Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 55
Enden in einem Veranlagungszeitraum zwei Wirtschaftsjahre (d. h. ein Rumpfwirtschaftsjahr), sind die Ergebnisse beider Wirtschaftsjahre im Einkommen dieses Veranlagungszeitraums zu erfassen. Es erfolgt daher "automatisch" ein Verlustausgleich, wenn eines der beiden Wirtschaftsjahre mit Verlust, eines mit Gewinn endet.
1. Wirtschaftsjahr 1.6.01—31.5.02 |
+ |
100.000 |
2. Wirtschaftsjahr 1.6.02—31.12.02 |
./. |
30.000 |
Einkommen 02 |
|
70.000 |
Für die Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals werden beide Wirtschaftsjahre getrennt behandelt; für den in Frage stehenden Veranlagungszeitraum sind also zwei Gliederungsrechnungen durchzuführen. Dies ergibt sich aus § 29 Abs. 1, da hiernach das verwendbare Eigenkapital auf den Schluß jedes Wirtschaftsjahres (nicht: Veranlagungszeitraums) festgestellt wird.
Der Verlustausgleich innerhalb des Veranlagungszeitraums wird analog der Regelung des Verlustvor- bzw. -rücktrages in der Gliederungsrechnung dargestellt. Das obige Beispiel ist dann folgendermaßen fortzuführen:
|
EK 45 |
EK 02 |
Anfangsbestand |
|
0 |
0 |
Ergebnis 1. Wirtschaftsjahr (brutto) |
|
100.000 |
|
Steuer |
./. |
45.000 |
|
fiktiver Verlustrücktrag 2. Wirtschaftsjahr |
./. |
30.000 |
30.000 |
geringere KSt |
+ |
13.500 |
|
Stand Ende 1. Wirtschaftsjahr |
|
38.500 |
30.000 |
Verlust 2. Wirtschaftsjahr |
|
|
./. 30.000 |
Stand Ende 2. Wirtschaftsjahr |
|
38.500 |
0 |
Rz. 56
Abweichend vom "echten" Verlustrücktrag vertritt die Finanzverwaltung in dieser Lösung die Ansicht, daß die Körperschaftsteuerminderung bereits in der Gliederungsrechnung zum Schluß des 1. Wirtschaftsjahres zu erfassen ist. M.E. wäre es systemgerechter, die Körperschaftsteuerminderung erst in der folgenden Gliederungsrechnung zu berücksichtigen, da bei der Aufstellung der Bilanz zum Schluß des 1. Wirtschaftsjahres noch von der vollen Körperschaftsteuerbelastung ausgegangen werden muß; die Minderung hat ihren Grund erst in dem im folgenden Wirtschaftsjahr eintretenden Verlust. Will man argumentieren, daß die Körperschaftsteuer nach § 48 lit.c erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums entsteht, am Ende des 1. Wirtschaftsjahres also noch nicht entstanden ist, muß entweder in der Bilanz eine entsprechende Rückstellung gebildet werden, was an der Gliederungsrechnung nichts ändern würde, oder die Gliederungsrechnung müßte ohne Berücksichtigung der Körperschaftsteuer, also auch ohne die verminderte Körperschaftsteuer, aufgestellt werden.
Rz. 57
Im umgekehrten Fall (Verlustvortrag) stellt sich die Entwicklung folgendermaßen dar:
1. Wirtschaftsjahr Verlust |
|
./. |
30.000 |
2. Wirtschaftsjahr Gewinn |
|
+ |
100.000 |
Einkommen |
|
|
70.000 |
|
|
|
|
|
EK 45 |
EK 02 |
Ergebnis 1. Wirtschaftsjahr |
|
|
./. |
30.000 |
Stand Ende 1. Wirtschaftsjahr |
|
0 |
./. |
30.000 |
Zugang 2. Wirtschaftsjahr |
|
|
|
|
(einschl. Verlustvortrag) |
|
70.000 |
+ |
30.000 |
Steuer |
./. |
31.500 |
|
|
Stand Ende 2. Wirtschaftsjahr |
+ |
38.500 |
|
0 |
Rz. 58
Erfolgt ein Verlustrücktrag oder ein Verlustvortrag in einem Veranlagungszeitraum, in dem zwei Wirtschaftsjahre enden, ergibt sich die Darstellung in der Gliederungsrechnung aus dem in Rz. 55 geschilderten Prinzip, daß beide Wirtschaftsjahre selbständig zu behandeln sind, auch wenn ihre Ergebnisse zum Einkommen des Veranlagungszeitraums zusammengefaßt werden.
Verlustrücktrag
Wirtschaftsjahr 1a |
+ |
100.000 |
|
Wirtschaftsjahr 1b |
+ |
200.000 |
|
Einkommen Veranlagungszeitraum 1 |
|
300.000 |
|
Verlust Wirtschaftsjahr/ |
|
|
|
Veranlagungszeitraum 2 |
./. |
200.000 |
|
|
|
|
|
Gliederungsrechnung: |
EK 45 |
EK 02 |
Wirtschaftsjahr 1a |
|
100.000 |
|
KSt hierauf |
./. |
45.000 |
|
Verlustrücktrag Jahr 2 |
./. |
100.000 |
+ 100.000 |
Ende Wirtschaftsjahr 1a |
./. |
45.000 |
+ 100.000 |
Wirtschaftsjahr 1b |
|
200.000 |
|
KSt hierauf |
./. |
90.000 |
|
Verlustrücktrag Jahr 2 |
./. |
100.000 |
+ 100.000 |
Ende Wirtschaftsjahr 1b |
./. |
35.000 |
+ 200.000 |
Verlust Jahr 2 |
|
|
./. 200.000 |
KSt-Erstattungsanspruch |
+ |
90.000 |
|
Ende Jahr 2 |
|
55.000 |
0 |
Zum Ansatz des KSt-Erstattungsanspruchs vgl. Rz. 36.
Entsprechend dem Prinzip, daß die beiden Wirtschaftsjahre selbständig zu behandeln sind, erfolgte der (einjährige) Verlustrücktrag erst in voller Höhe in das erste, dann mit dem Restbetrag in das zweite Wirtschaftsjahr. Zugrun
de gelegt wurde dabei der Rechtsgedanke des § 10d EStG, der für den zweijährigen Verlustrücktrag bestimmt, daß der Rücktrag in erster Linie in das weiter zurückliegende Jahr, dann erst in das dem Verlustjahr unmittelbar vorhergehende Jahr zu erfolgen hat. Demgegenüber soll nach Abschn. 89 Abs. 6 S. 3 KStR in diesen Fällen der Verlust auf die beiden Wirtschaftsjahre "aufgeteilt" werden. Abgesehen davon, daß der Maßstab der Aufteilung unklar bleibt (die Verwaltung nimmt als Maßstab die Einkünfte der beiden Wirtschaftsjahre), hat die hier vertretene Lösung den Vorzug, daß sie dem in § 10d EStG zum Ausdruck gekommenen gesetzlichen Prinzip entspricht. Für den zweijährigen Verlustrücktrag gilt Entsprechendes. Enden in dem zweiten dem Verlustjahr vorhergehenden Veranlagungszeitraum zwei Wirtschaftsjahre, hat der Verlustrücktrag zuerst in d...