücke, unterliegt der Vorgang nach § 6 Abs. 2 S. 2, Abs. 1 S. 2 GrESt nicht der GrESt, soweit der verbleibende Gesellschafter an der Mitunternehmerschaft beteiligt ist. In Höhe der Beteiligungsquote des oder der ausscheidenden Gesellschafter entsteht GrESt. Die Ausnahmevorschrift des § 6 Abs. 4 GrEStG ist zu beachten.

 

Rz. 387

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Rechtsfolgen des § 1a Abs. 4 S. 5 und 6 KStG ist die zivilrechtliche Wirksamkeit der Anwachsung des Vermögens auf den verbleibenden Gesellschafter. § 1a Abs. 4 S. 5 letzter Halbs. KStG bestimmt, dass § 2 UmwStG keine Anwendung findet. Es tritt also keine steuerliche Rückwirkung ein.

Nach § 1a Abs. 4 S. 5 KStG erfolgt die Verschmelzung bzw. Vermögensübertragung unmittelbar, d. h. eine logische Sekunde, nach dem Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters. Erfüllt der verbleibende Gesellschafter die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 4 UmwStG, ist im Fall eines unterjährigen Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters auf diesen Zeitpunkt die Übertragungsbilanz nach § 3 UmwStG oder, bei einer Körperschaft als verbleibenden Gesellschafter, nach § 11 UmwStG aufzustellen.[2] Zu diesem Zeitpunkt treten die Wirkungen der fiktiven Verschmelzung bzw. Vermögensübertragung ein. Die Existenz der fiktiven Kapitalgesellschaft endet; damit endet auch ihr Wirtschaftsjahr. Für das letzte Wirtschaftsjahr, das mit dem Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters endet, greift noch die Besteuerung als Kapitalgesellschaft ein.

Erfüllt der verbleibende Gesellschafter die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 oder Nr. 4 UmwStG nicht, gilt die optierende Gesellschaft im Zeitpunkt der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Anwachsung als aufgelöst und ihr Vermögen als an die Gesellschafter ausgeschüttet, siehe dazu Rz. 397f.

Rz. 388 einstweilen frei

[1] Vgl. Böhmer, in Mössner/Oellerich/Valta, KStG, 5. Aufl. 2021, § 1a KStG Rz. 572.

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