Rz. 36

I.d.R. ist eine Geltendmachung des Verlustrücktrags in größtmöglichem Umfang günstig, weil dadurch die steuerliche Entlastung früher eintritt als bei einem Verlustvortrag. Die Entlastung durch den Verlustrücktrag ist kalkulierbar, während es zweifelhaft sein kann, wann in der Zukunft Gewinne in genügender Höhe erzielt werden, um die Verluste durch Verlustvortrag zur steuerlichen Entlastung nutzen zu können. Außerdem führt die Entlastung durch den Verlustrücktrag zu Liquiditätsvorteilen und damit, durch die frühere Reduzierung der Steuerlast, zu Zinsvorteilen.

Ein Anlaß, das Wahlrecht anderweitig auszuüben, kann sich, außer bei Zusammentreffen mit Ausschüttungen, nur ergeben, wenn besondere Umstände vorliegen. Dies kann der Fall bei Steuersatzänderungen sein. Da die Körperschaftsteuer nicht progressiv ist, ergeben sich aus dem Steuersatz regelmäßig keine Entscheidungsparameter. Das ist jedoch anders, wenn sich der Steuersatz für künftige Veranlagungszeiträume ändert. Dann ist es sinnvoll, bei Senkung des Steuersatzes den Verlustrücktrag in größtmöglichem Umfang auszunutzen, bei Erhöhung des Steuersatzes dagegen keinen Verlustrücktrag vorzunehmen, um über den Verlustvortrag zu einer maximalen Steuerentlastung zu gelangen.

Das Wahlrecht zum Verlustrücktrag entfaltet seine wesentliche Bedeutung aber bei einem Zusammentreffen von Verlustrücktrag und Ausschüttungen[1].

 

Rz. 37

Bei der Entscheidung über Ausschüttung oder Verlustrücktrag ist zu beachten, daß beide Parameter von dem Willen des Steuerpflichtigen abhängig sind. Er kann entscheiden, ob und in welcher Höhe Ausschüttungen vorgenommen werden sollen, und er kann entscheiden, ob und in welcher Höhe ein Verlustrücktrag durchgeführt werden soll.

Sowohl Verlustrücktrag als auch Ausschüttungen führen zur Verminderung der Körperschaftsteuer (Ausschüttungen u. U. auch zu Körperschaftsteuererhöhungen). Durch die Ausschüttung wird die Steuerbelastung auf der Ebene der Körperschaft jedoch nur auf 30 % abgesenkt, während sie durch den Verlustrücktrag auf 0 reduziert wird. Bei Wahlfreiheit (d. h. wenn nicht aus anderen Gründen eine Ausschüttung erfolgen muß) ist daher aus der Sicht der Kapitalgesellschaft eine Ausschüttung hinsichtlich der Steuerbelastung ungünstiger als der Verlustrücktrag (der zusätzliche Aspekt, daß bei der Ausschüttung die Kapitalgesellschaft Vermögen verliert, beim Verlustrücktrag aber nicht, wird im folgenden außer Betracht gelassen).

 
Praxis-Beispiel

Im Jahr 01 wurde ein Gewinn von 55.000 DM (Einkommen: 100.000 DM) erzielt. Im Jahr 02 entsteht ein Verlust in Höhe von 100.000 DM.

  1. Vollausschüttung (Bardividende: 70.000 DM)

     
      EK 45  
    Anfangsbestand 0  
    Zugang 01 55.000  
    Endbestand 01 55.000  
    Gewinnausschüttung für 01 ./. 55.000  
    Zwischenstand 0  
    Körperschaftsteuerminderung: 15.000    
    KSt-Belastung 01:    
    Tarifbelastung: 45.000      
    KSt-Minderung: 15.000      
    KSt 01: 30.000      
  2. Verlustrücktrag:

    Da der Verlust 02 dem Einkommen 01 entspricht, kann das Einkommen durch den Verustrücktrag voll entlastet werden, d. h. die Steuerbelastung beträgt 0. Diese Alternative ist daher um die Ausschüttungsbelastung von 30 % günstiger als die Ausschüttung.

    Diese Betrachtung muß jedoch vervollständigt werden durch die Einbeziehung der Ebene des Anteilseigners. Hat dieser Verluste aus anderen Quellen, die er mit den Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnen kann, führt dies zur Vergütung der Ausschüttungsbelastung; in diesem Fall kann auch die integrierte Belastung der Ausschüttung auf 0 reduziert werden. Die Ausschüttung ist dann nicht ungünstiger als der Verlustrücktrag.

Hieraus folgt aber auch, daß die Ausschüttung, integriert betrachtet, bestenfalls zur gleichen Steuerentlastung führen kann wie der Verlustrücktrag; die Ausschüttung kann nicht günstiger sein. I.d.R. ist daher der Verlustrücktrag der Ausschüttung vorzuziehen.

 

Rz. 38

Andererseits wird die geringste Steuerbelastung erzielt, wenn Verlustrücktrag und Ausschüttung in vollem Umfang nebeneinander durchgeführt werden können. Dies ist der Fall, wenn entweder der Verlustrücktrag geringer ist als das Einkommen des Vorjahres, oder wenn genügend Anfangsbestände an voll belastetem Eigenkapital vorhanden sind, um die Ausschüttung zu finanzieren.

 
Praxis-Beispiel

Wie in Rz. 37, es sind jedoch Anfangsbestände an EK 45 vorhanden.

 
  EK 45 EK 02
Anfangsbestand 55.000   0
Zugang 01 (Verlustrücktrag)     100.000
KSt-Erstattungsanspruch   ./. 45.000
Endbestand 01 55.000   55.000
Gewinnausschüttung für 01 ./. 55.000    
Körperschaftsteuerminderung: 15.000      
Verlust 02   ./. 100.000
KSt-Erstattungsanspruch     45.000
Endbestand 02 0   0
KSt-Belastung 01:      
Tarifbelastung: 0        
KSt-Minderung: 15.000        
KSt 01: ./. 15.000        
 

Rz. 39

Zur optimalen Kombination von Verlustrücktrag und Ausschüttung (wobei unterstellt wird, daß der Betrag der Ausschüttung gegeben, also nicht gestaltbar ist) ist der Verlustrücktrag in der Höhe zu wählen, daß das nach Verlustrücktrag verbleibende Einkommen (und damit de...

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