Rz. 7

Für den Tatbestand, d. h. die Definition derjenigen Leistungen von Anrechnungskörperschaften, außer Gewinnausschüttungen, die in das Anrechnungsverfahren einbezogen werden, verweist § 41 Abs. 1 auf § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2 EStG. Alle dort als Einnahmen aus Kapitalvermögen bezeichneten Einnahmen sind auf der Ebene der Anrechnungskörperschaft "sonstige Leistungen" i.S.d. § 41 Abs. 1 KStG, soweit es sich nicht um Gewinnausschüttungen handelt, und damit in das Anrechnungsverfahren einbezogen.

§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfasst alle Bezüge aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften und sonstigen Anrechnungskörperschaften, die dem Anteilseigner auf Grund seines Mitgliedschaftsrechts zufließen (vgl. hierzu Seemann, in Frotscher, EStG, § 20 Rz. 19 ff.). Hierunter fallen alle Zuwendungen an den Anteilseigner auf Grund seines Anteilsrechts, die das Vermögen der Körperschaft mindern. Ausgeschlossen aus dem Regelungsbereich des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG sind lediglich Auskehrungen auf Grund von Kapitalherabsetzung und Auflösung (hierzu Nr. 2) sowie solche Zuwendungen an den Anteilsinhaber, für die bei der Anrechnungskörperschaft EK 04 als verwendet gilt. Das EK 04 nimmt nicht am Anrechnungsverfahren teil (vgl. § 40 Rz. 4); demgemäß sind Auskehrungen aus dem EK 04 auch keine Einnahmen i.S.d. § 20.

Als Leistungen, die im Anrechnungsverfahren als sonstige Leistungen unter § 41 fallen, sind in § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG aufgezählt:

  • sonstige Bezüge aus Kapitalbeteiligungen (Nr. 1);
  • Auskehrungen auf beteiligungsähnliche Genussrechte (Nr. 1).

Somit hat auch die Verweisung auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG Bedeutung; sie ist nicht praktisch gegenstandslos[1].

 

Rz. 7a

Zu den Einnahmen aus § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG, die sonstige Leistungen nach § 41 KStG sind, gehören folgende Bezüge:

  • Bezüge aus einer Kapitalherabsetzung, soweit hierfür verwendbares Eigenkapital als verwendet gilt (vgl. hierzu Rz. 35);
  • Bezüge nach Auflösung der Anrechnungskörperschaft (vgl. hierzu Rz. 45).

In beiden Fällen gehören die Bezüge, wie im Fall des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, nur insoweit zu den Einnahmen nach § 20, als nicht EK 04 verwendet wird.

 

Rz. 8

Fraglich kann sein, ob auch die in § 20 Abs. 2 EStG geregelten Einkünfte nach § 41 unter das Anrechnungsverfahren fallen. Die Frage stellt sich deshalb, weil in § 41 Abs. 1 nur § 20 Abs. 1, nicht Abs. 2 EStG in Bezug genommen worden ist.

Einkünfte nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG erfassen besondere Entgelte oder Vorteile, die neben oder anstelle der in § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG bezeichneten Bezüge gewährt werden. Diese besonderen Entgelte und Vorteile bilden keine Erweiterung des Tatbestandes des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2 EStG, sondern nur eine Klarstellung; sie könnten auch unter die "sonstigen Bezüge" in § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG subsumiert werden (vgl. Seemann, in Frotscher, EStG, § 20 Rz. 149; Dötsch, in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, KStG, § 41 Rz. 9a). Da es sich somit bei den unter Abs. 2 Nr. 1 fallenden Einnahmen um solche handelt, die die Regelung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2 EStG ergänzen, werden sie durch die Verweisung in § 41 Abs. 1 erfasst.

Werden Dividendenscheine und sonstige Ansprüche ohne das dazugehörende Stammrecht veräußert, tritt nach § 20 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a EStG an die Stelle der Besteuerung der Gewinnausschüttungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG die Besteuerung der Einnahmen aus der Veräußerung der Dividendenscheine (vgl. Seemann, in Frotscher, EStG, § 20 Rz. 160). Diese Besteuerung tritt "an die Stelle" der Besteuerung der Dividende nach Abs. 1 Nr. 1. Dies hat nicht zur Folge, dass insoweit die Verweisung in § 41 Abs. 1 ausgedehnt wird und die Einnahmen aus der Veräußerung der Dividendenscheine als "sonstige Leistungen" i.S.d. § 41 anzusehen sind. Die Leistung der Körperschaft, die dem Anrechnungsverfahren unterliegt, bleibt die Gewinnausschüttung; der Veräußerungserlös für die Dividendenscheine wird nicht von der Körperschaft geleistet. Die Regelung hat aber im Anrechnungsverfahren eine mittelbare Auswirkung. Bei dem Veräußerer wird nicht mehr die Dividendenausschüttung erfasst, sondern der Veräußerungserlös, er behält aber die Anrechnungsberechtigung. Auf die auf die Einnahmen aus der Veräußerung der Dividendenscheine entfallende Steuer ist die Körperschaftsteuer auf die Dividende anrechenbar, allerdings nach § 36 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 S. 4 EStG nur zeitlich beschränkt (vgl. Seemann, in Frotscher, EStG, § 36 Rz. 139f.).

Die übrigen Nummern des Abs. 2 kommen schon ihrer Natur nach nicht als "sonstige Leistungen" i.S.d. § 41 in Betracht.

 

Rz. 9

Die Verweisung in § 41 auf § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG ist nicht so zu verstehen, dass nur diejenigen Leistungen bei der Anrechnungskörperschaft dem Anrechnungsverfahren unterliegen, die bei dem Anteilsinhaber als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu qualifizieren sind. Die Verweisung ist eine Rechtsgrundverweisung, keine Rechtsfolgenverweisung. Maßgebend ist nur, ob eine Leistung unter die Definitionen des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2 EStG fällt; ohne Bedeutung ist die Rechtsfolge des § 20 EStG, also...

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