Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 4
§ 8a knüpft an die Regelung des § 8 Abs. 3, und dabei insbesondere an die Regelung über verdeckte Gewinnausschüttungen an. Die Vorschrift ist damit, ebenso wie § 8 Abs. 3, eine Vorschrift zur Ermittlung des Einkommens. Bestimmte Vergütungen für Gesellschafter-Fremdkapital werden im Wege der Fiktion als verdeckte Gewinnausschüttungen eingeordnet; sie sind damit bei der Einkommensermittlung nicht abzugsfähig, d. h. sie sind bei der Einkommensermittlung, soweit sie den Handels- und Steuerbilanzgewinn gemindert haben, hinzuzurechnen.
Ebenso wie die verdeckte Gewinnausschüttung greift § 8a an der Einkommensermittlung an, nicht an der Gewinnermittlung. Den Gewinn nach der Handelsbilanz kann § 8a, als rein steuerliche Vorschrift, nicht beeinflussen; die Vergütungen für das Gesellschafter-Fremdkapital sind also in der Handelsbilanz gewinnmindernd zu bilanzieren. Wegen des Grundsatzes der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz mindern diese Vergütungen auch den Steuerbilanzgewinn. Die Vergütungen sind daher dem Grundsatz nach sowohl handelsrechtlich wie steuerrechtlich Betriebsausgaben. Sie sind jedoch bei der Einkommensermittlung nicht abzugsfähig, also dort, und damit außerhalb der Bilanz, hinzuzurechnen.
Rz. 5
§ 8a mit der Bestimmung, daß die dort genannten Vergütungen als verdeckte Gewinnausschüttungen zu behandeln sind, ist eine Fiktion. Vergütungen für Gesellschafter-Fremdkapital sind dem Wesen nach Betriebsausgaben, keine Gewinnausschüttungen, auch nicht in verdeckter Form. § 8a macht dies selbst deutlich, indem das Gesetz formuliert "… gelten als verdeckte Gewinnausschüttung". Es handelt sich also dem Wesen nach bei den Vergütungen nicht um verdeckte Gewinnausschüttungen, sondern um eine Gleichstellung der Vergütungen mit verdeckten Gewinnausschüttungen im Wege der Fiktion.
Diese Fiktion bezieht sich nur auf die Rechtsfolgen, nicht auf den Rechtsgrund. Der Tatbestand des § 8a ist in dieser Vorschrift umfassend und abschließend geregelt; diese Regelung weist keinen Zusammenhang mit dem Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung auf. Systematisch sind Vergütungen für Gesellschafter-Fremdkapital keine verdeckten Gewinnausschüttungen, sondern ein eigenständiger Tatbestand. Für die Auslegung des Tatbestandes des § 8a kann daher nicht auf den Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung zurückgegriffen werden.
Ein Zusammenhang mit der verdeckten Gewinnausschüttung kann sich nur im Bereich der Rechtsfolgen ergeben, d. h. die Vergütungen sollen bei Erfüllung des Tatbestandes des § 8a wie verdeckte Gewinnausschüttungen behandelt werden. Allerdings regelt das Gesetz die Rechtsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung nur sehr unvollkommen; § 8 Abs. 3 sagt lediglich, daß verdeckte Gewinnausschüttungen "das Einkommen nicht mindern". Die Rechtsfolgenverweisung in § 8a auf die verdeckte Gewinnausschüttung erweist sich daher als sehr unvollkommen und letztlich systematisch fehlerhaft. Der gleiche Erfolg, noch dazu auf einem systematisch richtigeren Weg, wäre erzielt worden, wenn in Anlehnung an § 8 Abs. 3 formuliert worden wäre "… mindern das Einkommen nicht". Das
rechtspolitisch fragwürdige Mittel der Fiktion mit der rechtssystematisch fehlleitenden Beziehung zur verdeckten Gewinnausschüttung wäre vermieden worden.
Rz. 6
Infolge der Vielzahl der Gestaltungen, die für Gesellschafter-Fremdkapital genutzt werden können, vermeidet es § 8a, konkrete sachverhaltsbezogene Tatbestandsmerkmale zu formulieren. Durch Schaffung neuer Instrumente der Gesellschafter-Fremdfinanzierung wäre sonst eine Umgehung der Neuregelung möglich gewesen. Statt dessen greift das Gesetz zu Typisierungen, die nicht an Sachverhalte der Gesellschafter-Fremdfinanzierung, sondern allein an ihre Höhe anknüpfen. Damit werden für die Besteuerung in der Praxis verhältnismäßig leicht handhabbare Maßstäbe gewonnen; nachteilig ist, daß die Typisierung keine Rücksicht nehmen kann auf Besonderheiten des Einzelfalles und damit im Einzelfall durchaus sachwidrige Ergebnisse verursachen kann.
Das rechtstechnische Mittel der Typisierung ist rechtlich nicht bedenklich, wenn die Typisierung in der Mehrzahl der Fälle zu sachgerechten Ergebnissen führt und auf gesetzlicher Grundlage beruht. § 8a erfüllt beide Voraussetzungen, so daß rechtstaatliche Bedenken gegen die Regelung nicht bestehen.