Rz. 27

Vorabausschüttungen, die nach Ende des Wirtschaftsjahres für das abgelaufene Wirtschaftsjahr beschlossen werden (wie bei der AG), sind keine "anderen Ausschüttungen", sondern fallen unter Abs. 2 S. 1[1].

Vorabausschüttungen, die während des laufenden Wirtschaftsjahres für das Wirtschaftsjahr beschlossen werden, was bei der GmbH zulässig ist, beruhen auf einem ordnungsgemäßen Gewinnverteilungsbeschluss[2]. Sie sind jedoch nicht für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr gezahlt, sondern für das laufende; sie sind daher "andere Ausschüttungen"[3]. Die ausschüttungsbedingten Körperschaftsteueränderungen sind demnach nach Abs. 2 S. 2 aus dem verwendbaren Eigenkapital zum Schluss des laufenden Wirtschaftsjahres zu ermitteln, wenn die Vorabausschüttung in diesem Wirtschaftsjahr abfließt.

 
Praxis-Beispiel

Eine GmbH beschließt am 10.12.01 eine Vorabausschüttung für das Wirtschaftsjahr (= Kalenderjahr) 01. Die Vorabausschüttung wird am 15.12.01 ausgezahlt.

Die ausschüttungsbedingten Körperschaftsteueränderungen sind aus dem verwendbaren Eigenkapital zum 31.12.01 zu ermitteln; die Körperschaftsteueränderungen verändern die Körperschaftsteuer des Jahres 01.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass alle Vorgänge des Jahres, in dem die Vorabausschüttung erfolgt, vor der Ausschüttung zu verrechnen sind. Ist etwa eine Umgliederung von belastetem Eigenkapital vorzunehmen (vgl. § 30 Rz. 8a, 9), erfolgt diese Umgliederung vor der Verrechnung der in dem laufenden Jahr vorgenommenen Vorabausschüttung; durch eine Vorabausschüttung kann daher die Umgliederung (und daher der Untergang des höher belasteten Teilbetrags) nicht verhindert werden[4].

 

Rz. 28

Nach dem Wortlaut des Gesetzes tritt jedoch eine recht absurde Folgewirkung ein, wenn die im Laufe des Wirtschaftsjahres beschlossene Vorabausschüttung auf den Gewinn des laufenden Wirtschaftsjahres nicht mehr in diesem, sondern erst im folgenden Wirtschaftsjahr abfließt. Da die vor Ablauf des Wirtschaftsjahres beschlossene Vorabausschüttung zu den "anderen" Ausschüttungen nach Abs. 2 S. 2 gehört, ist Berechnungsgrundlage für die Änderung der Körperschaftsteuer das verwendbare Eigenkapital zum Schluss des Abflussjahres[5]; diese Änderung der Körperschaftsteuer ist nach § 27 Abs. 3 S. 2 dem Veranlagungszeitraum des Abflusses zuzurechnen. Die endgültige Gewinnausschüttung, auf die die Vorabausschüttung angerechnet wird, ist aber eine "ordentliche" Ausschüttung nach § 28 Abs. 2 S. 1, § 27 Abs. 3 S. 1, bei der sowohl die Errechnung der Körperschaftsteueränderungen als auch ihre Zuordnung zu einem Veranlagungszeitraum nach anderen Kriterien erfolgt. In der Gliederungsrechnung wird damit jeder vernünftige zeitliche Zusammenhang zwischen Vorabausschüttung, endgültiger Ausschüttung und Ausschüttungsjahr zerrissen.

 

Beispiele:

 
Sachverhalt Alternative 1 2 3
Vorabausschüttungsbeschluss vom 20.12.01 20.12.01 02.01.02
Abfluss der Vorabausschüttung 22.12.01 10.01.02 10.01.02

Endgültige Ausschüttung für das Wirtschaftsjahr 01 aufgrund eines ordnungsgemäßen Gewinnverteilungsbeschlusses vom 15.4.02 mit anschließender Auszahlung in allen Alternativen.

 
Zeitliche Zuordnung: Alternative Vorabausschüttung 1 2 3
KSt-Änderung für Vz 01 02 03
Berechnungsgrundlage: vEK 31.12.01 31.12.02 31.12.01
Vermindert wird vEK: 31.12.01 31.12.02 31.12.01
 
endgültige Ausschüttung      
KSt-Änderung für Vz 01 01 01
Berechnungsgrundlage: vEK 31.12.01 31.12.01 31.12.01
Vermindert wird vEK: 31.12.01 31.12.01 31.12.01

Die Alternative 2 zeigt die absurde Situation, dass die (frühere) Vorabausschüttung im Anrechnungsverfahren zeitlich später verrechnet wird als die endgültige Ausschüttung, auf die die Vorabausschüttung angerechnet wird. Das gilt sowohl für die Bestimmung der Berechnungsgrundlagen für die ausschüttungsbedingten Körperschaftsteueränderungen als auch für die Verminderung des verwendbaren Eigenkapitals durch die ausschüttungsbedingten Abgänge.

Eine Lösung müsste durch eine Gesetzesänderung herbeigeführt werden, durch die eine für das laufende Wirtschaftsjahr beschlossene Vorabausschüttung einer ordentlichen Ausschüttung für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr gleichgestellt wird. Die Vorabausschüttung müsste, um sinnvolle Ergebnisse zu erreichen, immer mit dem Eigenkapital zum Ende desjenigen Wirtschaftsjahres verrechnet werden, auf das sie sich bezieht; die ausschüttungsbedingte Minderung des Eigenkapitals müsste wie bei einer offenen Gewinnausschüttung erfolgen.

Die Ergebnisse auf der Grundlage der gegenwärtigen Rechtslage sind wenig einleuchtend. So wird von zwei zum gleichen Zeitpunkt abgeflossenen Vorabausschüttungen (im Beispiel Alternative 2 und 3) die eine zeitlich nur deshalb zu einem späteren Zeitpunkt verrechnet, weil der Ausschüttungsbeschluss früher gefasst worden ist. Im Verhältnis zur endgültigen Ausschüttung, auf die die Vorabausschüttung ja eine Vorauszahlung ist, wird die Vorabausschüttung zeitlich später verrechnet (im Beispiel Alternative 2), obwohl der Vorabausschüttungsbeschluss früher gefasst worden und die V...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge