Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 61
Die Neuregelung enthält verstreut über die Abs. 4–6 einige verfahrensrechtliche Vorschriften. Dies führt dazu, dass die verfahrensrechtliche Behandlung nicht konsequent bzw. in Einzelbereichen unklar ist.
Rz. 61a
Nach Abs. 4 S. 1 wird das KSt-Guthaben auf den 31.12.2006 bzw. auf die in Abs. 4 S. 2, 3 genannten abweichenden Zeitpunkte letztmalig "ermittelt". Dieser Wortlaut knüpft an Abs. 1 S. 1 an; auch danach wird das KSt-Guthaben "ermittelt". Ergänzt wird die Regelung des Abs. 1 S. 1 durch Abs. 2 S. 4, wonach das "ermittelte" KSt-Guthaben "festgestellt" wird. Das Gesetz unterscheidet also zwischen "Ermittlung" und "Feststellung". Das gilt auch für die Abs. 4–6. Danach wird das KSt-Guthaben "ermittelt", es fehlt aber eine Regelung, dass es auch "festzustellen" ist. Daher ist das KSt-Guthaben auf den 31.12.2006 bzw. einen der abweichenden Zeitpunkte letztmalig zu "ermitteln", aber nicht festzustellen. Eine Feststellung auf diesen Zeitpunkt ist auch nicht erforderlich, da auf den gleichen Zeitpunkt, den Ablauf des 31.12.2006, der KSt-Erstattungsanspruch festgesetzt wird. Die Frage, ob der Feststellungsbescheid auf den 31.12.2006 ein Grundlagenbescheid für die Festsetzung des Erstattungsanspruchs ist, stellt sich daher nicht. Jedoch ist bei der letztmaligen Ermittlung des KSt-Guthabens auf den 31.12.2006 der vorhergehende Feststellungsbescheid als Grundlagenbescheid zugrunde zu legen. Dieser ist bindend für die Festsetzung des KSt-Erstattungsanspruchs.
Rz. 62
Auf den Zeitpunkt der letztmaligen Ermittlung des KSt-Guthabens, d. h. den Ablauf des 31.12.2006, wird der KSt-Erstattungsanspruch nach Abs. 5 S. 3 festgesetzt. Damit ist klargestellt, dass der Anspruch in einem Verwaltungsakt festgesetzt wird, der der Bestandskraft fähig ist.
Rz. 62a
Der Charakter dieses Verwaltungsakts ist unklar. Um einen Steuerbescheid i. S. d. § 155 AO handelt es sich nicht, weil in ihm keine Steuer festgesetzt wird, sondern ein Erstattungsanspruch. Die Anwendung der verfahrensrechtlichen Regelungen über Steuererstattungsansprüche i. S. d. § 37 Abs. 2 S. 3 AO ist nicht möglich, da ein Erstattungsanspruch in anderen Fällen nicht "festgesetzt" wird. Ein Vergütungsbescheid nach § 155 Abs. 4 AO im strengen Sinne liegt nicht vor, da es sich um einen Steuererstattungsanspruch, nicht um einen Vergütungsanspruch handelt. Andererseits deutet die Wortwahl im Gesetz (Abs. 5 S. 3: "festgesetzt"; Abs. 3 S. 7: "Festsetzungsfrist"; Abs. 6: "Aufhebung oder Änderung des Bescheids") darauf hin, dass verfahrensrechtlich die Vorschriften über die Steuerfestsetzung zumindest sinngemäß angewendet werden sollen. Dies entspricht auch der Gesetzesbegründung, wonach verfahrensrechtlich die Vorschriften über die Steuervergütungen, und damit über die Steuerfestsetzung, anwendbar sein sollen.
Rz. 62b
Man wird dem angesichts der Wortwahl im Gesetz im Wege der Auslegung noch folgen können, obwohl dies die Unterscheidung zwischen Vergütungs- und Steuererstattungsanspruch verwischt. Diese Auslegung wird auch dadurch erzwungen, dass sonst z. B. Vorschriften über die Festsetzungsverjährung fehlen würden, auf die das Gesetz aber ausdrücklich hinweist.
Rz. 63
Der Vergütungsanspruch wird für den gesamten Zeitraum festgesetzt. Der Festsetzungsbescheid ist nach der hier vertretenen Auslegung ein Vergütungsbescheid, auf den nach § 155 Abs. 4 AO die Vorschriften über Steuerbescheide anwendbar sind. Anwendbar sind damit insbesondere die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung sowie die Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden. Anwendbar sind auch die §§ 164, 165 AO, sodass der Erstattungsanspruch auch unter Vorbehalt der Nachprüfung und vorläufig festgesetzt werden kann.
Rz. 64
Für den Beginn und die Dauer der Festsetzungsfrist enthält die Vorschrift keine Regelung. Daher sind die §§ 169, 170 AO entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt nach § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO 4 Jahre, da es sich nicht um eine Verbrauchsteuervergütung oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben handelt. Sie beginnt nach § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der KSt-Erstattungsanspruch entstanden ist; eine Steuererklärung ist nicht einzureichen, sodass keine Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 AO eintritt. Nach § 37 Abs. 5 S. 2 KStG entsteht der Anspruch mit Ablauf des 31.12.2006 bzw. bei Umwandlungen und Liquidationen mit Ablauf des maßgebenden abweichenden Zeitpunkts.
Daneben gelten auch die sonstigen Regeln im Rahmen der §§ 169, 170 AO, wie die für die Wahrung der Festsetzungsfrist.
§ 37 Abs. 5 S. 7 KStG enthält eine Ablaufhemmung. Die Festsetzungsfrist läuft damit nicht vor Ablauf des Jahrs ab, in dem der letzte Jahresbetrag fällig wird. Die Fälligkeit des letzten Jahresbetrags tritt nach Abs. 5 S. 1, 4 am 30.9.2017 ein. Die Festsetzungsfrist endet also frühestens mit Ablauf des 31.12.2017. Daneben sind die Tatbestände der Ablaufhemmung nach § 171 AO anwendbar.
Rz. 64a
Nach Abs. 5 S. 8 ist § 10d Abs. 4 S. 4, 5 EStG sinngemäß anzuwe...